Leblose Live-Konzerte der ganz Großen

  • ???


    - Ich weiß und wußte, wer Zakk ist.
    - Die Vermutung, daß man bei einer Tour etwas vom aktuellen Album zu hören bekommt ist nicht vollkommen aus der Luft gegriffen.
    - Die zulässige Promillegrenze für Spieler an der Axt war auch unter Berücksichtigung aller entlastenden Faktoren bei weitem überschritten.


    KerndriftDrums: Nein, ich und meine Kollegin waren bei weitem nicht alleine mit unserer Meinung, denn als wir raus kamen, war vor dem Laden schon eine sehr große Menschentraube (die meisten in stilechtem Metal-Outfit). Viele der Versammelten waren mächtig sauer -wahrscheinlich alles Weicheier. Im Nachhinein erfuhr ich von einem Bekannten aus einem ortsansässigen Musikladen, mit dem ich über das Konzert sprach, daß Zakk bereits nachmittags out of control war.


    so long
    fwdrums

    nontoxic: kurze lange CD-Pause

  • Na dann ist gut...ich dachte das war nur deine persönlich Einschätzung von diesem Konzert, dann scheints wohl wirklich schlecht gewesen zu sein.
    Schlimm wirds auch dann, wenn diejenigen auf der Bühne nicht mehr zu anständigem Spielen auf ihrem Instrument fähig sind. Naja Weicheier hin oder her...ich mag am liebsten mein Ei weich zum Frühstück, die harten sind mir zu trocken


    Okay: Dann mal was zum Thema:


    Jethro Tull vor 3?!?! Jahren in Bremerhaven in der Stadthalle....sehr langweiliges Konzert, ein total unmotiviertes Team um den am meisten unmotivierten Ian Anderson

  • Also ich bin ja Wir Sind Helden Fan der ersten Stunde, jaja, trotz der Liebe meines Lebens dem psychedelicprogressiv70vollgedröhntrocks, zwäng ich die auch unter meine Lieblingsbands.


    2003 haben sie mal in Wien in der Szene gespielt, eines ihrer ersten Wien Konzerte -- geniale Stimmung, wenig Leute..


    2005 Arena Wien: gewinn ich 2 Karten per österreichischem MusikSender GoTV, Wahnsinnskonzert, unglaublich familiäre Stimmung, einfach der Hammer, man rockt ab, befreundet sich mit Leuten die man beim CrowdSurfen gerettet hat, bekommt ein Bier spendiert, herrlich


    ein Jahr darauf, mit dem (damals) neuen Album "Von Hier An Blind" im Wiener Gasometer, statt der damals 500 Leuten in der Arena spielen sie nun vor ungefähr dem 10 fachen -- wenig Stimmung, fades Konzert, jegliche Abrockversuche scheitern, dafür war die Vorband Madsen genial! Iron Maiden angespielt 8)


    Ich glaub, dass bei mir einfach das Ego mitgespielt hat, grad war man noch so familiär mit Wir Sind Helden, trifft sie vor dem Arena Konzert und quatscht mit ihnen, dann steht man plötzlich statt in der abgefuckten Arena in der modernen BA-CA Halle im Gasometer mit 13 - jährigem Christina Stürmer Publikum(jetzt lassen die Eltern sie ja endlich auf ein Wir Sind Helden Konzert, da das vorige ja in der böösen Arena war). Da denkt man sich schon, was macht ihr hier? Ich hab sie zuerst entdeckt, ihr zerstört mein Konzert!!


    Was lernt man daraus? Ego zurückschrauben und nicht ins Gasometer gehn..


    cheers la weers meine lieben, alp

    keep on rockin' in a free world

  • Ich denke, man sollte hier etwas differenzieren.
    Zunächst ist für mich ein Superstar, nicht jemand der gerade mal von ein paar Leuten gekannt wird, sondern über längere Zeit und größere Gebiete Fans hat und größere Hallen oder sogar Stadien füllt. Diese Leute machen das dann vielleicht auch schon zum Tausendsten Mal seit nicht nur 10, sondern 20 und mehr Jahren.


