In Erweiterung zu dem und in Anlehnung an diesen und viele andere
Threads, hier einige
grundsätzliche Gedanken zum Thema SCHLAGZEUGUNTERRICHT.
(auf´s Wesentliche zusammengefasst und ohne Anspruch auf Vollständigkeit)
1. |
Allgemeine Überlegungen: | ||
a) |
Aus Sicht des Schülers: | ||
Natürlich möchte eigentlich jeder lediglich "guten" Unterricht bekommen und viel lernen. Je nach Status des Schülers stehen dennoch
zum Teil unterschiedliche Aspekte im Vordergrund:
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b) |
Aus Sicht des Lehrers: | ||
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2. |
Qualifikation von Lehrern Was macht einen guten Lehrer aus? Aus meiner Sicht 3 Dinge: | |
a) | handwerkliches Know-How: | |
Wie fit ist ein Lehrer am Set? Wie umfangreich seine Technik? Welche Technik setzt er ein? Traditional oder Matched Grip? Möller-Technik?
Natürlich gibt es nicht "die goldene", einzig wahre, grundlegende Technik. Aber wie musikalisch ist die Umsetzung der Technik - passt sein Timing,
groovt er? Wie umfangreich ist sein musikalischer Background? Wie setzt er diesen um? Konventionell, geschmackvoll, kreativ, inspirierend? Ein toll
groovender Jazzer mit perfekter Unabhängigkeit der Gliedmaßen ist für den angehenden Speedmetaler möglicherweise nicht allererste
Wahl - gleiches gilt natürlich auch umgekehrt. Unter Umständen liefern solche Gegensätze jedoch genau den inspirativen Kick, den
fortgeschrittene Schüler suchen könnten. Ob das handwerkliche Können durch ein Studium oder autodidaktisch erworben wurde, ist eher zweitrangig. Problem: Hervorragende Techniker und Groover sind teils nicht in der Lage ihr Wissen an den Mann/die Frau zu bringen. Was hilft es mir, wenn ich bei xy Unterricht habe aber ewig brauche, bis ich verstanden habe, was er mir vermitteln will. | ||
b) | didaktisch-pädagogisches Wissen: | |
Um sinnvoll und zielgerichtet unterrichten zu können ist es absolut notwendig Lehrpläne zu erstellen, deren Inhalte sinnvoll aufeinander
aufbauen und alle wesentlichen und notwendigen Basics, wie reine Technik, Haltung, Koordinationsübungen, Rhythmik, etc. beinhalten. Mindestens
genauso wichtig sind jedoch auch Überlegungen, wie die jeweiligen Inhalte dem jeweiligen Schüler verständlich und anschaulich vermittelt
werden können. Dass es da zu differenzieren gilt, ob der Schüler erst 6 oder bereits 30 Jahre ist, sollte selbstverständlich sein. Und
natürlich gibt es nicht "die" eine, die absolute Lehre. Auch hier kann ein Autodidakt mit langjähriger Erfahrung besser sein, als ein studierter "Pädagoge". Wer kennt nicht aus der eigenen Schulzeit die Unterschiede zwischen einzelnen Lehrern. Selbstverständlich gibt es Lehrer, die mit vermeintlich wenig technischen Fähigkeiten in der Lage sind, hervorragend Wissen zu vermitteln und ihre Schüler zu fördern, fordern und wirklich effektiv weiter zu bringen. | ||
c) | Motivation: | |
Es gibt handwerklich und pädagogisch hervorragend ausgebildete Lehrer, die es jedoch eigentlich "ankotzt" unterrichten zu müssen, weil
dummerweise das Geld von den Auftritten mit der Band nicht zum Überleben reicht. Macht mir der Unterricht bei einem frustrierten, genervten Lehrer
Spaß? |
