Die Wahrheit über Mastering heutzutage ...

  • Zitat

    Original von Seven
    Ich war vorgestern im Blödmarkt. Dort war eine Wand mit lauter Kopfhörern zum Testen aufgebaut. Ich gleich mal Track "Rock" eingestellt und Bon Jovi erzählte mir, dass es sein Leben ist. Den Track kenne ich in und auswendig. Sicher mehrere hundertmal gehört.


    Das kommt mir bekannt vor. Vor zwei Wochen war ich aus Spass bei ner befreundeten Band im Studio dabei, welches durchaus professionell aufgebaut ist. Da haben wir zwischendurch mal die neue Incubus Platte reingetan und über die Abhöre gehört. Da bummste so ziemlich gar nix. Jedoch hörte man deutlich das "fehlen der Details" vor allem wenn man zuvor einen noch unbearbeiteten Drummer durch 14 Kanäle und hochwertiger Mikrofonie gehört hat.


    Zu dieser totkomprimierten Geschichte fällt mir ein interessantes Statement ein was ich letztlich in irgendeinem Hifi Forum gelesen habe:


    Vielleicht führt die "überaufdringlichkeit" der aktuellen Musikprodutkionen dazu, dass wir das Radio im Hintergrund als störend empfinden und deshalb nicht mehr richtig hinhören, da das Gehör nicht gefordert sondern überfordert wird.


    Vor ein paar Wochen sass ich mit meinen Freunden abends zusammen und plötzlich brachte der Random Modus "The great Gig in the Sky" von PF auf die Anlage - alle Gespräche verstummten sofort da man bei dieser Musik hin hören muss, sie dadurch aber umso genießbarer ist. Ich als Atomwissenschaftler musste direkt nachfragen warum alle stumm sind und ob das was mit der Musik zutun haben könnte - was bejaht wurde.



    Ich behaupte auch einfach mal (ohne den Anspruch darauf zu erheben dass meine Ohren wirklich was taugen) dass ich bei mir bekanntem Material bis 160kb auch Mp3 heraushören kann, es gibt diese digitale Verwaschenheit die mit keinem mir bekannten akustischen Ereignis zu vergleichen ist. Es hört sich so an, wie JPG aussieht - unscharf, und damit meine ich nicht nur den HighCut bei 15khz.


    edith:

    Zitat

    Ich habe den Verdacht, dass die Radiostationen die eh schon komprimierten Aufnahmen noch einmal zusammenstauchen.


    Zu recht verdächtigt, das ganze nennt sich Optimod und wurde letztens zu meiner Erheiterung von einem sehr erfahrenen und fähigen Studiomenschen als Taliban-Kompressor bezeichnet. :D

    sieg natur.

    Einmal editiert, zuletzt von slo77y ()

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    Original von Matthew
    Mal provokant: Aber bin ich deswegen nicht mehr "true-Musiker"? Ist das hier wie beim Metal, dass alle, die nicht mehr so sind wie der Ursprung, nicht mehr "true" sind? Sind die Musiker schlechter, weil ihr Sound mit EQs und Comps bearbeitet wird? Ist deswegen die Musik schlechter?


    nein, aber den vielen überproduzierten "hits", die tagtäglich die privatradios und die videosender belagern, feht es schon vor dem totproduzieren an inspiration.

  • Alles richtig, was ihr sagt. Geht mir genauso. Die heimische Hifi-Anlage möchte ich niemals missen.


    Aber diese Entwicklung wird überall durchgemacht: Feinschmecker -> Fastfood. Schnelles Essen für die breite Masse. Der Genuss zählt nicht. So oder ähnlich ist das auf die Musik übertragbar. Die ganzen kleinen Hopper-kiddies hören auf einem Mono-Handy-Hörer ihre Bushido-Klingeltöne, damit sie mit ihren Kollegen in Bezug auf Coolness, oder weiß der Herrgott was, mithalten können. Und mit der Zeit macht sich eben ein Gewöhnungseffekt bemerkbar, da sie nichts anderes (mehr) kennen.
    Solange ich noch Musik genießen darf, stört mich das nicht.


    Das Problem besteht nun wirklich in der Produktion. Schade, dass es so ist.

  • Ich denke diese Entwicklung hat schon vor Jahren begonnen - genauer gesagt in den 80igern.


    Ich habe 1987 mal bei einem Radiosender gearbeitet und der erwähnte Optimod war damahls schon im Gespräch und auf dem Markt.