    In dieser Zeit kann auch jeder mal, wie auch im Alltagsleben, mal schlechter drauf sein. Machen Fußballer jedes Wochenende. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, nicht zu wissen, wo man gerade ist, da die STARS aber oftmals außer Hotel und Halle nichts zu sehen bekommen, fällt bei einer längeren Tour das auseinanderhalten vielleicht auch mal schwerer. Da man von einem Superstar einiges erwartet, die Leute heute sehr viel mehr Eintritt-Geld bezahlen als früher und Viele wirklich eine SHOW (!) erwarten, werden Abläufe minutiös geplant und einstudiert. Dies verhindert zwar supertolle, spontane Erlebnisse - sorgt aber andererseits für ein gewisses Niveau und nicht den Wechsel zwischen einem Wahnsinns-Konzert und einem totallen Reinfall. Ich habe DIO in den 80 ern mit Riesen-Bühnenaufbau und in 2000 in kleiner Halle erlebt. Letzteres war für mich viel toller, Andere hätten lieber die bewegliche Drachen auf der Bühne gesehen, mit Feuer, Rauch und Bomben...


    Ich wäre natürlich verärgert, wenn mein Superstar genau bei meinem Konzert-Besuch nicht so gut drauf wäre - aber es ist durchaus menschlich. Vor allem weiß ich aus eigener Erfahrung auch heute, wie es ist in eine dunkle Masse aus Tausenden Leuten zu schauen - NIX. Ich habe praktisch nie etwas gesehen. Für den Sänger am Bühnenrand mag es besser sein, andererseits wird der auch noch mehr geblendet! Man sollte natürlich auch vorher vielleicht ein bisschen etwas vom Künstler wissen. Wenn ich zu einem Arschloch gehe, kann ich nicht erwarten, dass es an diesem Abend freundlich ist.


    Grundsätzlich muss man auch berücksichtigen welche Sichtweise man hat. Als kleiner Bub war ein Konzert für mich wie Weihnachten: großes Ereigniss, alles drumherum aufregend, den Star persönlich zu erleben, zu berühren, ein Autogramm zu erhalten - fast wie bei Mädels und Tokyotel. Je mehr ich selbst live spielte, desto mehr ließ die Sache nach. Mittlerweile (Aufgrund der langen Pause) wirken manche Konzerte schon wieder beeindruckender, vor allem wenn sie spielerisch toll sind - doch irgendwelches Posing oder evtl. ein "Kennenlernen" interessieren mich überhaupt nicht mehr.


    Zakk Wylde, egal ob man ihn und sein Verhalten mag oder nicht, hat nix anderes gemacht, als das was vor ihm Hunderte oder auch Tausende anderer seit zig Jahren machen. Und laut FW-drums war das doch dannn eigentlich echte Kommunikation mit dem Publlikum...
    Selbst ECHT forderten vor Jahren schon Tausende von Leuten auf, doch mal das F-Wort (in deutsch "ficken";) zu sagen und alle stimmten leicht verschämt, aber überglücklich abgezählt ein - auch die älteren Besucher dieses PUR-Festivals...


    Welche Band übt denn nicht, dass der Sänger professionelle Ansagen machen soll, begeistert wirken soll, auch wenn das Publikum nicht mitmacht? Man übt, was im Falle einer Panne passieren soll, u.s.w. Wer das nicht macht, wirkt in diese Fällen dann wie ein Amateur und wird mitleidig belächelt. Da ruft einer zu einem eher zurückhaltendes Publikum "This is the best audience, we have ever had" und alle glauben es ihm, denn sie wollen es ja eigentlich hören.


    Gestern abend (an anderer Stelle mehr) URIAH HEEP im Colossaal - gan sicher eine SUPERGROUP der 70 er. Ganz viele ALTE (über 50), z.T. ohne jegliche Konzert-Erfahrung. Und die Heeps erlauben es sich erst mal eine halbe Stunde, für die Masse der Zuschauer völlig unbekannte, neue Songs zu spielen. Die Reaktionen waren entsprechend. Hätte der Sänger jetzt brüllen sollen: Ihr seid aber mies drauf? NÖ- er freute sich über jeden Klatscher und 70 Minuten später, als ein HIT nach dem anderen lief, tobten die Rentner. Die Jungs machen ca. 100 Gigs im Jahr (davon leben sie heute) und Spaß haben sie immer
    noch - das merkt man. Und sie reagieren tatsächlich auf Zurufe - auch wenn Sie nicht Wunschkonzert spielen.


    Wie soll denn bei einem Groß-Konzert der intime Austausch stattfinden? Die Menschen schauen aus großer Entfernung auf eine Leinwand und die Künstler in gleisendes Licht. Würde es da am Zuschauergraben zu Kontakten kommen, keiner würde es mitbekommen.


