Vintage in Ost-Deutschland

  • Hallo,


    Ich spiele schon seit langer Zeit mit dem Gedanken mir ein neues Set anzuschaffen. Da ich mich in letzter Zeit sehr konservativ orientiere, sollte es eins aus den 70'/80'ern sein. Allerdings waren die Läden, in denen solche Raritäten stehen, so weit entfernt, dass es schon sehr stark ins Geld gehen würde, wolle man ein solches Set nur mal anspielen.
    Vielleicht kennt ihr den ein oder anderen "Hinterhofladen" im Raum Sachsen/Sachsen-Anhalt/Berlin-Brandenburg, in denen Sets von Gretsch, Rogers, Slingerland, aber auch ( vor allem ) Ludwig angeboten werden.



    Vielen Dank
    Siju :)

  • Hallo,


    die richtig geilen alten Teile musst du entweder privat antesten gehen oder auf einem Markt sehen, hören und gleich kaufen. Natürlich gilt es dabei dabei zu bedenken, dass der Osten etwas hinterherhinkt, was die Vintage-Drums angeht. Warum? Weil hier 40 Jahre gegen den Westen, dessen politisches, soziales und wirtschaftliches System und damit auch gegen dessen Schlagzeughersteller gewettert wurde. Ich glaube, dass eine Ost-Band mit einem Set aus Bad Berleburg oder sonstwoher westlich der Mauer nicht viel zu lachen gehabt hätte.


    Das bringt mit sich, dass die Trommler und Sammler in den Neuen Ländern erst nach der Wende wirklich beginnen konnten, diese alten Sets zu kaufen. Aber: Die Jungs haben zu Ostzeiten auf alten Sets gespielt und nun sollten sie sich drüber freuen, wieder eine alte Karre zu spielen? Dass das keinem in den Kopf wollte, verstehe ich. Viele haben damals erstmal ein Pearl Export gekauft oder sowas in der Preisklasse. Hinzu kommt, dass sie hätten Wissen über die Trommeln haben müssen und ich glaube kaum, dass der DDR-Schlagzeuger etwas über ein Gretsch Round Badge oder ein Ludwig Classic Maple wusste. Außer vielleicht, dass Ringo und Bonham eines besaßen. Jedenfalls wissen die Trommler, die schon zu DDR-Zeiten trommelten, wenig über die Vintage-Drums von besagten Marken, die du ansprichst. Die gab es einfach nicht. Natürlich kannte man Ringos oder Keith Moons Set aber wer konnte sich das nach der Wende leisten? Zumal es damals weder eBay gab oder man Kontakte zu West-Dealern hatte, die es einem ermöglicht hätten, so ein Set zu kaufen. Selbst wenn man das Geld dafür gehabt hätte.


    Heute gibt es auch im Osten mit Sicherheit Leute, die solche Sets im Keller oder Proberaum haben. Ich selbst hatte ein Ludwig Classic Maple aus den 70ern. Klasse Set auf jeden Fall. Aber ich bin auch im gesamten Raum Dresden einer der wenigen, der eines besaß. Die jüngere Generation Trommler beschäftigt sich mitunter schon mehr mit Vintage Drums (kann sich so einen Schatz aber selten leisten) als die Älteren. Die Älteren kaufen eher ein Pearl, ein Yamaha oder DW. Und selbst Jazzer aus Dresden oder Leipzig haben eher ein neues Premier oder ein Yamaha oder Fernost-Gretsch. Warum, das wissen nur jene Leute selbst.


    Ich habe mich mit einigen Leuten - darunter auch Berufstrommlern, jungen wie älteren - darüber unterhalten, warum das so ist. Zum einen suchen viele Drummer (ein) Arbeitsset(s), dass/die sie aufbauen wollen und das/die spielbar ist/sind, ohne, dass man mit der Schraubzwinge oder dem Franzosen hergehen muss, um die Schrauben zu lockern oder festzuziehen. Die Skepsis vieler Drummer gegenüber alten Sets ist groß. Und auch nicht immer unberechtigt. Denn die Roadtauglichkeit ist aufgrund der manchmal nicht ganz zeitgemäßen Hardware nicht immer gegeben und Ersatzteile schwer zu finden und gut teuer. Und wenn ich ein altes Set habe, dann soll es bitte auch möglichst im Originalzustand sein.


