Leblose Live-Konzerte der ganz Großen

  • Komme gerade vom Joe Cocker Konzert in Nürnberg........und war wie öfters in letzter Zeit entsetzt. Warum?


    Joe's Gesang.........perfekt
    Band......................perfekt
    Lightshow..............perfekt
    Interaktion mit dem Publikum...................Null.
    Bleibender Eindruck nach dem Konzert.....Null.


    Die einzigen Sätze ans Publikum gerichtet waren:
    I love you Nürnberg, I love you Germany. Als wenn ein Joe Cocker nicht mehr zu erzählen hätte.


    O.K. zumindest hat der Herr Cocker gewusst in welchem Land er gerade ist und sogar in welcher Stadt.


    Hab diese Beobachtung in letzter Zeit öfter gemacht (zum Beispiel mit Anastacia und Saga). Normalerweise war ich nach Live-Konzerten noch lange innerlich aufgewühlt. Heut wird alles bis zum Erbrechen durchgestyled und durchchoreographiert dass man glaubt, eine Fernsehshow gesehen zu haben.


    Das merkt man auch überdeutlich an den Zugaben. 10-20 Minuten vor der vollen Stunde wird erstmal aufgehört - um dann Zugaben bis genau exakt zur vollen Stunde geben. Danach Licht an.....sofort wird klar gemacht, dass weiteres Klatschen zu keiner weiteren Zugabe führt. Arbeitstag beendet.


    Eine Stelle war bemerkenswert.......Joe Cocker kam am Schluß eines Songs nicht mehr hoch genug mit der Stimme.......ein Fehler, der mit tosendem Beifall quittiert wurde. So nach dem Motto: Hey, da steht ja doch kein CD-Player, der singt ja wirklich. Das sagt glaub ich alles.


    Nachgeschmack des Konzerts:


    Sehr hohes Niveau, tolle Songs, perfekte Show aber ohne jegliche Spontanität und Interaktion mit dem Publikum........kurzum leblos. Wenn ich einen Videoclip will, kann ich mir auch MTV in Dolby Sourround reinziehen.


    Wenn das die Konzerte der Gegenwart sind greif ich lieber ne Schublade tiefer und schau mir z.B. Herrn Haffner an.......der zeigt m.E. sehr deutlich, wie ein interessantes Konzert aussehen kann.


    Von den Konzerten der "Superstars" hab ich erst mal genug.

    PG - Wenn nur die besten Vögel singen würden, wär es verdammt still im Wald.

  • Zitat

    Original von PG
    O.K. zumindest hat der Herr Cocker gewusst in welchem Land er gerade ist und sogar in welcher Stadt.


    Das steht ja auch immer am Bühneneingang bei solchen Touren...


    "Today is Monday
    10/08/2007


    We are in Nuernberg/Germany


    Get in Crew: 12:00


    Get in Band: 16:00


    Soundcheck: 17:00


    Entrance: 19:00


    Showtime: 20:00 - 22:00"


    :)


    Joe Cockers Band is schon cool!
    Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, daß die meisten Acts in Nürnberg nicht so doll spielen,
    da sie diesem provinziellen Städtchen einfach keine Bedeutung beimessen.


    Dan A/B-vergleich Nürnberg/Montreux durfte ich mit einigen Acts machen: John McLaughlin, Brecker Brothers, Billy Hard ... Joe hatte ich in Montreux .... HAMMER! (Auch wenn der Flügel nicht echt ist sondern nur MIDI! )


    lg
    Xian


    PS: Workshop beim Klier! Mit mir! :D


    Edit: Tippfehler... Prost!

  • Zitat

    Original von seppel
    bist du dir sicher, das du nicht bei sting warst?


    Schon, ja, oder? Läuft es da auch mittlerweile so lieblos ab?

    PG - Wenn nur die besten Vögel singen würden, wär es verdammt still im Wald.

    Einmal editiert, zuletzt von PG ()

  • Bon Jovi vorletzte Tour auch Schalke:
    Keine Interaktion. Nur gequähltes ins Publikum schauen. Keine Ansage bis auf Hello und Goodbye. Ne Stunde zu spät angefangen. Nächste Tour: Alles bestens in MUC.