    Und dennoch kann man, wenn es die Räumlichkeiten zulassen, auch bei Superstars und großen Konzerten mal Ausnahmen erleben: Als 1980 David Coverdale mit Whitesnake einen 6 jährigen Air-Guitarspieler auf die Bühne holte oder er mein Feuerzeug in Form eines Mikrofones sah und es der Halle verkündete. Bei den heutigen Scheinwerfern hätte er vielleciht auch keine CHance mehr das zu sehen.


    Für mich selbst hatte ich schon in den 80 ern die Konsequenz gezogen, nie wieder auf ein Festival zu gehen. In den 90ern habe ich es dann nochmal gewagt und wurde meist enttäuscht, wenn mehr als 20.000 Leute kamen. Nächstes Jahr werde ich doch mal nach Balingen fahren - aber ABGEKLÄRT und mit viel Coolness- ohne zuviel zu erwarten. Und von SUPERSTARS hole ich mir lieber die DVD! Ich will die Falten im Gesicht erkennen können - das geht n ur im Club oder am TV.

  • Meine Erfahrung bei Konzerten:
    Je länger die Band/Künstler im Geschäft ist, je teurer die Eintrittskarten, je größer die Location - desto perfekter (aber auch aalglatter, langweiliger, voraussehbarer) die Performance. Und zwar unabhängig davon, ob es sich um Metal, Pop oder Liedermacher handelt.
    Meine Konsequenzen:
    Konzertbesuch nie mehr in großen Stadien (da kann man sich ja besser ein Bild des Frontmannes/Frau auf den Daumennagel malen und zu Hause abrocken (wenn ich die Akteure nur auf Videowänden klar erkennen kann, kann ich viel besser zu Hause bei einem wesentlich preiswerteren Bier sitzen und mir ein Video der Band reinziehen)) - manchmal denke ich mir dann, es könnte ebenso ein Double auf der Bühne stehen, ich würde es wahrscheinlich nicht merken, und die Musik ist heute (bei großen Events) auch oft schon Halb-Playback - denn keiner der ganz "Großen"(ist natürlich reine, persönliche Interpretationssache, wer dazu gehört - Tokiohotel etwa auch?) kann es sich heute leisten, zuviele stimmungsabhängige Fehler auf der Bühne zu machen.
    In kleineren Clubs, bei unbekannteren Bands bekommt man viel mehr das Können, den Spielspaß und die Power einer Band zu spüren, das Live Erlebnis ist viel intensiver. Und die Eintritts und Getränkepreise bei weitem niedriger.
    Was immer das Live Erlebnis ausmacht, wenn ich mich anpissen oder anrotzen und beschimpfen lassen (und dafür auch ordentlich bezahlen) will, kann ich besser in einen SM-Club gehen, da macht es dann wenigstens eine hübsche Frau und kein besoffener Sänger - Unflätigkeiten auf der Bühne haben für mich sowieso nichts mit Rock`n Roll zu tun - pöbeln kann jeder.
    Spielfreude und Power rüberzubringen und mit dem Publikum abzufeiern, das ist echter Rock`n Roll!

  • Zitat

    Meine Konsequenzen:
    Konzertbesuch nie mehr in großen Stadien


    Witzig, ähnlich sehe ich es seit vielen Jahren. Ich freue mich sogar etwas, wenn die ganz großen absteigen... und dann Jahre nach ihrem Zenit wieder in kleineren Locations spielen. Da ist für mich dann wieder eher Value for Money angesagt und abgesehen vom monetären Gegenwert auch die Atmosphäre schöner. Ganz abgesehen davon dass die wirklich großen Locations oftmals auch viele Unannehmlichkeiten mit sich bringen (mieser Sound, ewiges Gedränge, schlechte Sicht, Lieblingsmusiker so groß wie eine Briefmarke etc. etc.)

  • Ich geh seit einigen Jahren mangels Gelegenheit ( nach Taiwan kamen nur Popsternchen, das interessierte mich nicht) nicht mehr auf Konzerte, aber als ich noch ging, wird mir als schlechtes Konzert ewig in Erinnerung bleiben:
    Joe Cocker '88 in Dresden
    -> Sound war scheisse, Onkel Joe war imho zu, Interaktion mit Publikum null, fuer viele war es dennoch die Erfuellung eines Traums


    "Godfather" James "Sexmachine" Brown '87 (?) in Berlin-Weissensee
    -> Sound war excellent, die Band klasse, Maestro kam eine halbe Stunde spaeter als die Band auf die Buehne, um dann die Stimme vergessen zu haben. Das einzige Konzert bei dem ich vorm Ende gegangen bin.


