Stewart Copeland Interview

  • In diesem Kontext eigentlich dann noch treffender das berühmte interview von Thomas Gottschalk und Kinski, wo der Kinski auf geniale Weise dieses Flachzange Thomas Gottschalk demontiert. Mir auf alle Zeiten ein Vorbild, wie man mit so einem Dünnschiss eines Interviewers umgehen muss :D


    http://www.youtube.com/watch?v=pqN6d3ZvQp0&feature=related



    Mir bis heute ein Rätsel, wie dieser Gottschalk-Fuzzi im deutschen Fernsehen einen solch hohen Status erlangen konnte... :wacko:

  • Hier der Link zum neuen Interview zwischen Copeland und der FAZ


    Alles Freaks! Mein Lieblingszitat von Copeland: "Wenn ich ein Bier in der Hand halte, verschütte ich sicher etwas über Sting"






    Für die Nachwelt, wenn der Link irgendwann nicht mehr gehen wird, eine Kopie des Interviews:


    Police-Schlagzeuger Copeland
    „Es war ein wilder Trip“


    Am Schlagzeug ist Stewart Copeland über jeden Selbstzweifel erhaben


    14. Dezember 2008 Stewart Copeland betritt eine Berliner Hotel-Suite: aufgekratzt und gut gelaunt. Der „Police“-Drummer ist 56 Jahre alt, wirkt aber ziemlich jugendlich und sehr zappelig – ein Trommler halt.


    Copeland: Sie wollen sicher, dass ich ein paar Skandale enthülle.


    Skandale sind immer gut.


    Also, es ist ein Skandal, dass Andy Summers so dünne Saiten benutzt und damit so einen fetten Sound hinbekommt.


    Großartiger Skandal. Welche Saiten benutzt er denn?


    Ernie Ball, glaube ich. Der Name klingt schon skandalös.


    Das können wir leider nicht veröffentlichen, wir sind eine seriöse Zeitung. Sie sprechen offenbar etwas Deutsch. Ich habe es gerade auf dem Flur gehört . . .


    Was? Ich kann gerade mal „Grüß Gott“ sagen, aber dafür sind wir im falschen Teil Deutschlands.


    Immerhin wissen Sie, dass Sie dafür im falschen Teil Deutschlands sind.


    Ja, ich habe das in München aufgeschnappt, bei meinem alten Freund Eberhard Schoener. Eberhard ist auch einer der Gründe, warum wir in unseren Anfängen als „Police“ überleben konnten.


    Warum das?


    Nun, Sie erinnern sich an die D-Mark? Die war damals im Vergleich zum britischen Pfund sehr stark. Und so konnten wir zwei Wochen in Deutschland für Eberhard spielen und danach davon sechs Monate in England leben. Eberhard gab uns auch eine gewisse künstlerische Freiheit. Wenn man damals als Punk-Band in London auftrat, gab es ziemlich strenge Regeln: Du sollst nicht länger als zwei Minuten pro Song spielen. Du sollst mit hundert Meilen pro Stunde spielen.


    Die Punk-Szene als Ordnungspolizei?


    Ja. In Deutschland spielten wir dagegen mit diesem klassischen Komponisten – und der wollte, dass wir uns entfalten bis in die äußersten Galaxien. Als Angestellte von Eberhard haben wir unsere Möglichkeiten eigentlich erst entdeckt und über uns als Musiker mehr erfahren. Wir hätten uns selbst nie erlaubt, so viel zu experimentieren und dabei zu entdecken, was Andy auf der Gitarre alles für Tricks drauf hat oder was Sting mit seiner Stimme kann. Sting drang stimmlich in Regionen vor, die in der Londoner Punk-Szene nicht gestattet waren.


    Hat das die Identität der Band geprägt?


    Mehr als das, es hat sich regelrecht eine Tür geöffnet, durch die wir dann getreten sind. Ich kann sicher nicht behaupten, dass Eberhard uns gesagt hätte, was wir tun sollten. Aber er hat diese Tür aufgestoßen, und das hat uns gestattet, unseren Sound zu entwickeln. Jedes Mal, wenn ich nach Deutschland komme, fällt mir das wieder ein.


    Jetzt gibt es eine DVD über Ihre Wiedervereinigungs-Tournee. Es hat 23 Jahre gedauert und viele Diskussionen gekostet, bis Sie sich aufraffen konnten, wieder zusammen zu spielen. Die Tour ist vorbei, was passiert jetzt? Wird es noch einmal 23 Jahre dauern, bis Sie Sting überzeugen können?