    Toto gegen 2001 in Aschaffenburg. Man konnte eine bandinterne Tension [vor allem zwischen Paich und Lukather] fast spüren. So als würde man miteinander spielen müssen und sonst kein Wort miteinander reden. Dazu kack Sound und fertig war die Kiste.
    2 Jahre später in FFM alles um Klassen besser. Geht doch

  • P!NK 2007: tausche 73 euro eintritt (vvk) gegen 80min. standartprogramm... mein schlechtestes konzert seit jahren. spitzen musiker, geile strapse jedoch merkte man dass das konzert wohl mehr zur probe diente als zur unterhaltug. das große fragezeichen über p!nk´s haupt, lässt wohl darauf schließen, dass xian01 kleiner schwindelzettel gefehlt hat.... keine stimmung! und schwups war das mädel von der bühne verschwunden.

  • Das ist eine schwierige Geschichte.


    Wenn man jahrelang zig Konzerte per anno spielt, wird's zwangsläufig zur Routine. Was mich dabei persönlich schon immer störte waren Ansagen wie "Hi XXX (beliebige Stadt)" und "I love you" (wahlweise wieder mit XXX oder auch ohne.


    Etwas Unpersönlicheres als "sein" Publikum mit dem Städtemnamen anzusprechen, kann ich mir kaum vorstellen. Das ist total daneben und selbst Künstler, denen ich unterstelle, daß sie den Kopf nicht nur für den Friseur haben, bedienen sich dieser unsäglichen Formel. Das mich der oder die dann auch noch gleichzeitig liebt... Wer soll das verstehen :)


    Liebe Stars, Superstars, Megastars, die, die sich dafür halten oder noch werden: Behandlet mich einfach als das, was ich bin: ein erwaschsener Mensch. Ich habe das Ticket bezahlt und erwarte von Euch nichts weniger als Euer Bestes. Wenn Ihr mal einen schlechten Tag habt - macht nichts, den habe ich auch. Aber ich möchte, daß Ihr das Beste versucht. Erzählt mir nicht, daß Ihr mich liebt oder andere Lügen. Gebt Eure Liebe Eurer Kunst, davon habt Ihr mehr und ich auch. Das ist doch nicht so schwer, oder?


    Keith Richards hat's auf den Punkt gebracht, als er vor Abertausenden sagte:


    "It's nice to be here - it's nice to be anywhere."


    Das hat sogar Humor.


    I Love You All
    fwdrums

    nontoxic: kurze lange CD-Pause

  • meiner Meinung nach wird so eine Performance (perfekt aber leblos)
    leider von vielen, besonders von Jugendlichen, unterstützt.
    Ich komme aus dem metalbereich und da zählt schon seit jahren nicht mehr wer rockt, groovt und mit dem publikum arbeitet sondern nur noch wer ne 16-tel doublebass auf 250 bpm perfekt hinkriegt, wer das krassere image hat und die "härteste" musik macht, ich denke da bleibt nicht mehr viel platz für bands die noch für ihren song spielen und nicht 10 perfekte soli möglichst ohne zusammenhang irgendwo reinpressen müssen.

  • Bob Dylan war letztes (oder vorletztes?) Jahr in Mittelhessen. War zwar (glücklicherweise) nicht da, habe aber von denen, die da waren, nur schlechtes gehört. Der hat noch nicht mal Guten Tag gesagt, nur seine Songs runtergespielt und dann ohne Zugabe wieder runter von der Bühne. Braucht man so etwas?

  • Zitat

    Heut wird alles bis zum Erbrechen durchgestyled und durchchoreographiert dass man glaubt, eine Fernsehshow gesehen zu haben.


    Das ist in der Tat bei vielen Bands so. Es gab diese Tendenz allerdings auch schon vor 10 oder 15 Jahren... aber es wird bei vielen Bands immer schlimmer. Man nennt das öfters "Professionalisierung" - ich hasse das.


    Ganz übel ist auch, wenn spontan erscheinende Aktionen in Wahrheit gefakt werden. Also wenn Musiker so tun, als spielen sie gerade aus der Laune heraus eine (ironisierende, oder sonstwie skurril-passende) Musikphrase zwischen 2 regulären Songs an, der Sänger lacht und steigt kurz bei diesem Intermezzo mit ein. Das Publikum ist begeistert: "Man sind die spontan ´drauf und in toller Spielfreude. Die spielten sogar mal kurz Ob-La-Di, Ob-La-Da von den Beatles an".


