Liebe Gemeinde,
gestern hatte ich das Vergnügen Tower Of Power in der Darmstädter Centralstation zu hören.
Für den eiligen Leser: Es war der Hammer.
Jetzt für die, die Zeit haben: Eine bestens gelaunte und eingespielte Band betrat die Bühne und legte los, daß man ab dem Start das Gefühl hatte, man sei in der Mitte eines prima laufenden Konzerts. Die Groovemaschine läuft ab der ersten Sekunde und zwar mit dem typischen TOP-Bandsound. Keine Band klingt auch nur annähernd so wie die Jungs aus Oakland. Der Star des Abends ist - eigentlich wie immer - die Bläserfraktion. Das ist nach wie vor das Maß der Dinge wenn's um Satzspiel, interessante Arrangements und "Funkyness" (gibt's das Wort?) geht. Hammerhart, hammerhart! Die Herren können's nicht nur im Satz, sondern auch alleine oder zu zweit. Ein besonderer Höhepunkt war ein kurzes Intermezzo mit zwei Flügelhörnern. Ganz einfach, aber unglaublich berührend. Ein Flügelhorn alleine ist schon wie warme Butter, aber zwo - das ist wie ein Brötchen von beiden Seiten mit Butter bestreichen. Genial. Die Performance war soulig-funky, mit Audience-Participation, etwas Animation, aber alles mit einem ironischen Augenzwinkern, so auch die etwas tapsigen Tanzeinlagen der Bläser. Wirklich spaßig und man hatte das Gefühl nicht nur fürs Publikum. Die instrumentalen Leistungen waren oft überragend, als da wären die Bläser (sagte ich das schon?), hier insbesondere der Lead-Tenorist Tom Politzer und der Trompeter Adolfo Acosta (Über Doc Kupka und Emilio Castillo brauchen wir kein Wort zu verlieren, oder?), der Organist Roger Smith, der groovte wie die Hölle und der Frontmann Larry Braggs, der wirklich alle Facetten besten Soulgesangs locker über die Rampe brachte und sehr intonationssicher war. Für mich schon immer der Held bei TOP ist der Mann unten im Maschinenraum: Rocco Prestia. UNGLAUBLICH. Die Maschine läuft rund über die eigenwilligsten Trommelgrooves. Alleine sein Spiel ist den Eintritt wert und Rocco trägt einen ganz wesentlichen Teil zur Unverwechselbarkeit von TOP bei. Long live Rocco - bei seinen gesundheitlichen Problemen ein ehrlicher und sehr ernst gemeinter Wunsch. Alles in allem merkt man, daß einemda rund 500 Jahre an Bühnenerfahrung gegenüber stehen.Zwar alt, aber beileibe nicht abgehangen.
Das Programm bestand größtenteils aus älterem Material, einige Stücke nach 1990 fanden dennoch Platz auf der Setlist, z. B. How Could This Happen To Me, oder als dritte Zugabe das formidable Soul With A Capital S. Das reguläre Set wurde nach 90 Minuten mit einer ergiebigen Version von What Is Hip beendet und während der ersten Zugabe gab es als kleines Schmankerl einen Ausflug zu ZZ Tops I'll Thank You im funky Kleid. Das hört man wahrlich nicht alle Tage. War da noch was? Genau der Trommler - und das ist kein geringerer als der unverwüstliche David Garibaldi. Sein Spiel ist nach wir vor sehr außergewöhnlich, mit vielen Synkopen und Hihat-Snare-Spielereien, Cowbell-Grooves und ab & zu Double Ridings. Gar nicht so einfach in Worte zu fassen, weil man eben nicht sagen kann "klingt wie…". Es klingt eben nicht wie..., sondern einfach "nur" nach David Garibaldi. Er guckt zwar immer, als würde er gerade Mordpläne schmieden, aber er klingt Gott sei Dank nicht so. Besonderes Ereignis: Ich habe ihn beim Lächeln ertappt. Wenn man mal nur auf die Trommelei hört, ist man oft bass erstaunt, daß es ob der Vertracktheit doch so gut groovt. Manchmal befürchtete ich, man müsse David gleich die Arme entknoten… Für mich war es manchmal eine Spur zu viel des Guten, doch das ist wie immer Geschmacksache und auch in etwa so, wie sich bei Spaghetti Pomodoro darüber zu beschweren, daß es nach Tomaten schmeckt. Und jetzt für die Musikerpolizei: Die Tempi waren nicht immer ganz konstant während der Nummern. DG zog etwas an, kam meist aber wieder zurück. Das wäre noch keine Erwähnung wert, weil's ja prinzipiell gut ist, wenn die Musik atmet. Doch hätte mir's besser gefallen, wenn das Tempo konstanter geblieben wäre. Das gibt der Band einen cooleren Groove, mehr Coolness. Überhaupt hing DG an diesem Abend im Timing sehr weit vorne und bei vielen Fills war er sehr eilig unterwegs. Das fiel insbesondere dann auf, wenn ein Mitmusikant einen Solospot hatte, der nur von Drums begleitet wurde. Ich weiß, das ist jetzt gespaltene Haare spalten und diese Winzigkeiten - und davon berichte ich hier - machen das Konzert kein Promill' schlechter. Aber wenn mir was auffällt, verspüre ich die moralische Verpflichtung Euch davon zu unterrichten Equipment: Yamaha & Sabian (mehr weiß ich nicht und es ist auch vollkommen wurscht) Sound: fette Bassdrum hohe, knackige Hauptsnare mit einem traumhaften Sidestick-Sound und sehr schönen Toms in eher mittlerer bis hoher Stimmung, schön resonant mit ordentlich Ton. Die Crahses waren sehr rauschig und trashy. Wunderbar. Ich finde David gut und ich find's klasse, daß da eine richtige Persönlichkeit sitzt: eigenwillig, mit Ecken & Kanten, aber unverwechselbar. Jemand, an dem man sich reiben kann. Das ist mir allemal lieber als ein eleganter, eloquenter, stilsicherer Hiclass-Trommler, so wie sie oft von Ami-Acts mit über'n Teich genommen werden: frisch von der Hochschule, technisch atemberaubend, aber (noch?) etwas charakterlos. Da ist Dave ein anderes Kaliber. Hut ab für den Herrn.
Was soll ich sagen, was ich noch nicht gesagt habe?
What Is Hip? TOP rulez!
fwdrums