    Vor mehr als zwanzig Jahren, als wir noch zusammen waren, sagten die Leute die ganze Zeit: „Die Band wird sich trennen.“ Als wir dann getrennt waren, sagte jeder: „Die Band wird sich wieder vereinigen.“ Ich glaube, das geht jetzt einfach so weiter.


    Was für ein Fazit ziehen Sie persönlich aus ihrer Wiedervereinigungstour?


    Es war ein wilder Trip. Im Nachhinein war es so, wie ich es erwartet hatte. Vorher war ich jeden Tag überrascht, wie es lief. Aber jetzt, nachdem ich das Ende der Geschichte kenne, frage ich mich, wieso ich überhaupt überrascht war. Da war ja eigentlich nichts Rätselhaftes. Ich hätte wissen können, dass wir das erreichen würden, was wir erreicht haben – doch am Anfang sah es eben nicht danach aus.


    Was haben Sie denn erreicht?


    Wir haben es geschafft, wieder „The Police“ zu sein. Zu Beginn der Tour waren wir nur drei anständige Musiker mit hervorragenden Songs, die umso kraftvoller sind, weil sie jeder kennt. Der erste Teil der Tour war zwar ein riesiger Erfolg – musikalisch und finanziell. Das Publikum hat sich auch bestens amüsiert – aber wir waren noch nicht „The Police“, sondern bloß drei brauchbare Musiker mit Songs, die eine große emotionale Wucht haben. Aber so haben wir ja nicht die Welt erobert – das gelang uns erst, nachdem wir acht Jahre miteinander gespielt hatten. Nach vielleicht drei Jahren konnte sich jeder in den anderen hineinversetzen, wir waren voneinander abhängig. Als wir uns wiedertrafen, waren mehr als zwanzig Jahre vergangen. „The Police“ existierte acht Jahre, danach hat jeder von uns 23 Jahre ohne die anderen verbracht. Jeder von uns hat sich natürlich weiterentwickelt, und als wir die drei Elemente wieder zusammensetzten, hatten sie nicht mehr die gleiche Form, passten nicht mehr so recht. Deshalb war es schwer. Wir konnten zwar die Lieder spielen, aber bis das blinde gegenseitige Verständnis wieder da war, hat es ziemlich lange gedauert.


    Sie haben vier Monate geprobt?


    Ja, und es hat mich wahnsinnig gemacht.


    Was war der anstrengendste Teil?


    Sting war der anstrengendste Teil.


    War er anders als früher? Oder war er noch genauso?


    Alles war anders, aber nichts hatte sich verändert. Der ist derselbe alte Sting, nur noch mehr. Ich muss mal etwas aufklären: All die komischen Sachen, die man so über Sting lesen konnte, alle Gerüchte, der ganze Klatsch – als sein Freund, der ich ihn seit dreißig Jahren kenne, möchte ich diese Gelegenheit nutzen, um all diese Geschichten zu bestätigen. Und das ist noch nicht einmal die halbe Wahrheit. Der Mann ist ein echter Exzentriker. Die Leute glauben, er sei prahlerisch, aber das ist er gar nicht, er ist schüchtern. Jedem, der ihn kennt, jedem Musiker, der mit ihm gearbeitet hat, ist es ohnehin egal, wie exzentrisch er ist, denn sobald die Musik spielt, ist er da. Diese Musik ist sehr stark, und wahrscheinlich ist das der Grund, weshalb andere Facetten seiner Persönlichkeit etwas untererentwickelt sind: Er ist Musik. Ich wünsche ihm, dass er so glücklich wird, und es gelingt ihm ja. Er braucht dazu zwar vier Stunden Yoga am Tag, aber er wurde auch mit einem etwas anders geformten Gehirn geboren. Die Welt kann sich glücklich schätzen, dass der Mann so tolle Musik hervorbringt. Er hat die besten Absichten und ist im Kern ein guter Mann. Aber eben auch echt seltsam.


    Könnten Sie ihn öfter als nur alle 23 Jahre ertragen?


    Das ist ein ganz guter Abstand. Um bei „The Police“ mitzumachen, mussten wir alle drei etwas aufgeben. Und alle drei hatten wir innerhalb von zwei Jahrzehnten in unseren eigenen Welten gelebt. Ich war nach unserer Trennung zwanzig Jahre lang Komponist. Ich habe Musikern meine Musik gegeben, und die haben gemacht, was ich wollte. Bei „Police“ musste ich meine gesamte Komponisten-Haltung außen vor lassen. Die anderen wissen noch nicht einmal, dass ich komponiert habe.


    Die wussten doch, was Sie so trieben?


