Wie akademisch ist Jazz?

  • Mal in die Runde gefragt:


    Ich habe seit einiger Zeit mal wieder mit Leuten Musik gemacht, nach 7jähriger Pause, und bin dabei auf den Trichter gekommen, vielleicht doch noch mal Unterricht zu nehmen um musikalisch dazu zu lernen.


    Dabei bin ich auf eine Schule gestoßen die mir wirklich gut gefallen hat, allerdings haben die klaren Schwerpunkt auf Jazz. Vor der Musikrichtung an sich habe ich keine Angst, aber ich frage mich doch, wie arbeitsintensiv das dann wird.


    Wie viele Semilaien pflege ich gesunde Vorurteile darüber, daß Jazz viel mit Wissen zu tun hat. Solide, breit gefächerte Kenntnisse in Harmonielehre, Skalen, sauber Noten lesen und dergleichen mehr.


    Inwieweit stimmt das? Muß ich theoretisch sehr stark einsteigen um auf dieser Schiene weiter zu kommen?

    Einmal editiert, zuletzt von Eisvogel ()

  • Hi!


    1. Man kann Jazz nur richtig spielen, wenn man eine entsprechende Ausbildung mit Zertifikat bestanden hat.
    2. Man kann Jazz nur richtig spielen, wenn man ihn fühlt, verinnerlicht hat und swingt.


    Beide Aussagen stimmen in der generellen Form nicht. Es hilft aber ungemein, wenn man nachvollziehen kann was harmonisch passiert. Auch das Notenlesen ist nicht verkehrt. Es hilft bei unbekannten Stücken die Orientierung zu behalten.


    Ebenso kann man sagen, dass ein gutes Gefühl für Musik Unzulänglichkeiten in anderen Bereichen ersetzen kann. Das ist aber stark von den persönlichen Vorraussetzungen abhängig.


    Wenn Du mich fragst kannst ungemein von der Erfahrung, die Du im Jazz machst auch für andere Bereiche profitieren. An deiner Stelle würde ich das einfach ausprobieren. Gefällt es Dir nach einer bestimmten Zeit nicht mehr, oder es ist Dir zu arbeitsintensiv lässt Du es bleiben. Gelernt hast Du dann auf jeden Fall was. Dein Spiel profitiert mit Sicherheit davon, auch wenn sich der Profit nur im Detail erkennen lässt, z.B. bei einem besseren Verständnis für Feelings etc. Aber üben und hören sind die wichtigsten Vorraussetzungen um in den Jazz einzusteigen.


    Das löst Dein Problem vielleicht nicht konkret, hilft Dir aber hoffentlich trotzdem weiter.


    Gruß!

  • Gute Musik hat immer viel mit Wissen zu tun!


    Ob dieses Wissen auf akademischem Wege erlangt wurde, oder durch learning-by-doing oder bereits intuitiv vorhanden ist, ist dabei zweitrangig.


    Je mehr theoretische Kenntnisse Du erlangst, desto mehr Überblick über die Musik hast Du und umso mehr erschließen sich dir wahrscheinlich komplexere Vorgänge.


    Aber ein gesundes Grundwissen über Viertel, Achtel, Triolen und Sechzehntel, grundlegendes Blattspiel, wesentliche Schlagtechniken und die grundlegenden Grooves aus verschiedenen Stilrichtungen gehören zum kleinen Einmaleins und sollten ganz unabhängig vom Jazzschwerpunkt sowieso vermittel werden.


    Insofern sollte Dir eine Schule Deiner Wahl auf alle fälle diese Grundkenntnisse vermitteln.


    lg
    CHristian

  • Wie oft spielst du denn so in deinem schlagzeugerischen Normalalltag sagen wir....lydisch #11, oder auch mal C dorisch auf den Toms???


    ich persönlich spiele ja gern II-V-I'er in Moll oder auch mal alteriert...oder nur ganztönig, das kommt nur mit der Snare so richtig schön....


    ne mal Spazz bei Seite. Also erstmal wäre es vielleicht hilfreich zu wissen, von welcher Schule du sprichst und zweitens thematisierst du da ja Dinge, die für jeden Musiker von belang sind bzw. auch nicht.