Oft wird ein Studium als Beleg für die Qualifikation des Lehrers angeführt - vielleicht war er ja sogar an einer berühmten Schule im Ausland. Ein Studium ist natürlich eine tolle Sache und man kann wärenddessen extrem viel lernen. Dennoch sollte hinterfragt werden, um was für ein Studium es genau geht - was waren die Inhalte? Zunächst bedeutet das nämlich wenig. Wo und wie wurde studiert? Musikhochschule, Pädagogische Hochschule, Schlagzeugschule. Nur ein oder zwei Semester oder mit Abschluss; Diplom, Staatsexamen, ...? Klassischer Bereich oder Popularmusik? Und dergleichen Fragen mehr ... Die alleinige Angabe eine Materclass bei xy belegt oder ein Semester an Schule xy studiert zu haben ist zwar toll, doch kein Studium im eigentlichen Sinne. Fähige Lehrer haben ein Konzept, das sie selbstverständlich auch erklären und begründen können. Optimalerweise werden sie das Konzept an das Alter und die Wünsche der Schüler abstimmen. Greift dieses Konzept, sollte der Schüler das Gefühl haben, dass es auch wirklich vorangeht und der Unterricht Sinn macht. Der Spaß darf natürlich nicht zu kurz kommen - ein Jahr Rudiments auf der Snare bilden beispielsweise ein tolles Fundament für das Drumset, können vor allem jüngere Trommler aber auch ordentlich abschrecken und aufgeben lassen. Vieleicht macht es mehr Sinn die Technik auch einmal zu vernachlässigen und lieber vermeintlich einfache Grooves mit Playalongs, also mit musikalischer Begleitung zu spielen - denn das ist in der Regel das eigentliche Ziel von Schülern. Ist der Lehrer noch so qualifiziert, kann es dennoch vorkommen, dass ein Schüler einfach nicht mit ihm klar kommt, dass die Chemie zwischen Lehrer und Schüler nicht passt. Der "arrogante Depp" kann mir eventuell viel beibringen, doch will ich das dann überhaupt noch? |
3. |
Ausstattung und Unterrichtsmaterialien: | |
a) | Equipment: | |
Gibt es für Schüler und Lehrer jeweils ein eigenes Drumset oder muss eines geteilt werden? Wie groß sind die Sets? Akustisch und/oder
elektrisch? Wie hochwertig ist die Qualität des/der Sets? Gibt es neben den Drums auch Percussion? | ||
b) | Räumliche Ausstattung: | |
Vor allem in Schulen gibt es zum Teil eine Ausstattung der Räumlichkeiten mit Spiegeln, um eigene Bewegungsabläufe beobachten zu
können. Eventuell gibt es darüber hinaus die Möglichkeit Übungen akustisch oder per Video mitzuschneiden, um diese dann
später analysieren zu können. Bei manchen Schulen bestehen Studiobedingungen (die natürlich finanziert werden müssen). | ||
c) | Verwendete Literatur: | |
Viele Lehrer verwenden Standardliteratur, die auch Auswirkungen auf die Konzeption des Unterrichts haben können. Liegt der inhaltliche
Schwerpunkt der verwendeten Werke eher bei Rudiments auf der Snare oder aber bei Umsetzung von Rhythmen auf dem Drumset? Wird mit mehreren
"Schulen" unterrichtet und variiert? Muss der Schüler alles selber kaufen oder erhält er auch Kopien bezüglich einzelner
Unterrichtsinhalte (in manchen Büchern sind nur einzelne Kapitel "wertvoll"). Ich möchte (und kann) an dieser Stelle keine ausführliche Sammlung von geeigneter Literatur vorstellen und beschränke mich deshalb auf einige Beispiele. Um rudimentäre Techniken zu erlernen sind Bücher wie "Stick Control" von George Lawrence Stone kein Fehler - der Titel spricht für sich. Gleiches gilt für "Bass Drum Control" von Colin Bailey. Weniger bekannt, jedoch ebenfalls grundlegend ist beispielsweise die "Basler Trommelschule". Reine "Technikwerke" können für Anfänger - bei aller Notwendigkeit - jedoch sehr trocken und langweilig sein. Hier sind möglicherweise Bücher mit einer großen Anzahl an Grooves vorzuziehen. "Modern Drumming 1" von Diethart Stein oder "Euro Drumming" von Leonardo sind universeller und für Anfänger eher geeignet. Joe Porcaros "Drum Set Method" hört sich zunächst toll an (ist es auch), ist jedoch für Anfänger kaum zu empfehlen. Gleiches gilt für "All American Drummer" von Charley Wilcoxon, "Syncopation for the Modern Drummer" von Ted Reed oder "Advanced Techniques