    Erschreckend ist, wenn man dann mal bei Bootlegsammlern zu Gast ist. Und mal "schnell" in die letzten 15 Konzerte jener Band(s) an dieselbe Stelle zwischen Song 9 und Song 10 hört... und feststellt, dass genau dieselbe musikalische Phrase, mit demselben pseudo-spontanen Lachen des Sängers und seines Einstiegs erfolgt. Also selbst dieses vermeintliche Spontan-Gimmick fester Bestandteil des Tourprogramms ist. Ich hasse sowas.


    Ich persönlich mag echte Live-Spontanität mit 13197-Verspielern lieber als polierte Fake-Gimmicks oder professionelle aber emotionslose/leblose Livekonzerte. Nur ist die Frage warum sich alles so poliert entwickelt hat? Vielleicht will das Publikum auch diese Form der Professionalität? Ich weiß es wirklich nicht.


    Vielleicht sind die Ursachen aber viel profaner: das oftmals wirtschaftliche Zwänge tighteste/härteste Tourdates, massiven Anreisestreß, Schlafentzug und "beinahe-Hospitalisierung" durch die Anregungsarmut während endloslanger Tourbusreisen bedeuten und viele Musiker logischerweise nicht jeden Abend multiple Orgasmen auf der Bühne erleben, oder "himmelhochjauchzend aufspielen und 380 Prozent geben, als gäbe es kein Morgen mehr" sondern manchmal mit den Kräften haushalten oder je nach persönlicher Stimmungslage auch mal innerlich völlig frustriert, zerrissen, oder sonstwas sind, ist natürlich auch verständlich. Möglicherweise ist die oben erwähnte professionelle Hülle, der "Schutzkokon", der ganz bewußt in der Szene etabliert wurde um allzu heftige Waagschalen-Bewegungen des Niveaus (zum Beispiel ganz nach unten) weitestgehend zu reduzieren. Nämlich die weiteren Auftritte an den folgenden 27 Spieltagen in 48 Städten in 87 Ländern durchzustehen ;).

  • Ich hab vor ein paar Jahren in Utrecht Victor Bailey und Band gesehen, mit Dennis Chambers (drs), Mitchell Forman (?, keys) und Kenny Garrett (sax).
    Kenny Garrett kam wohl zu spät zum Gig (oder da ist vorher schon was anderes gelaufen...), alle anderen waren sichtlich angepisst und quittierten es Kenny damit, dass sie in seinen Soli nichts anderes taten, als gerade so den Beat zu halten.


    Von dem furiosen Spektakel, das ich erwartet hatte, war rein gar nichts zu spüren an dem Abend. Schade ums Geld.

    "If you don't feel it, don't play it." James Jamerson

  • Zitat

    Original von Guido Reichert
    Bob Dylan war letztes (oder vorletztes?) Jahr in Mittelhessen. War zwar (glücklicherweise) nicht da, habe aber von denen, die da waren, nur schlechtes gehört. Der hat noch nicht mal Guten Tag gesagt, nur seine Songs runtergespielt und dann ohne Zugabe wieder runter von der Bühne. Braucht man so etwas?


    Ob man das mag oder nicht (ich persönlich habe dazu keine Meinung) -
    aber genau dafür ist der Typ berühmt. Wenn man das vorher nicht weiss,
    kann man sich darüber sicher ärgern.


    Martin

  • Mai 2003 in Berlin, Silverchair in der Arena in Treptow, die Tour zur Diorama-Scheibe nachdem Daniel mit seiner Arthritis zu kämpfen hatte.
    Er war die ganze Zeit irgendwie angepisst, kaum Kontakt zum Publikum. Und als es dann daran ging, ein paar "ältere" Songs zu spielen, meinte er irgendwas wie "jetzt sind wir wieder alle Teenager und spielen Grunge-Musik", als ob das was Schlechtes wäre. Natürlich hat er die ganzen Sachen schon 1000 mal gespielt, natürlich gefällt ihm sein neuer Stoff besser, aber er kann doch nicht vergessen, dass sein neuer Stoff sich überhaupt nur so gut verkauft, weil die älteren Sachen bei Millionen von Leuten eingeschlagen haben, wie eine Bombe...?
    War eines der schwächsten Konzerte meines Lebens, ich hab für ein Viertel des Ticketpreises schon von Amateuren beherztere Konzerte gesehen, die wirklich mit viel Energie gespickt waren! Eine lieblose Performance ist wirklich das Blödeste, was man mir für die gesalzenen Ticketpreise servieren kann.