    Es wird immer Leute geben (und gerad Drummer) die sich, auch ohne das sie theoretisch genau wissen was passiert, in die Musik einfinden können. Heist also wenn du von natur aus Songstrukturen fühlen kannst bzw. dir ein eigenes System entwickelst, diese für dich klar wahr zu nehmen dann musst du doch nicht wissen, was der Pianist und der Bassist gerade harmonisch gemacht haben und wie sie wieder zurück zur "1" der Fomr gekommen sind!?!?!?!


    Wenn du z. B. in einer Heavy Band acht Takte "fühlen" kannst, warum nicht auch in einem Standard spielenden Jazztrio? Wenn du mit besagter Heavy Band spielen kannst, ohne zu wissen was der Gitarrist da eigentlich spielt, warum solltest du es nicht auch mit der Jazzband können. Dieses elitäre solltest du knicken...Jazz ist halt in erster Linie MUSIK auf seine schönen und klaren Seiten reduziert....jedenfalls meistens :D


    Es ist meiner Meinung nach so, das "der Jazz" in seinen Urformen die Grundlage unserer modernen Musik bildet und das ist eben melodisch und vor allem auch harmonisch so, was wiederrum was mit dem bewussten Hören zu tun hat. Wenn du ein mal gelernt hast, eine Bluesform mit ihren speziefischen Eigenheiten zu hören, kannst du dich darüber eben frei entfallten. Und wenn du dich ein wenig mit Musikstrukturen, Gehörbildung und Harmonielehre (alles auch gern immer am praktischen Beispiel) auseinandersetzt, wirst du merken das auch dein Schlagzeugspiel auf einer sehr breiten Basis besser wird und davon profitiert. Wissen ist Macht und hilft dir dich im Rahmen einer jeden musikalischen Form, ob nun Jazz, Rock, Funk, Blues, Latin oder Heavy Petting zu entfalten und das zu tun was du vor hast: Schlagzeug zu spielen!


    Bei dir klingt es ein wenig wie bei den meisten Leuten die dann immer gleich an stumpfe Singeübungen und endlose Qualen im Theorieklassenzimmer denken, bzw. davon reden. Aber gerad als ambitionierter Laie kann man sich sowas ja klemmen und die Sache auf ein nötiges Mindesmaß reduzieren. Denn wenn du dich mit den Grundlagen auskennst, wirst du schnell merken das dein Musizieren elementar besser wird.


    Kurzum: ich persönlich kann nur jeden Musiker empfehlen, sich auch ein wenig Theorie (und wenn man nicht so viel Zeit hat, eben nur das "Nötigste") anzueignen. Es sollte auch gerad uns Schlagzeuger in unserem grundsätzlichen tun, nämlich dem führen einer Band Hilfe und Stütze sein!



    Und dabei sollte es völlig egal sein, welche Musikrichtung du machst. Es ist nur häufig so, das man als Pop/Rock Drummer damit nicht so "belästigt" wird, da diese Stile vermeindlich einfacher zu "fühlen" sind, was aber auch quatsch ist und nur daran liegt, das einem das Zeug permanent um die Ohren geblasen wird bzw. durch Gesangsparts die Sache ohnehin in eine nachvollziehbare Form gebracht wird. Wenn du einfach oft Jazz (-standards) hörst, wirst du dazu auch ein natürliches Feeling entwickeln.



