Hallo Drummer!
Nachdem ich vor ein paar Wochen das Vergnügen hatte, die hawaiianische Trommelbauerin und Edelholzspezialistin Gabriel Ashford kennen zu lernen und sie mir direkt zwei ihrer Mangosnares mitgegeben hat, möchte ich die Gelegenheit nutzen und mal einen kleinen Erfahrungsbericht zu diesen Pretiosen verfassen. Los geht’s!
Die Snares, welche ich zum Ausprobieren mitbekommen habe, stammen aus Gabriels sog. Custom-Programm ihrer Firma "Lunar Percussion" und sind die teuersten und am aufwändigsten herzustellenden Trommeln in ihrem Angebot. In einer dieser Mangoholz-Snares stecken 45 Arbeitsstunden, bei Palisander-Kesseln sind es 60! Weiterhin bietet sie sämtliche Arbeiten an, die man von professionellen Trommelbauern kennt, also Aufbau von kompletten Schlagzeugen, Graten, Folieren, usw. Weiterhin kann man bei Frau Ashford auch hochwertige Rohkessel der Firma Keller beziehen.
Besonderheiten
Da ich denke, dass sich der interessierte Drummer die wichtigen technischen Infos sowieso von http://koasnare.com/Koa.htm holt, und ich mich auch ungern in technischen Daten wie Lagenanzahl, Gratungswinkel etc. verliere, verzichte ich hier einfach mal auf so etwas. Es steht wesentlich besser und ausführlicher auf der Webseite als ich es hier beschreiben könnte, einfach deshalb, weil Gabriel über ein unglaubliches Fachwissen und Erfahrung verfügt. Nur die wichtigsten Eckdaten: die von mir gespielten Snares waren aus Mangoholz, hatten etwa die Maße 14x5,5 und 14x5,75 und waren beide mit dem Pearl Free Floating Frame ausgestattet, weil Gabriel findet, dass diese Konstruktion am wenigsten den Sound dieser unglaublich schön und perfekt verarbeiteten Kessel beeinflusst. Die 14x5,5 war mit einem Remo Ambassador coated ausgestattet, die 5,75 hatte ein Remo Rennaissance drauf.
Beide Kessel sehen aus wie aus Bernstein, was auch daran liegt, dass sie komplett lackiert sind. Wirklich sehr schön und mit extremer Liebe zum Detail gemacht! Dass im Logo neben Ebenholzintarsien und echtem Perlmutt zwei Federn ihres Aras (eine Papageienart) verarbeitet sind, setzt dem Ganzen noch mal die Krone auf! Diesen Aufwand begründet Gabriel übrigens damit, dass sie die Custom-Trommeln im Grunde für sich selbst baut. Sie möchte sie so perfekt wie möglich haben, ohne an kommerzielle Aspekte denken zu müssen. Was gerade in Anbetracht dieser handwerklichen und ästhetischen Perfektion natürlich um so mehr interessiert, ist der…
…Sound (rein subjektiv)
Der hat es wahrlich in sich! Diese Mangosnares klingen holzig! Ich habe selten so einen holzig-fetten Ton bei Snares gehört. Über den gesamten Stimmbereich erzeugen beide Trommeln, die sich ja auch nur durch die Kesseltiefe voneinander unterscheiden, einen sehr warmen „Pock“, den ich so bei anderen Snares einfach noch nie gehört habe. Der Attack klingt also nicht scharf oder aggressiv, sondern eher rund und kompakt. Das Renaissancefell führt zu einer etwas knusprigeren Note bei leisem Spiel, limitiert aber etwas den Dynamikbereich nach oben. Außerdem bekommt die Trommel dann einen etwas härteren und obertonreicheren Anschlag. Sie klingt dann zwar immer noch fantastisch, für einen eher funk-lastigen heavy Hitter wie mich ist die Standard-Kombi aus Ambassador coated und Ambassador Resonanzfell aber generell immer noch die beste Wahl.
Da ich ja kein professioneller Tester bin, der auf eventuelle Befindlichkeiten von Firmen Rücksicht nehmen muss, habe ich die Freiheit, hier auch mal ein bisschen zu vergleichen. Ich habe mir also die 14x5,5 Lunarsnare geschnappt und sie mal mit meinen eigenen Holzsnares verglichen. Dabei ist zu bemerken, dass diese Snares meine absoluten Lieblinge sind, die ich nach langer Testerei und Erfahrung als MEINE Sounds bezeichnen würde. Die Beschreibung passiert also auf einem sehr hohen, aber subjektiven Niveau. Es gibt: Sonor SQ2 mit dünnem Birkenkessel und Brady 14x5,5 Jarrah Ply. Jarrah ist eine extrem harte Holzart aus der Eukalyptus-Familie. Dazu eine Tama Artwood mit einem 14x5,75 grossen, reinen Birds Eye Maple Kessel von 1994. Bilder all dieser Trommeln gibt es in meinem zweiten Galerie Thread ( „Luddie SQ2“ http://www.drummerforum.de/for…=24411&hilight=luddie+SQ2).