    Bob Geldof '91 in Leipzig
    -> aeusserst mueder Auftritt im Rahmen eines BAP-Konzertes, die davorspielenden Fury in the Slaughterhouse und auch Dave Stewart (ohne Annie) waren viel beeindruckender als dann Geldof oder BAP


    Da gibts aber auch Gegenbeispiele, zB Die Aerzte (2000 in Dresden, 3 Stunden Spass-Show trotz tw. Regen), Pink Floyd (bombastisch, hab ich 5mal '96 gesehen) oder auch der Auftritt Marillions '87 in Berlin mit einem durch seine Aura die Buehne ausfuellendem Fish.

  • Mann dann habe ich ja immer Glück gehabt mit meinen Konzerten.


    1993 Tina Turner Frankfurt Festhalle: Sie erkältet bis zum umfallen aber Gesungen, bis KEIN Ton mehr aus ihrer Stimme zu pressen war. Trockener Komtar von ihr: Ich werde Morgen in Köln wohl nicht singen können, verleg mal bitte jemand das Konzert auf Übermorgen.


    1995 Meat Loaf Frankfurter Festhalle: 3 Stunden super Konzert, mit Interaktion des Publikums - einzig Gesanglich hat er sich gegenüber den Studioaufnahmen hier und da zurückgehalten.


    2007 Aerosmith Open Air Hessentag Butzbach: 1 1/2 Stundekonzert erster Güte vom Sänger - der Rest der Band wirkte etwas lustlos. Aber Steve hat Joe Perry immer wieder gefordert und angetrieben, lustig zu beobachten.



    Ich gehe aber definitiv auch lieber auf kleinere Konzerte. Und ansonsten sehe ich es wie viele: Musik ist eine Dienstleistung und ich möchte 100% bekommen, da ich 100% bezahlt habe.

    Grüße,


    De' Maddin Set
    ________________________________


    Dängdäng-Dängdäng-Dängdäng
    Bababababaaa-baba - Brack........Meet you all the way....dadadab...usw.

    Einmal editiert, zuletzt von De' Maddin ()

  • musste/durfte genesis dreimal auf open-air-konzerten (ende der siebziger) ertragen/erleben ... dreimal haargenau die gleichen flachen collins-gags, die gleiche setliste und die gleiche langeweile.


    leb- beziehungsweise lustlos war herr zappa bei seinem abbruch in köln '78 und zuvor in saarbrücken offensichtlich auch ... aber ihm verzeiht man das.


    ;)

  • Nachdem ich diesen Fred gestartet habe, muss ich in der Richtung auch mal was positives melden. Vor Kurzem hat "Manfred Manns Earth Band" in Nürnberg im Hirsch (Grössenordnung 800 Personen) gespielt.
    Nach längerer Zeit endlich mal wieder ein super Konzert. Absolutes Live-Feeling,
    super Stimmung und höchstmotivierte Musiker, die auch ihre Späßchen mit dem Publikum durchgezogen haben.
    Ob die Späßchen einstudiert waren oder nicht ist mir egal.....solange ich das nicht merke :D Es kam aber alles sehr spontan rüber.


    Willkommener Schlußgag: Als Zugabe "Smoke on the Water" gespielt :)


    Vielleicht kommt hier zum Tragen, das die Earth Band mal zu den ganz Großen gehört hat und jetzt ein paar Klassen tiefer ansetzen muß. Das scheint der Musik gut zu tun.

    PG - Wenn nur die besten Vögel singen würden, wär es verdammt still im Wald.

  • Ich wundere mich ein bisschen, dass hier die digitalisierten Shows nicht diskutiert werden. Die großen Acts - jedenfalls die meisten - können doch alle nicht mehr frei spielen, weil sie sich genau nach dem Computer richten müssen. Alles über In-Ear-Monitoring und dann mal schön auf digitales Kommando loslegen, damit alles nach Plan läuft... Da wird jede Ansage genau geübt und getimed, damit der Ablauf nicht durcheinanderkommt. Aber man ist ja auch heute kein Musiker mehr sondern Dienstleister... Deswegen gehe ich auch fast nur noch zu kleinen regionalen Bands in Clubs, mal ganz abgesehen von den Eintrittspreisen.