    Grundsätlich solltest du dich aber auch fragen, was du am Instrument lernen möchtest und was du eigentlich so den lieben langen Tag damit anfängst. Wenn du nämlich eigentlich fast nie in die Verlegenheit geräst, Jazz im Trio,Quartett oder sonst wo zu spielen, warum dann auf eine spezielle Jazzschule gehen? Loote doch das erstmal aus, denn wenn du sagen wir in einer Top 40 Band spielst, sind für dich doch ganz andere Dinge wichtig?!?!


    Mal so als Denkanstoss....




    Grüsse,




    Da Beat

    Lässig kommt von Lassen. Klingt komisch - ist aber so!

  • Unterricht bei einem qualifizierten Lehrer ist immer von Vorteil, denn irgendwas bleibt immer hängen. Und wenn dich jemand mit Material zum Üben bombardiert, obwohl du nur ein bisschen zum Spaß lernen willst, dann hast du entweder ein Problem mit zwischenmenschlicher Kommunikation oder dein Lehrer hat seine Aufgabe nicht verstanden.


    Zur Frage wie akademisch Jazz ist: dem Jazz ist es herzlich egal, ob du ihn studiert hast oder aus Spaß auf ihn gestoßen bist. Wenn du ihn "fühlst", dann spielst du ihn und dabei ist es egal, wie versiert du technisch bist. Logischerweise kannst du aber kreativer und lockerer spielen wenn du das, was du auf die Trommel bringen willst, technisch im Halbschlaf kannst.

    i was told by an irishman who also explained (from "personal experience") that if you ever blow up a bridge using a car filled with fertilizer, make sure you're on the side of the river where your house is.

  • Jazz ist überhaupt nicht akademisch, und man muss auch nicht übermäßig intelligent sein, um ihn zu verstehen.
    Man kann schon mit relativ einfachen Mitteln Jazz spielen.
    Du musst nicht die abgefahrensten Verschiebeberger oder verrückte Koordinationsübungen spielen können.
    Gelegentlich spiele ich nur Viertel auf dem Ridebecken, was in vielen Situationen völlig ausreichend ist.


    Viel wichtiger ist es, ein gutes Formgefühl zu entwickeln und hören zu können.
    Ein Gehör für musikalische Strukturen ist wertvoller, als ein Stück analysieren zu können.
    Kauf dir CDs und höre dir viel an.
    Noch besser: Geh auf Konzerte und schau dir Jazzbands an.
    Wichtig ist, dass du, sobald du dich mit Jazz befasst, diese Musik mit Menschen spielst. Such dir eine Jazz-Band. Oder gehe auf die Sessions und spiele dort. Da lernst du am meisten!

  • viele große musiker waren autodidakten.


    zb. mussorgsky, oder auch viele blues-swing schlagzeuger/musiker die nun lange tot sind.

    life is a bitch and then you die.

    Einmal editiert, zuletzt von luftzug ()

  • Zitat

    Original von Beat*L*
    Wie oft spielst du denn so in deinem schlagzeugerischen Normalalltag sagen wir....lydisch #11, oder auch mal C dorisch auf den Toms???


    lydisch kreuz elf ganz selten, gibts nämlich so nicht da in lydisch bereits die übermässige quarte enthalten ist. die nochmal erhöht gäbe dann die reine quint, die ist aber auch schon drin. lydisch#5 gibts aber. genauso wie mixolydisch#11. ;)


    man braucht keine akademische bildung um musik zu machen, wissen ist allerdings auch hier macht.

  • Der moderne Jazz ist im Vergleich zur breiten Pop/Rock Masse sicherlich "akademisch".
    Allein schon von den Harmoniefolgen, der Freiheit der Musiker und den Formen.
    Das heißt ja aber nicht dass er nicht zu lernen ist.
    Man muss abr beim Jazz doch sehr intelligent spielen um gut zu klingen.
    Gerade weil man viel Freiheit hat muss man sich immer darüber bewusst sein was man spielt und warum. Das schwierige beim Jazz ist sicherlich nicht möglichst kompliziert zu spielen sondern viel mehr möglichst einfach zu spielen und zu wissen wann es der Musik an kompizierten Verschiebern oder Figuren bedarf.
    Um dies einschätzen zu können muss man sich doch relativ viel mit Jazz auseinander setzen und wenn den Jazz richtig gut verstehen möchte, sollte man auch Harmoniefolgen hören und mitlesen können.
    Man kann sich das alles natürlich selber beibringen nur es bedarf viel Fleiß um richtig in den Jazz reinzukommen.
    Aber es lohnt sich!