Lunar und Sonor SQ2
Obwohl die Sonor Birkensnares für ihren fetten Sound bekannt sind, kann die SQ2 hier direkt einpacken. Das dunkle Lunar-Edelholz, der etwas tiefere Kessel, und möglicherweise auch die Free Floating-Bauweise erzeugen mehr Volumen, Tiefe und auch Druck als die SQ2, die an sich auch eine tolle Trommel ist, deren Dynamik im Gegensatz zur Lunar jedoch begrenzt wirkt. Der Fairness halber sollte man sich allerdings auch noch mal den Preisunterschied ins Gedächtnis rufen. Was die Ansprache angeht, hat die Sonor hier leichte Vorteile. Sie spricht etwas direkter an und der Teppichsound ist im Gesamtklang präsenter, d.h. in diesem Fall, dass Ghostnotes direkter übertragen werden und im Setspiel lauter und artikulierter wirken.
Lunar und Tama Birds Eye Maple
Die Tama schlägt sich zwar sehr wacker, muss aber gegen die Lunar doch passen. Auch hier entsteht nicht der gewaltige Ton, der die Mangosnare so einzigartig macht. Der dünne Ahornkessel der Tama ist sehr warm, hat jedoch auch viele Obertöne, die durch die Diecastreifen noch verstärkt werden. Die Mango ist eine eher trocken klingende Trommel, möglicherweise auch aufgrund der Tatsache, dass Mango nicht zu den härtesten Holzarten zählt. Von der Teppichansprache ähneln sich die beiden Trommeln, ebenso vom sehr angenehmen Spielgefühl. Aber: die Mango hat eben wesentlich mehr Rumms als die Tama.
Lunar und Brady
Jetzt wird’s spannend. Das Duell der Edelsnares! Wie schlägt sich die Lunar im Gegensatz zur Brady?
Zuerst muss ich sagen, dass die beiden Trommeln sehr unterschiedlich klingen. Gemein haben die beiden den mächtigen Holzsound, der scheinbar keine Dynamikgrenzen zu kennen scheint. Ich spiele Snares generell praktisch nie direkt in der Fellmitte an, weil ich den Deadspot dort umgehen will. Dann spiele ich in der Intensität kraftiger werdende Flams, mal mit, mal ohne Rimshot. Die Sticks halte ich dabei sehr locker, um die Fellschwingung nach dem Anschlag möglichst wenig zu beeinflussen. Dann wandere ich mit Einzelschlägen zu den Rändern, um zu hören, wie der Obertonanteil sich verändert. Das Resultat hier: über den gesamten Dynamikbereich klingen die Snares absolut klasse! Und sie können sehr laut werden, die Brady noch etwas lauter als die Lunar. Dies liegt jedoch auch daran, dass die Brady die oberen Mitten und Höhen etwas mehr hervortreten lässt.
Tests der Teppichansprache gehen bei mir so vonstatten, dass ich die Trommel zuerst mit dem Fingernagel „anspiele“, um zu hören, ab wann der Fellton vom Kesselton abgelöst wird und wie sich der Teppichsound integriert. Das Ergebnis hier: die Brady ist geringfügig weniger sensibel bei minimaler Anschlagstärke, der Teppichsound ist jedoch ab mittleren Lautstärken etwas besser integriert, wobei ich anmerken muss, dass meine Brady auch ein zu kleines Snarebed hat, weshalb mir die Firma gerade eine neue Snare baut.
Die Lunar klingt allgemein etwas mittiger als die Brady, die eine Art „Loudness“ (Anhebung der Bässe und Höhen)-Effekt hat. Die Brady klingt daher aggressiver, aber gleichzeitig extrem gut kontrollierbar und warm. Sie hat jedoch nicht den schönen „Pock“ im Anschlag wie die Lunar.
Obwohl die Snares so unterschiedlich klingen, wüsste ich nicht, für welche ich mich entscheiden sollte. Was sie von allen anderen Snares abhebt, ist ihre grenzenlose Power und Dynamik. Selbst hochgeknallt (keine von mir bevorzugte Stimmung) klingen diese Snare noch fett und voll. Andererseits sprechen sie beim kleinsten Impuls an und entwickeln einen „dicken“ Ton.
Schlusswort
Die Lunarsnares aus der Custom-Serie sind erste Sahne durch und durch. Die Verarbeitung ist unglaublich, der Sound ist es auch. Die Preise (ab 1800 Euro) sind es auch. Allerdings ist dies eine Trommel, die man nicht unter Preisgesichtspunkten bewerten kann. Hört man, dass sie knapp 2000 kostet? Nein. Hört man, dass es sich um der besten Snares handelt? Definitiv!
Dies ist natürlich kein Testbericht im üblichen Sinne, vielmehr ein bisschen Lesestoff für den interessierten Schlagzeuger. Wer sich wirklich für so eine Snare interessiert, wird Gabriel sowieso in ihrer Werkstatt besuchen, einen Haufen Snares austesten, Prototypen begutachten und sich dann vom Sound dieser Wahnsinnsteile begeistern lassen. Man sollte allerdings keine Angst vor Papageien haben.
Lieber Gruß
Max Gebhardt
Die Preise:
Hier nochmal eine etwas genauere Auschlüsselung der Preise, zum besseren Verständnis.
Der Kessel mit Inlay kostet ohne MwSt. 1230,00 Euro, mit 1432,00.
Den Free Floating Frame muss Gabriel beim regulären Händler beziehen, er kostet 400,00 Euro. Wer das FF Sytem bereits hat, kann natürlich auch nur den Shell kaufen und spart sich diese 400,00 Euro dann.
Gesamtpreis komplett ist also 1832,00 Euro.
Fragen und Kommentare sind natürlich willkommen!