Hallo Leute!
nachdem ich es mir schon seit geraumer Zeit mit zunehmendem Grausen ansehe, möchte ich hier dazu mal was schreiben. Es geht um die Qualität einiger deutscher Schlagzeugmagazine.
Als 30jähriger bin ich noch mit der guten Papierlektüre aufgewachsen und mir fällt mittlerweile auf, dass die journalistische Qualität in diesen klassischen Medien sehr zu wünschen übrig lässt.
Das war möglicherweise damals auch schon so, aber mir wird langsam klar, dass einige (nicht alle!) Artikel in Magazinen wie Sticks und D+P einfach nur Füllmaterial sind, mit welchem sich offenbar überhaupt keine Mühe gegeben wird. Ein tolles Beispiel, was mir soeben der Kollege miles_smiles ins Gedächtnis gerufen hat, ist der Sticks-Bericht über die letzte PPC Drumnight in Hannover. Der dort abgedruckte Bericht wirkt wie aus Textbausteinen zusammengestoppelt und enthält keine (in Worten: KEINE) Information. Und derartige Berichte häufen sich mittlerweile: diesen Berichten mangelt es an allem, was einen journalistischen Text interessant und ansprechend macht.
Die Performance von Gelegenheitsdrummer Massimo Pacciani wird als "gefälliger Auftritt" bezeichnet, in Wirklichkeit war er eine technische wie musikalische Katastrophe. Ich finde Benny Greb absolut klasse, aber ob er ein "Künstler der Spitzenklasse" ist, weil er famos trommelt und witzig ist, möchte ich stark bezweifeln. Der restliche Text könnte gegen einen anderen dieser Art ausgetauscht werden, man müsste bloss die Namen ändern. Das ist unterste Provinzliga, wenn überhaupt.
Die Testberichte sind in der Sticks etwas besser geworden - will heissen: weniger schlecht als einige in der D+P - aber wenn ich sie mit einigen liebevoll geschriebenen, fachlich fundierten Erfahrungsberichten z.B. hier im Forum vergleiche, kommt mir das kalte Grausen! Platitüden, teilweise wörtlich übernommene Passagen aus den jeweiligen Werbetexten des betrachteten Produkts, Druckfehler, Syntaxfehler, schlechte Gliederung, komische Formulierungen, usw. Ein tolles Beispiel ist da der SQ2 Test in der D+P, wo das Fazit tatsächlich großteils aus dem Sonorwerbetext bestand. Und zwar fast wörtlich! So etwas geht nicht! Als aufgeklärter, halbwegs gebildeter Schlagzeugenthusiast fühle ich mich bei sowas glatt verarscht! Ich denke, so ein Magazin sollte sich entscheiden, ob es mehr Angst vor den Firmen oder dem kritischen Leser hat!
Obwohl ich kein Leser der drumheads bin, muss ich sagen, dass die sich eine klare Existenberechtigung erkämpft haben und zwar durch die sehr sinnvolle und konsequent gemachte Playalong-Geschichte. Ich schreibe das nicht nur, weil Andy Lindner eine Freund von mir ist und ich den Chefredakteur ganz gut kenne, sondern weil das offenbar etwas ist, wovon ein bestimmter Kreis von Drummern wirklich etwas hat. Dass die Tests die übliche Lobhudelei sind, ist wieder etwas anderes, aber es gibt immerhin ein Gegengewicht.
Letztens kursierte hier im Forum eine Besprechung, welche in der Süddeutschen Zeitung erschienen war. Es ging um die neue Manu Katche Platte und ich fragte mich da nicht zum ersten mal, warum sowas nicht in den Fachmagazinen möglich ist? Toll geschrieben, mit Bildern und Metaphern, emotional und spannend. Das wäre nämlich wirklich eine tolle Existenzberechtigung für diese Hefte.
Ich fasse zusammen:
Wer wissen will, wie es auf einem Drumevent XY sein wird, sollte hinfahren, es wird danach nämlich nicht aus den Magazinen zu erfahren sein.
Der Anfänger, der ein Schlagzeug kaufen will, wird sich nicht die Hefte kaufen, er weiss nämlich in der Regl nichts von ihrer Existenz (wie ich täglich bei meinen Schülern bestätigt sehe).
Der Fortgeschrittene wird von Tests regelmäßig in die Irre geführt, denn nur nicht mehr zu leugnender Schrott wird mit milder Kritik belegt: " trotz etwas unsauberer Verarbeitung, nicht optimalen Fellen und daraus resultierender Stimmschwierigkeiten, sollte jeder Anfänger das Teil mal antesten!"
Der Profi weiss, dass nur der persönliche Augenschein Klarheit verschafft, was soll er mit immer gleichen Soundbeschreibungen ala: "... der crispe Attacksound wird gefolgt von einem mittellangen Decay, welches in den Mitten einen ausgeprägten "Pock" aufweist und sich in mittelleiser bis schon verhalten lauterer Musik unter Umständen sehr gut durchsetzt..."
Es gibt natürlich auch HiLites: manche Tests sind aufschlussreich und gut geschrieben, manche Interviews sind schön geführt und die Veranstaltungskalender haben mich auch schon zu so mancher interessanter Performance geleitet.
Trotzdem möchte ich Euch fragen: reicht das noch, gerade in Konkurrenz zum Internet und insbesondere zu Foren wie diesem?
lieber Gruß
max