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  • Zitat

    Original von renttuk
    jazz ist die musik, bei der du genau der musiker im moment des spielens sein kannst und darfst, der du sein möchtest und bei der der du all das in die musik einbringen darfst, was in dir drin ist. diese freiheit gibts bei vielen anderen genres nicht.


    insofern ist jazz schon einigermaßen intellektuell: die beschäftigung mit sich selbst, dem instrument (dessen klang, position in der musik, ...) und den mitmusikern und der musik an sich ist schon eine geistig intensive. jazzmusik ensteht imho nicht grundsätzlich aus der idee heraus, etwas überbordend intellektuelles zu schaffen. das wird aber meistens so dargestellt.


    Das hast Du zwar schön gesagt, aber ich behaupte mal, man kann das Wort "Jazz" in Deiner Aussage (mindestens im ersten Teil) durch jedes beliebige Genre ersetzen. ;)


    Es liegt allein an Dir, ob Du mit Herz, Hirn und Seele spielst oder einfach tumbe Stereotypen runterbretterst, nicht am Genre.


    Gruß
    Alex

    "Ich verlor bisher Filze, Sticks und einen Bassisten. Weiß der Geier was man damit will."
    Barumo, 2008

  • jazz ist nicht so einfach zu definieren. jazz ist ziemlich ganz schön alt und hat viele gesichter. letztendlich kommt alles vom blues.


    wens interessiert der kann hier was darüber erfahren.
    und wem das nicht gefällt, der kann den ganzen rotz sogar editieren und seinen klugen schiss dazu ablassen. :)

    Satellite of Love

  • Zitat

    ...aber ich frage mich doch, wie arbeitsintensiv das dann wird...


    Jazz an den Drums bedeutet Arbeit, Beschäftigung mit und Entwicklung der eigenen Technik, Koordination, Unabhängigkeit, usw., keine Frage, da geht wohl kein Weg dran vorbei.


    Ein guter Einstieg könnte zum Beispiel auch das sein:


    Jim Chapin, ADVANCED TECHNIQUES FOR THE MODERN DRUMMER


    ...bin leider immer noch bei den ersten Abschnitten...

  • oh nee, Bin Laden bedroht Europa und Seppel beruft sich auf Wikipedia !
    Wie weit sind wir nur gekommen !


    Jazz ist alles was kreativ und nicht Mainstream ist !

    my generation (the who, 1965) hat für mich eine ganz andere dimension erhalten, seit harald schmidt (2005) das statement "wer die alten nicht mag, der soll sich jung aufhängen" von sich gegeben hat ! ;--)

    2 Mal editiert, zuletzt von cookie ()

  • andy,


    o.k. dann eben Musikstudenten, die sich "selbstdarstellen wollen" (das kann ich und du nicht) !
    Das isses aber nicht :D , wie ich inzwischen weis !

    my generation (the who, 1965) hat für mich eine ganz andere dimension erhalten, seit harald schmidt (2005) das statement "wer die alten nicht mag, der soll sich jung aufhängen" von sich gegeben hat ! ;--)

  • ich möchte gerne Jazz spielen, aber die entsprechenden "Zupfhanserln" lassen sich nicht so leicht finden in meinem Alter ? ?(

    my generation (the who, 1965) hat für mich eine ganz andere dimension erhalten, seit harald schmidt (2005) das statement "wer die alten nicht mag, der soll sich jung aufhängen" von sich gegeben hat ! ;--)

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