    D.h. es ging erst mal darum, dass man beim durchscrollen der Frequenzen beim "richtigen" Sender hängen bleibt wo der vollste Sound rauskommt - also komprimierte der AFN auf etwa 3dB Dynamik runter und war der Sender mit dem "besten" Sound.


    Der nächste Schritt war nur logisch - jeddes Demo wurde so komprimiert dass es sich beim Label-Seppl gleich super fett anhörte.


    Heutzutage geht das so weit dass ein SOng mit 30 Sekunden Intro schon keine Chance mehr hat - ab der ersten Sekunde muss alles auf 100% laufen....


    Es gab hierzu auch einen tollen Artikel in der ZEIT oder der SüDDEUTSCHEN ZEITUNG vor einigen Wochen.


    Früher las man auf Rock Scheiben noch so Sachen wie Mastering: Bob Ludwig - was schon mal eine Qualität war. Ich selbst war beim Mastering einiger Scheiben im Tonstudio Bauer in Ludwigsburg anwesend : Die Jungs, sorry die Herren schraubten extrem differenziert und feinfühlich an den EQss und Kompressoren - sehr dezent um nichts zu verwaschen aber das ganze zu optimieren nicht um jeden Preis fetter zu machen - heute macht das alles der Finalizer oder entsprechendes Gerät anderer Hersteller.


    Die Dynamik ist leider in einigen Bereichen ebenso tot wie auch die Komposition oder das Arrangement - ich kann bei 10 Bohlen Songs in keinem der genannten 3 Bereiche einen Unterschied mehr raushören - alles eine Suppe - nein ein fetter Brei - eben keine Suppe mehr, wo noch Fettaugen oder gar andere (Fleisch oder Nudel-)Einlagen erkennbar drin sind - sondern alles schön durch den Mixer gejagt - massiert zum Einheitsbrei.....


    Wie das im Joghurt vermatschte Holz welches Erdbeergeschmack simuliert......aber warum soll es beim Essen anders sein als bei Musik oder in anderen Lebensbereichen.


    MP3 hat da nur noch einen draufgesetzt.

  • Zitat

    Original von Hammu
    Wenn (laut verlinktem Artikel) eine MP3 Datei mit 128 KiloBit soviel schlechter ist, als das Original, dürfte eigentlich das Kopieren und Tauschen davon nicht strafbar sein. Wenn wir früher mit dem Kassettenrecorder Kopien von LPs gemacht haben, war das auch legal, da man ja keine 1:1 Kopie gemacht hatte (so wurde jedenfalls damals seitens des Gesetzgebers argumentiert und weil auf Kassetten und Rekordern Abgaben bezahlt worden sind), sondern eine Qualitäts und Datenreduzierte Kopie.


    Leider hat es seitdem Gesetzesänderungen gegeben. Die letzte Novelle des Urheberrechts stellt die Privatkopie jedenfalls dann unter Strafe, wenn sie unter Umgehung eines heutzutage leider üblicherweise angebrachten Kopierschutzes hergestellt wird. Ausserdem darf die Privatkopie nicht von öffentlich zugänglich gemachten Werken hergestellt werden (also z.B. Internet-Streams etc.) - § 53 UrhG. Nur, dass hier keine Mythen entstehen. :D


    Zum Threadthema: Ich finde man muss hier deutlich auseinanderhalten, was der verlinkte Artikel leider vermengt.


    Zum einen die Verluste durch Kompressionsverfahren verschiedener digitaler Codecs. Zum anderen Dynamikbearbeitung durch Kompression beim Mastering.


    Ich habe MP3s gehört, die durchaus auch sehr dynamische Musik ganz gut wiedergegeben haben - ob man die Feinheiten der Aufnahme alle hört, hängt sehr oft mehr von den Abspielgeräten ab, als vom MP3-Format. In einem oben genannten Beitrag war von Hifi-Kopfhörern die Rede. Ein billig-Ohrstöpsel, wie er bei gängigen MP3-Playern beiliegt schluckt einiges an Information. X(


    Das mit der Kompression hat Steve Hatton ganz richtig gesagt: Es ist ein Anbiedern an die Gunst des Publikums, dass heutzutage alles auf "laut" getrimmt werden muss. Extrembeispiel war für mich die "Fornika" von den Fantastischen Vier - Stereo ist fast nicht mehr auszumachen - alles voll auf die Glocke. Aber laut ohne Ende (zumindest laut Meßanzeigen im Tonstudio eines befreundeten Mastering-Spezialisten). :rolleyes: Derjenige, der das gemastert hat, ist zwar auch ein Bekannter, wurde aber von mir noch nicht dazu befragt.