    Ich gehe übrigens auch davon aus, dass ein Künstler das Recht hat, seine Kunst so rüberzubringen, wie es ihm beliebt. Ich habe Van Morrison auch schon auf der Bühne seine Musiker zusammenscheißen sehen (immerhin: nicht digitalisiert und ungeübt) und dennoch war es ein geniales Konzert, obwohl der Herr schlecht gelaunt war ... Soll jemand wie Bob Dylan, der es schafft, jedes Konzert anders zu spielen und immer neue Arrangements zu setzen, etwa "Hallo Dingenskirchen, I love you!" sagen? Solche Leute liefern Kunst ab und keine Fresshäppchen. Velleicht bisschen mehr auf die Musik konzentrieren als auf Neil Youngs Gesäß?

    "Most drummers are crazy, aren't they ? They don't all start off crazy, but they end up that way." ;( Charlie Watts

  • Was erwartet man ? Musik ist ein reines Geschäft geworden, was demzufolge auch denselben Mechanismen unterworfen ist. Je "größer" der Künstler, desto größer das Geschäft. Konzerte bilden da keinerlei Ausnahme, sondern sind eigentlich nur das komprimierte Extrakt dessen, was ohnehin abläuft:


    Ein herkömmliches Konzert ist ein von Anfang bis Ende durchgestyltes Event, bei dem jedweder Fill, Joke oder Gitarrensolo exakt so gespielt wird, wie hundert Male zuvor auch. Ein Konzert ist keine Musik, ein Konzert ist eine Show. Warum ? Gerade um dem Zuschauer eine Garantie für sein ach so bitter erspartes Geld zu geben, gerade weil der geneigte Zuschauer das haben will, wofür er bezahlt hat. Keiner will einen Abend voller Unwägbarkeiten, ein jeder will das berechenbare Event, das Ereignis, den Kick. Dafür haben wir bezahlt und das wollen wir dann auch, bitteschön. Musik im eigentlichen Sinne ist da eher hinderlich, weil nicht steuerbar, nur eine Show liefert Bewährtes, ist die Nummer "Sicher".


    Soweit so gut, alles fabelhaft, aber alles hat nunmal seinen Preis, der Belzebub treibt zwar den Teufel zuweilen in die Flucht, aber auch er hat seinen Pferdefuß: Auch der geilste Song fängt halt an, den erotischen Charme einer verspäteten Steuererklärung zu entwickeln und den Brechreiz zu stimulieren, wenn man ihn das 1768te mal spielt. Und da bedarf es eben auch keinerlei böser Absicht der Musiker: die Dimensionen und absolute Anzahl der Auftritte, gerade bei den "ganz Großen", sind derart immens, dass Abnutzungserscheinungen nunmal derart folgerichtig sind, das man sich fragt, warum sie eigentlich nicht noch öfters passieren.


    Sicher, sie alle verdienen ihre Kohle damit und das nicht zu knapp (auch wenn Konzerte nun sehr wahrscheinlich die kleinsten Einnahmequellen sein dürften, jedenfalls bei aufwendiger Bühneshow). Aber nicht alles ist eben mit Kohle zu kaufen, insbesondere eben nicht Stimmung, gute Laune und schon gar nicht Inspiration und Feeling: Musen sind keine Huren.


    Eigentlich weiß man das ja auch; eigentlich weiß man um das Risiko dieser berechenbaren Routine, die da heißt Langweile. Oder erwartet jemand ernsthaft, dass ein Frontman sich extra für dieses tolle Publikum in Klagenfurt oder Pirmasens diesen wirklich einmaligen Witz spontan aus den Rippen schwitzt (man mag rechnen, bei ca. 250 Konzerten auf so einer WeltTour: naja, wenns mit der Musik irgendwann nicht mehr reicht, kann der Mann ja immerhin noch Komiker werden) ? Erwartet jemand ernsthaft, dass der Gitarrist gerade jetzt in diesem Moment - und ey, eigentlich das allererste Mal, oder ? - so richtig den Schmerz im Song fühlt, den seine Axt aufheulen läßt ?


    Die Antwort ist noch erschreckender als die Frage: Ja, man erwartet das tatsächlich --- und ist ernsthaft persönlich enttäuscht, wenns ausbleibt. Menschen sind so. Menschen wollen Einmaligkeit. Es ist halt schwer zu glauben, dass das, was man selbst als einmalig empfindet, in diesem Fall Musik, ins Große quantifiziert so durchschnittlich wird wie Regen, Durchfall oder eine 6 in Mathe.