for The Modern Drummer" von Jim Chapin. "Modern Reading Text in 4/4" scheint für den Anfänger zunächst vielleicht zu trocken zu sein und nur die Snare zu berücksichtigen. Hat man jedoch die entsprechenden "Umsetzungskonzepte" und legt die Übungen auf das gesammte Set um, variiert zwischen binärer und ternärer Leseweise reicht das Buch ein ganzes Leben und ersetzt viele andere Bücher, die die unterschiedlichen Übungen nur ausführlicher, für das ganze Set ausnotiert haben. Die verwendete Literatur soll der Leistungsstufe und dem Alter der Schüler angemessen sein. Vielleicht muss es zu Beginn jedoch gar keine gekaufte Literatur sein, sondern ein Notenheft, in dem die ersten Übungen notiert werden und so gleichzeitig das Lesen von Schlagzeugnoten geübt wird. Einen Lehrer nach der Literatur die er einsetzt zu beurteilen verbietet sich. Er sollte jedoch vielleicht verschiedene "Standardwerke" und ihre jeweiligen Vor-, bzw. Nachteile für den einzelnen Schüler kennen. |
4. | Preise: |
Anlehnend an das zuvor geschriebene ist es nur logisch, dass sich die Preise bei verschiedenen Lehrern unterscheiden. Zudem gibt es natürlich
"marktwirtschaftliche" Überlegungen und regionale Unterschiede. Musikschulen haben feste Preise, an denen man sich zunächst einmal grundsätzlich, als vermeintlich "professionelle" (da schulische Variante) orientieren kann. Als freischaffender Lehrer, der keinen "Kultstatus", hat werde ich versuchen knapp unter diesen Preisen zu liegen. Da bleibt hoffentlich noch genügend hängen und mein organisatorischer Aufwand, die Mietausgaben, meine Investitionen etc. sind ja auch geringer. Schließlich habe ich auch die Möglichkeit meine Preise zu staffeln und mich weiter von der Konkurrenz abzuheben: | |
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Zwei konkrete Beispiele: Im Großraum Stuttgart sind folgende Preise der Durchschnitt, jeweils für Einzelunterricht: | |
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Eine genaue, ausführliche Preisrecherche aller Schulen und Privatlehrer ist hier natürlich nicht möglich. Da muss jeder in seiner Region selbst die Preise einholen und vergleichen. |
Bevor man sich als Schüler festlegt, sollte mit der Lehrkraft unbedingt eine oder mehrere Probestunden vereinbart werden - ein derartiges Angebot
sollte eigentlich selbstverständlich sein. Wird dies nicht akzeptiert ist Vorsicht angeboten. Es gilt das gleiche wie beim Instrumentenkauf: wer
möchte schon die Katze im Sack erwerben - was selbstverständlich auch aus Lehrersicht zutreffen kann.
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So, nun liegt es an jedem selbst - Schüler und Lehrer - den vermeintlich optimalen und angemessenen Weg einzuschlagen und hoffentlich glücklich zu
werden.
Ich hoffe, dass Schüler einige Aspekte gefunden haben, auf was sie bei der Wahl eines Lehrers achten können, was sie ihn fragen sollten. Der ein
oder andere Lehrer findet vielleicht ein paar Anregungen, sein Unterrichtskonzept zu überdenken oder auszuweiten.
Ach ja:
ich habe selbst lange Zeit Unterricht bei verschiedenen Lehrern genossen und später viele Jahre unterrichtet. Seit Ende meines Studiums (ich bin
letztendlich "normaler" Lehrer geworden) habe ich weder Lust noch Zeit mir feste Schlagzeugschüler "anzutun". Benötigt jemand
mal Hilfe, gibt´s (wenn ich Zeit und Lust habe) eine Stunde kostenlos - das sollte dann eine Weile zum selbstständigen Weiterüben ausreichen.
So, fertig - habe ich Grundlegendes vergessen, bitte posten
Edit: Ergänzung der Ausführung zum Studium von Schlagzeuglehrern - konnte zu abwertend aufgefasst werden
viele Grüße