  • Zitat

    Original von Broadkaster82Zum Threadthema: Ich finde man muss hier deutlich auseinanderhalten....
    ....Zum anderen Dynamikbearbeitung durch Kompression beim Mastering.


    Exakt – und genau darum ging es mir als ich den Thread gestartet habe.
    Die Sache, ob man nämlich MP3s oder CDs oder Vinyl hört, ist ja auch unterm Strich jedermanns eigene Sache – nur wenn auf den Besten CDs nur blödkomprimierte Musik drauf ist, wird der Spaß einfach deutlich geschmälert.
    (ausgenommen die Musik, die genau das braucht: Techno, Elektronisches, was sogar manchmal ruhig ein bisschen pumpen darf, aber das gibt schon wieder ein neues Thema)

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    Original von Broadkaster82


    Leider hat es seitdem Gesetzesänderungen gegeben. Die letzte Novelle des Urheberrechts stellt die Privatkopie jedenfalls dann unter Strafe, wenn sie unter Umgehung eines heutzutage leider üblicherweise angebrachten Kopierschutzes hergestellt wird. Ausserdem darf die Privatkopie nicht von öffentlich zugänglich gemachten Werken hergestellt werden (also z.B. Internet-Streams etc.) - § 53 UrhG. Nur, dass hier keine Mythen entstehen. :D


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    Danke für die Informationen.
    Also werden wir knallhart betrogen! Wir zahlen Abgaben auf Geräte und Datenträger und erhalten eine Leistung dafür, die wir aber nicht nutzen dürfen ohne uns strafbar zu machen.
    Toller Rechtsstaat!
    Der nächste Kanzler wird sicher von Sony, Gema und Konsorten gestellt. Oder von der Pharmaindustrie.


    Egal, durch die, hier im Thread genannten, Manipulationen an der Musik ist diese Konservenmusik sowieso uninteressant geworden. Da lege ich mein Geld doch lieber in Live-Konzerten an, am liebsten in kleineren Etablissements. Da kann man wenigstens noch sehen, ob es auch wirklich Live ist (s. auch Thread über Raabs Song Contest).

  • Um die Diskussion nochmal nach oben zu holen: Hier ein Link zu einem Interview zum Thema im aktuellen Rolling Stone.


    Anmerkung. Ich habe so als 10jähriger - also Anfang der berühmten "Sechziger" - angefangen, Musik nachts im Bett mit einem kleinen Taschenradio zu hören. Heute hören die 16jährigen auf ihren Handylautsprechern wieder den gleichen Sound. Das ist echter Fortschritt ?(

    "Most drummers are crazy, aren't they ? They don't all start off crazy, but they end up that way." ;( Charlie Watts

    Einmal editiert, zuletzt von Drumwolf ()

  • Prima Dynamik auf 3 dB eingedampft. Dazu kommt noch teilweise ein wenig Loudness EQ on air und schon haben wir den Einheitsbrei.


    Schön wenn es teilweise noch Sender gibt, die diesem Trend nicht folgen, wobei das sehr weniger sind. Oder zumindest solche Werkzeuge mit mehr Bedacht einsetzen.


    Dazu geht man beim Erstellen der Kunstwerke streng nach Schema vor:
    - nicht über 3 Minuten
    - erster Refrain nach spätestens 60 Sekunden
    - keine unnötigen Bridges oder Soli
    - anschließend sämtliche Dynamik killen


    und fertig ist der Radio-Kompatible Song.

  • Zitat

    Original von Drumwolf
    Um die Diskussion nochmal nach oben zu holen: Hier ein Link zu einem Interview zum Thema im aktuellen Rolling Stone.


    Das hatten wir schon dort: http://www.drummerforum.de/for…?postid=516660#post516660


    Wie schon im anderen Thread gesagt, der Typ hat leider keine Ahnung von (digitaler) Signalverarbeitung. Im Keyboard-Forum gibts dazu auch einen Thread, da postet Herr Eroc sogar mit. Leider kann man aber dort mit ihm nicht vernünftig reden. Er verbiegt alle Fragen so dass es ihm passt und berechtigte Kritik wird meist verworfen mit dem Hinweis, was er schon alles so tolles gemacht hat und welche Lorbeeren er eingeheimst hat...

    Ich hätte auch so gern ein Hobby...