  • Ich glaub einfach ihr geht auf die falschen Konzerte. War vor ganz kurzem bei Sick of it all und später bei Walls of Jericho + Co. War beides brechend voll, super Stimmung und sehr viel interaktion mit dem Publikum.
    Hier hat jemand geschrieben, das es bei Metal und Co nur noch drauf ankommt, wer am schnellsten, härtesten und saubersten spielt, das ist völliger quatsch. Meiner Meinung nach kommen die Bands am besten an, die show machen, das gehört irgendwie auch dazu, sonst kann man den besten Song der Welt auch im Proberaum spielen.
    Der Unterschied zwischen den Bands die ich mir so ansehe und denen die hier genannt werden ist wohl, dass die "großen bekannten Stars" einfach zu viel Geld für sowas bekommen und das denen nix mehr gibt. Bei "underground-Größen" wird nach der Tour wider auf'm Bau oder sonstwo gearbeitet, aber da ist der Idealismus noch im Spiel...

  • Dito. Wenn ich auf solche Konzerte gehe, gehts auch immer ab. Und wie. :)
    Die Leute + Band wollen einfach ne geile Party mit Bumms feiern. Ich habe noch nie (!) ein langweiliges Metal / Hardcore konzert gesehen.
    Selbst als nur 300 Leute hier in Osnabrück bei der Hell on Earth Tour waren hat jede einzelne Band alles gegeben!
    Ähnlich bei Nine inch nails oder Incubus. Beides Bands mit einem "besonderen" Frontmann, beide ein reguläres Konzert gegeben und trotzdem war die Energie zu spüren. Bei Incubus zumindest nach den ersten zwei Songs, als die ganzen Teenies vor der Bühne verdrängt worden oder umgefallen sind. ;)
    Beides Konzerte ohne große Ansagen....aber trotzdem hat man den Musikern angesehen, dass sie voll dabei waren als der nächste Song los ging.

  • Marilyn Manson auf dem letzten Hurricane Festival. MM betritt die Bühne, sagt "Hello Germany!!", zieht eine gelangweilte Performance ab, die mich ohne die genialen Bühnenaufbauten und Effekte nicht 30min, sondern maximal 5min gehalten hätten, mir das weiter anzutun. Man behauptete hinterher, das Konzert wurde direkt nach dem letzten Song mit "Goodbye Motherf***ers" beendet.
    Von einem, der sogar in Deutschland lebt, und schon nen Tag vohrer auf dem Partnerfestival gespielt hat, hätte ich wenigstens erwartet, sich den Namen des Kaffs oder wenigstens des Festivals merken zu können, auf dem er performt.

    [color=#000000][b][size=8]Schießbude
    In meinem Herz schlagen zwei Brüste.

  • Es geht auch anders:
    Regine Velasquez, eine der besten Sängerinnen, die es momentan auf der Welt gibt
    Klick
    (kommt übrigens, wie viele der besten Musiker, aus den Philippinen), brach vor drei Jahren ihr Konzert in Frankfurt in der Mitte ab und machte "Wunschkonzert".
    Die Gäste aus dem Publikum durften sich etwas wünschen (egal was), sie sang es.
    Die komplette Band (sowas Gutes habe ich seit 10 Jahren nicht mehr live gehört), stieg nach einem halben Takt Tonart suchen sofort ein und machten einen Groove, dass die Bühne bebte.


    Ich hab' da keinen rausgehen sehen, der nicht begeistert war!


    Gruß Latin

    "...ich scheisse schon wircklich bald 22 jahr aus dem nemlichen loch, und ist doch noch nicht verissen!" (Wolfgang Amadeus Mozart)

    Einmal editiert, zuletzt von Latinboy ()

  • Könnte es bei den "großen" auch daran liegen, dass man inzwischen für ein grosses, gemischtes Publikum spielt, und versucht alles möglichst glatt zu gestalten, um allen irgendwie zu gefallen (der berühmte gemeinsame Nenner)? Ich vermute, dass die Nicht-Musiker unter den Zuhörern vielleicht auch nicht viel mehr erwarten.
    Schlüsselerlebnis war mal die NDW-Nacht auf dem ZDF vor Urzeiten: Ideal (die hatten übrigens auch nen tollen Drummer) spielten die Songs teilweise in anderen Arrangements. Kommentar meiner Bekannten: das war doch doof, die haben die Lieder ganz anders gespielt als auf Platte....

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