    Nein, die glauben immer noch, dass ich das nicht kann. Das ist manchmal surreal: Wenn Sting und Andy Summers übers Songschreiben reden, glauben die, sie sprächen Holländisch für meine Ohren. Dabei verstehe ich alles, was sie sagen. Aber für die Band musste ich das aufgeben. Sting ging es ähnlich: Der schreibt die Songs und heuert seit zwanzig Jahren die besten Musiker an, um für ihn zu spielen. Er ist also gewohnt, dem Drummer zu sagen: „Mach das so!“ Mit mir musste er aber ein Gespräch führen.


    Sting musste lernen, dass er nicht mehr der alleinige Chef ist?


    Klar. Er ist ja seit zwanzig Jahren mit seiner eigenen Band unterwegs, die ihm folgen und ihn unterstützen muss. Bei „Police“ dagegen ist er eher ein Teil des Ganzen, und das ist für ihn nicht ganz leicht. Denn er hört nicht so genau hin, er ist mehr damit beschäftigt, die Show zu verkaufen, und geht einfach davon aus, die Band wird schon für ihn da sein. Damit kann ich nicht so gut arbeiten. Ich brauche Kommunikation in zwei Richtungen, keine Einbahnstraße. Wenn der Bassist die Drums nicht mitkriegt, weil er mit sich beschäftigt ist, haben wir ein Problem. Es geht ja nicht darum, dass ich schlecht bin oder er – wir sind dann zusammen schlecht, und das fand ich anfangs frustrierend. Dabei hatten wir ja vorher alles festgelegt, in so einer Art dreißigseitigem „Versailler Vertrag“, der sich dann auf der Bühne in Luft auflöste.


    Hatten Sie während der Tour nie das Gefühl: Das fühlt sich so gut an, wir sollten einfach weitermachen?


    Klar, es gab ein paar Momente, wo sich das so anfühlte. Es gab sicher Augenblicke, in denen wir uns voneinander inspiriert fühlten und wir kurz dachten: „Ja, vielleicht sollte man . . .“ Aber das hat nie angedauert, denn es gibt einfach auch unüberwindbare Hindernisse.


    Auf der persönlichen Ebene?


    Nein. Obwohl wir eigentlich auch da ziemlich unterschiedlich sind: Ich bin laut und oberflächlich, Sting ist still und tiefgründig. Wenn ich ein Bier in der Hand halte, verschütte ich sicher etwas über Sting; wenn sich mein Ellbogen bewegt, treffe ich garantiert ihn in die Rippen. Ich nerve ihn, und er ist mir meist im Weg. Wenn er da ist, muss man immer irgendwelche intellektuellen Gedanken austauschen – und mit dem üblichen Quatsch, den ich so erzähle, senke ich bloß das Niveau. Sting und ich wurden sicher nicht füreinander geschaffen. Wir haben uns zwar sehr lieb und küssen uns oft. Aber wir sind nicht zwei Typen, die normalerweise viel gemeinsam unternehmen würden. Im Flugzeug sitzen wir weit auseinander. Wir schreiben uns zwar lange E-Mails, manchmal haben wir sogar tiefgründige Gespräche – aber wir passen trotzdem nicht so recht zusammen. Ich bin einfach ziemlich laut.


    Polizist am Schlagzeug


    Stewart Copeland wurde am 16. Juli 1952 in Alexandria (Virginia) geboren. Sein Vater, Miles Copeland jr., spielte Trompete für Glenn Miller und arbeitete als freier politischer Berater für die CIA. Stewart wuchs in Ägypten, im Libanon und in London auf; in Beirut soll er laut eigenen Angaben eine Zeitlang die gleiche Schule wie Usama Bin Ladin besucht haben.


    Das Schlagzeug entdeckte Copeland im Alter von 13 Jahren für sich; er studierte Musik in San Diego (Kalifornien) und gründete 1977 gemeinsam mit Andy Summers und Gordon Sumner alias Sting in London die New-Wave-Band „The Police“. Mit „Roxanne“, „Message in a bottle“ und „Every breath you take“ schrieb das Trio Rockgeschichte.


    Nach der Auflösung von „The Police“ veröffentlichte Copeland unter dem Pseudonym „Klark Kent“ Soloalben und schrieb unter anderem die Filmmusik für „Wall Street“, „9 1/2 Wochen“ und „Highlander<TH>II“. Außerdem komponierte er verschiedene Ballettstücke und Opern sowie Melodien für TV-Shows, Videospiele und Werbespots. Copeland hat sieben Kinder und lebt in zweiter Ehe in Los Angeles. Unter dem Titel „Certifiable“ dokumentieren eine neue CD und DVD die Comeback-Tournee 2007 von „The Police“. leko.