  • Zitat

    Dazu geht man beim Erstellen der Kunstwerke streng nach Schema vor:
    - nicht über Minuten
    - erster Refrain nach spätestens 60 Sekunden
    - keine unnötigen Bridges oder Soli
    - anschließend sämtliche Dynamik killen


    Ich gebe dir in fast allen Punkten Recht - nur die Sache mit den Soli finde ich gut. In meiner recht umfangreichen Vinylsammlung gibt es sehr, sehr viele absolut verzichtbare Gitarrensoli. Geschätzt mindestens 80%.


    Nils

  • Zitat

    Original von nils


    Ich gebe dir in fast allen Punkten Recht - nur die Sache mit den Soli finde ich gut. In meiner recht umfangreichen Vinylsammlung gibt es sehr, sehr viele absolut verzichtbare Gitarrensoli. Geschätzt mindestens 80%.


    Nils


    Ui :D
    Naja ich finde es gibt einige prima Gitarren Soli. Ich vermisse eigentlich in aktueller Musik eher Gitarren Soli. Deswegen hab ich mich bei Alter Bridge auch so gefreut, dass die Jungs sowas in ihre Musik einbauen.

  • Ja, hin und wieder und wenn der Gitarrist auch musikalisch was auszudrücken hat.


    Wenn man meine ca. 1000 schwarzen Scheiben durchhört und nur so als Durchschnittswertannahme 5 Soli pro Scheibe ansetzt (was ich gefühlsmäßig noch zu niedrig finde, aber ich möchte konservativ rechnen), dann kommt man auf 5000 Soli - davon 80% macht 4000 verzichtbare.


    Es bleiben immerhin +/-1000 brauchbare übrig. Das ist doch schon mal was.


    Nils

  • Hm, geht ab jetzt die Diskussion wieder darüber los, ob aktuelle Popmusik gut ist oder nicht? Es wird immer Musik für die breite Masse geben und Musik für Musikliebhaber (sag ich mal so) - womit wollen wir als "Freaks" uns den sonst abgrenzen?! Wollen wir jetzt über den künstlerischen Wert von heutiger Popmusik reden, deren Inhalt einzig aus komprimierter Musik ohne Dynamik besteht;)?! Ich entdecke immer wieder Leute in diesem Thread, die die "gute alte Musik von damals" und auch diesen Sound als das einzig wahre empfinden. Oder liege ich da falsch?
    Es ging doch eigentlich darum, dass ein Song kaum noch Dynamik aufweise, wenn er so stark komprimiert sei. Leise und laute Stellen seien dann nahezu gleich... aber das erspart doch bloß den Griff zum Volume-Regler :)


    Ich würde sagen, das sind einfach zwei paar Schuhe. Äpfel vs. Birnen. Musik als Konsumgut vs. Musik aus Leidenschaft...

  • Ist schon wahr, hab ich irgendwie überlesen... Mist. Aber ich schiebe mal kurz die Ausrede vor, dass ich das bewusst umgangen hab um mich auf auf den Gesamttenor dieses Threads zu beziehen. Außerdem formuliere ich gerne mal etwas provokant, damit die Diskussion in Schwung bleibt ;)

  • @ Dynamikdiskussion: Wenn hier so weiter dikutiert wird, sind bald diverse UREIs oder SSLs wieder in – das wäre ja nicht das Schlechteste (auch für die Volkswirtschaft :D)

    Einmal editiert, zuletzt von cd_cd ()

  • Grüß euch. Ich möchte mal wissen, ob meine Ohren kaputt sind oder ob ich doch ausnahmsweise mal Recht habe. Und zwar geht es um eine befreundete Thrash-Metal-Band, die kürzlich ein Album aufgenommen haben. Auf der MySpace-Seite könnt ihr mal reinhören. Das Songmaterial ist echt gut, auch die Produktion klingt professionell. Nun komme aber ich und finde, dass beim Sound sehr intensiv komprimiert wurde - was in meinem Bekanntenkreis keiner wahrnimmt. Bin ich bekloppt oder pumpt der Sound tatsächlich? Es wirkt, als würden die Gitarren für den Bruchteil einer Sekunde leiser, sobald Snare oder Kick zu hören sind - was mich denken lässt, dass auf allen Spuren nochmal ein Kompressor liegt.
    Wichtig: Es geht nicht drum, den Mixer oder die Band oder sonstwen schlecht zu machen (wie gesagt, ich kenne die Herren gut), sondern rein darum, ob sich mein Gehör täuscht.


    Greets,
    Unas

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