Hallo,
man liest immer wieder von dem alten Avedis Sound. Dabei wird sehr oft vergessen, dass auch die Avedis Becken seit Gründung der amerikanischen Zildjian Fabrik im Jahre 1929 viele Änderungen erfahren haben. Diese Änderungen lassen sich einerseits auf andere Produktionsabläufe zurückführen. Andererseits, hat sich die Musik in dieser Zeit stark verändert, wodurch die Nachfrage nach "anders" klingenden Becken sich stark erhöhte. Avedis Zildjian war auch ein Mann, der ständig mit der Zeit gehen und den Schlagzeugern für die jeweilige Musik die besten Becken zur Verfügung stellen wollte.
Ich möchte hier in einem kleinen Bericht darauf eingehen, wie man die verschiedenen Typen der alten Aveden unterscheiden kann. Eines der Hauptkriterien ist natürlich der Stempel. Hier gilt es die Arbeiten von Bill Hartrick zu nennen, der seit Jahren an einer Chronologie der Stempel der alten A und K Zildjians arbeitet:
http://www.classicdrummer.com/…ingZildjianCymbals%20.pdf (Achtung: dieses PDF ist NICHT vollständig).
Eine weitere Methode, um das Alter grob zu bestimmen - die aber oftmals vernachlässigt wird - ist die genaue Analyse der Hämmerung. Damit möchte ich mich an dieser Stelle etwas beschäftigen (alle Jahresangaben sind nur Annährungen).
Grob kann man sagen, dass Becken vor 1960 typischerweise eine starke Handhämmerung aufweisen. Während den 60ern wurde auf maschinelle Hämmerung umgestellt, um der enorm steigenden Nachfrage (Ringo Starr!!) Herr zu werden. Trotzdem finden sich einige Becken aus den späten 60ern, die kleinere Spuren von Handhämmerung zeigen.
Bei den handgehämmerten Avedis Becken vor 1960 muss man weiter unterscheiden zwischen Hämmerung und Formgebung. Im türkischen Fertigungsprozess werden die Rohlinge nach dem Rollen in die gewünschte Form gebracht, bevor die eigentliche Hämmerung stattfindet:
Copyright: Daryl Watkins (http://cymbalsonly.com/cymbals/Bos/factory/bos_visit.htm)
Vor 1950 wurden die Aveden von Hand in die richtige Form gehämmert - oftmals mehrere auf einmal mit schweren Vorschlaghämmern. Diese Spuren sind oftmals noch auf Becken dieser Zeit zu sehen. Komplett manuelle Formgebung gibt es heute noch bei einigen türkischen und chinesischen Beckenschmieden, sowie bei Spizzichino. Von 1950 - 1960 erfolgte eine maschinelle Formgebung mit anschließender manuellen Hämmerung.
Hier sind man unter Anderem die schweren Hämmer, die in den Anfangstagen der Avedis Zildjian Company zur Formgebung benutzt wurden:
Wie kann man also nun Handhämmerung sicher erkennen ?
Die Hauptkriterien sind hierbei folgende:
- Aussehen (Form und Tiefe) der Hammerschläge
- Verteilung der Hammerschläge über das gesamte Becken
Klar ist natürlich, dass maschinelle Hammerschläge im Gegensatz zu manuellen immer annährend gleich aussehen. Bie der Verteilung der Hammerschläge muss man wieder unterscheiden zwischen komplett maschineller Hämmerung und zwischen manuell kontrollierter maschinellen Hämmerung. Bei der ersten Variante übernimmt der Computer komplett die Steuerung und es entstehen sehr regelmäßige Muster (siehe z.B. die Z Serie von Zildjian). Bei der zweiten Variante führt der Schmied das Becken manuell unter einem pneumatischen Hammer (Paiste macht das z.B. so):
Copyright: Ronn Dunnett (http://www.dunnett.com/paiste/images/hammering2.jpg)
Es entstehenden im Prinzip auch regelmäßige Muster, aber nur soweit, wie der Mensch dies steuern kann. Kleinere Unregelmäßigkeiten sind die Folge.
Neuartige Methoden, um mittels computergesteuerter Hämmerung Handhämmerung zu imitieren, wie z.B. bei den aktuellen K Constantinople, erschweren die Einordnung der Hämmerung natürlich zusätzlich. Aber immerhin hat man hier eine Seriennummer eingraviert
Ein paar Beispiele von Becken aus meinem Fundus
Bei vielen heutigen Becken, die komplett handgefertigt sind, erkennt man das unregelmäßige Hämmerungsmuster recht leicht. Hier einige türkische und chinesische Exemplare:
Hier variieren sowohl Form, als auch Tiefe und Position der Hammerschläge sehr stark.
Im Gegensatz dazu, ist die Handhämmerung bei Aveden viel subtiler und oft nur mit geübtem Auge gegen das Licht zu erkennen. Hier z.B. mein handgehämmertes 24er Avedis (50er Jahre):
Bei diesem Becken fällt vor allem die verschiedene Neigung der Hammermale (4. Bild) ins Auge. Ein eindeutiges Zeichen für Handhämmerung. Weitere Hinweise geben die Wölbung an der Stelle des Stempels, der zur damaligen Zeit mit einem Vorschlaghammer ins Becken geprägt wurde. Dies kommt üblicherweise nur in Kombination mit Handhämmerung vor. An der Kuppe sind einige Artefakte zu sehen, die wohl durch das Rollen des Gußstückes vor dem Hämmern entstanden sind.
Ein ähnliches Muster findet sich hier an meinem 22er Avedis (50er Jahre):
Im Gegensatz dazu sieht das typische Schlagmuster von maschinell gefertigten Zildjians so aus (14" NewBeat HiHat aus den späten 60ern):
Hier haben alle Hammerschläge eine sehr ähnliche Form und sind auf regelmäßigen Kreisen angeordnet. Typisch für maschinelle Hämmerung.
Ist es nicht egal, welche Hämmerung ein altes Avedis hat ? Nein, da die Hämmerung sich natürlich direkt auf den Sound auswirkt. Handgehämmerte Avedis klingen wärmer und komplexer und haben üblicherweise einen tieferen Grundton als spätere maschinell gefertigte Aveden. Die ganz frühen Avedis (bis Ende der 40er, "Transitional Stamps"), die noch von Hand in Form gehämmert wurden (quasi mit den gleichen Methoden wie die alten Istanbul Ks) können auch durchaus ähnlich zu einem alten K klingen. Die späteren handgehämmerten Avedis (ab 1950) klingen anders, haben aber durchaus ihren eigenen Charme.
Hier ist ein Soundfile von meinem 24er, einmal alleine und einmal mit dem ganzen Set:
Ich hoffe, ich habe etwas Interesse an den alten handgehämmerten Avedis geweckt. Wenn ich mit Kollegen darüber rede, bekomme ich oft zu hören, dass alle Avedis doch maschinell gehämmert sind. Vielleicht hilft das hier, etwas genauer hinzuschauen und hinzuhören
Freue mich auf Kommentare, Kritiken und Ergänzungen ...
Enzi