    In diesem Sinne: Wenn so ein Konzert in die Hose geht, okay, schön ist es nicht, aber tröstlich, fast wie Todesanzeigen: warum soll es andern - "großen" Künstlern - anders gehen als uns. Nur weil wir ihm Geld zahlen ? Der Clown tanzt für uns, wenn wir meinen, er soll dabei auch noch lachen und das auf unser Kommando und zwar immer, überschätzen wir - glaube ich - einfach die Wirkung von Geld.


    See

    "Pommes/currywurst hat einfach seine eigenen Gesetze."
    (c) by frint / 2008


    "Es macht so viel Spaß, ein Mann zu sein, das können sich Frauen gar nicht
    vorstellen!" (c) by Lippe / 2006

    3 Mal editiert, zuletzt von Seelanne ()

  • denke auch daß das die realistische Sicht auf den Konzertbetrieb ist, wie seelanne ihn beschreibt.


    Aber genau da setzt auch mein vollstes Unverständnis ein - mich hat noch nie interessiert, ob Musiker auf der Bühne das gleiche spielen können wie auf der Platte, schon gar nicht, ob das dann auch genauso klingt.


    Wenn ich Geld ausgebe für ein Konzert, dann will ich hören, was die Musiker an diesem Abend machen und nicht, was die vor Wochen/Monaten im Studio gespielt haben - dann kann ich mir ja gleich die CD anhören.


    Außerdem gehen da unsere Meinungen extrem auseinander, ich brauch keine Musik, die der Show bedarf - mir reicht die Musik, Show nervt mich heftigst.
    ...wahrscheinlich ein Grund, warum ich kleine Jazz-Konzerte bevorzuge, zumal in diesem Bereich nicht selten zuerst die Tour kommt und wenn das Material aus allen Blickwinkeln "durchleuchtet" ist, dann kommt eventuell noch eine CD mit dieser Musik.

    ..."meine" Musik: Jazz (Big Band bis Free), brasil. Musik, Avantgarde, hin+wieder Klassik ->am Drumset, an den Percussions, am Schlagwerk

  • Ich wollte auch mal meinen senf dazugeben also ich finde es gibt eigentlich viele bands die noch spontan (z.B. die Ärzte) sind jedoch verlieren die großen bands nach und nach an elan. Ich war bei rock im park dieses Jahr und hab da viele bands gehört die eigentlich ein hohen Popularitätsstaus haben und echt nix drauf hatten (z.B. 309 seconds to mars) der sänger ist die meiste zeit nur rumschlawänzelt und hat gesagt er liebst uns alle und wie toll wir sind so ein scheiß eine Woche später war bei uns in der Gegend so ein kleines Konzert und was soll ich sagen da waren einige dabei die bei den großen mithalten können. (z.B the onyx warscheinlich kenn die keiner würd mich auch wundern.).


    Ok das wollte ich jetz einfach mal sagen :D

  • Zitat

    Original von seelanne
    Ein herkömmliches Konzert ist ein von Anfang bis Ende durchgestyltes Event, bei dem jedweder Fill, Joke oder Gitarrensolo exakt so gespielt wird, wie hundert Male zuvor auch. Ein Konzert ist keine Musik, ein Konzert ist eine Show.


    Das hab ich auch mehrmals erlebt, zB bei Pink Floyd 1994(?), die ich als Lightroadie (Student halt) insgesamt 5mal erleben durfte. Jedesmal ein perfektes Konzert, fuer mich persoenlich unvergesslich. Allerdings war man irgendwann mal froh, wenn man mal was nicht absolut perfektes im Sound oder Licht fand. Trotzdem fuer mich die besten Konzerte, auf denen ich bis jetzt war.


    In Sachen Spontanitaet und Spass haben geht fuer mich nix ueber Die Aerzte, auch wenn die mittlerweile ganz nah am Altsein vorbeischrammen. Mir aber egal, ich geh auch noch auf deren Tour, wenn wir in Rente sind. Es sind einfach die Helden meiner Jugend. Die Interaktion der drei mit dem Publikum finde ich unuebertroffen.


    Persoenlich am meisten beruehrt war ich jedoch von einem Peter-Maffay-Konzert 1990 im Rostocker Ostseestadion, wo er sich nach ueber 3 Stunden Konzert (Eiszeit, Du usw. wurde glaub ich bereits dreimal gespielt) dann auch zur 5. Zugabe rauskam, sich vorne an den Buehnenrand setzte und sagt: "So, jetzt hab ich Zeit." und dann noch gut 40 Minuten Akustiksession dranhaengte. Man mag zur Musik stehen wie man will, aber da spielte noch ein Mensch und keine Maschine.

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