    Das Gespräch führte Sascha Lehnartz

  • Ja, wirklich sehr unterhaltsam und kurzweilig und Stewart ist wohl mindestens genauso exzentrisch wie Sting :D
    Ich hatte zwar nicht das Glück (und war auch nicht bereit, so viel Geld für eine Kontzertkarte abzudrücken...), sie auf ihrer vielleicht letzten Tour zu sehen, aber die Videos, die ich im Netz von ihren Gigs gesehen habe, zeugten von grosser Spielfreude.
    Toll, das die Jungs immer noch so viel Feuer haben!
    Nach wie vor bleibt THE POLICE eine der wichtigsten Bands für mich und Stewart ist einfach ein Ausnahmedrummer.
    Nicht so sehr wegen irgendwelcher technischer Spirenzien, sondern weil man nach 4 Takten schon weiß, wer am Drumset sitzt. Sein Sound und sein Style sind einfach unverwechselbar. Davon träumt man als Drummer, das man eine unverwechselbare Identität als Drummer hat und trotzdem geschmackvoll und passend zu Musik trommelt.
    Und so viel Feuer im Arsch zu haben ist auch nicht verkehrt ;)

  • Die Police DVD ist sehr gut, und spielerisch um längen besser wie das Material aus der Zeit wo es noch aktuell war. Der Sound ist auch super und die
    Abwandlungen gefallen auch. Da sie so lange gebraucht haben um überhaupt nochmal zusammen zu kommen zeigt ja das es früher bei denen ganz schön geraucht haben muss, oder das der Preis nun gestimmt hat um auch unter "Streit" noch einmal zusammen zu kommen. Jedenfalls haben siech die Herren sehr viel Mühe gegeben. Manch andere Gruppen hätten es lieber lassen sollen nochmal nach langer Zeit eine Tour zu starten, sind halt Profis durch und durch.

  • Des Englischen mächtige Copeland-Freunde werden an dieser halbwegs aktuelle und abendfüllende "Interview-Vorlesung" am Los Angeles College of Music ihre Freude haben:


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    Die anderen sollen auch nicht umsonst geklickt haben:


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    https://www.youtube.com/watch?v=hWh5ilLBs-k :thumbup::thumbup:

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  • Ja, ne?
    Mir fiel auf, wie authentisch er sich weigert, namhaften Kollegen in den Allerwertesten zu kriechen, und sich - wie ihm das Maul gewachsen ist - an lästigen Konventionen vorbeizuformulieren, da fallen auch schon mal in der US-Medien-Öffentlichkeit weniger gebräuchliche Ausdrücke, bei denen man etwas schamhafte Reaktionen des Gegenübers spürt, ohne dass es peinlich wird.


    Cooler, geerdeter Typ ... Ich bin immernoch etwas reuig damit, ihm mein Wohnzimmer überlassen zu haben:
    https://www.youtube.com/watch?v=WwYJxWQCxEE

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  • Copeland kommt absolut authentisch rüber, finde ich sehr symphatisch. Offen, direkt, spontan, eloquent, energiegeladen, so wie er auch spielt.
    Der "Interviewer" war allerdings zum Fremdschämen...


    Orbit

    Der Kragenbär, der holt sich munter // einen nach dem andern runter (Robert Gernhardt)

  • Danke für den wunderbaren Link!!!


    Das war eine echte Freude, ihn in dieser so ansteckenden Lebendigkeit zu sehen, die für mich auch sein Spiel so anziehend und energetisierend macht....


    Und ein für mich ganz zentraler und sehr wahrer Satz war, dass es beim Musikmachen nicht um Technik geht, sondern um "Attitude"!


    P.S.: Der Interviewer war deutlich überfordert und wirkt mächtig eingeschüchtert...

  • Die Video-Interviews zieh ich mir definitiv noch rein - danke!
    Das Interview in Schriftform aus dem Post von 2008 hat mich sowohl zum Lachen gebracht als auch sehr nachdenklich gemacht. Das zeigt mal wieder, dass trotz scheinbarer "Spielfreude" und "Feuer" (das, was der Zuschauer mitbekommt) auch verdammt viel Arbeit hinter der Police Reunion gesteckt hat - gerade was das gemeinsame Arbeiten und Miteinander-Klarkommen der drei Charaktere angeht! Ernüchternd auch Copelands Einschätzung, dass die "magischen Momente" bei der Reunion-Tour eher nur von kurzer Dauer waren.


    Flo

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