    Und die Drumläden sehen das ähnlich. Die stellen sich keine Vintage Sets hin. Nur ein paar auf Vintage getrimmte Teile. Aber wirkliche Vintage Sets kursieren im Osten einfach nicht. Wage ich zu behaupten, da ich nur ganz wenige Drummer mit alten Sets kenne, die aus dem Osten kommen. Dann haben die schon eher ein Takton von Trowa. Diese alten, in der DDR gefertigten Sets sind eben das, was man als DDR-Vintage verstehen darf. Waren aber oft Pressspann. Seltener aus Buche, 3-lagig mit V-Ringen, wie es Member Slowbeat besitzt. Kaum zu finden.


    Bottom Line: Es gibt nur sehr wenige Drummer in den Neuen Bundesländern, die Vintage Sets der von dir angesprochenen Marken besitzen. Im Laden wirst du jene kaum erhalten. Ebay gucken, Set kaufen oder auf einem Flohmarkt sehen und kaufen, wenn es gefällt. Das verspricht am ehesten Erfolg. Wenn du dir nicht sicher bist, kauf kein Vintage Set. Die klingen mitunter so verschieden (je älter, desto häufiger ist das der Fall), dass du eine Gurke erwischen kannst. Dann musst du in vielen Fällen Unmengen Geld reinstecken, um Mängel zu beseitigen. Gratungen reparieren lassen, falls notwendig. Hardware kaufen, ...


    Wenn, dann hinfahren, wo ein Set verkauft wird, anhören und mitnehmen, wenn es gefällt. Rein daraus zu schließen, dass das Ludwig vom Proberaumnachbarn gut klingt, dass jedes Ludwig gut klingt, ist nicht immer richtig.Wenn du auf ein richtiges Vintage-Set stehst, das unverbastelt ist und einen gewissen Charme und einen wirklich guten Zustand hat, dann wird das wohl ins Geld gehen. So oder so.


    Danke fürs Lesen.

    3 Mal editiert, zuletzt von renttuk ()

  • Siju:
    Aus den aufgezaehlten Gruenden von kuttner, glaub ich auch, dass Du fuer Dein Vorhaben in den Westen reisen musst. Diese Reisetipps by JB sollten dabei hifreich sein.


    Offtopic:

    Zitat

    Original von renttuk
    Ich glaube, dass eine Ost-Band mit einem Set aus Bad Berleburg oder sonstwoher westlich der Mauer nicht viel zu lachen gehabt hätte.


    Als einer der Ostmusikfans, der die ersten Konzerte seines Lebens mit Sporthallen und deutscher Musik verbindet, kann ich dem so nicht zustimmen.
    Gerade die erfolgreicheren ostdeutschen Bands ( Silly, City, Pankow, Pudhys) spielten komplett auf "westlichen Instrumenten", vorzugsweise allerdings aus Japan (Roland, Pearl). Wenn man eine gewisse Popularitaet erreicht hatte, dann ging da anscheinend schon was. Ansonsten blieb fuer Freaks immer noch die Einkaufstour nach Sueden ( zB. Tschechoslowakeiund Ungarn), wo man fuer gutes Geld (vorzugsweise Westvaluta) auch Westsets bekam. Und dann erinnere ich mich an einen Intershop in Berlin, wo man Musikinstrumente kaufen konnte, ich glaub, da hab ich mal nen Sonor stehen sehen....

  • Hallo


    Zitat


    Siju:
    Aus den aufgezaehlten Gruenden von kuttner, glaub ich auch, dass Du fuer Dein Vorhaben in den Westen reisen musst. Diese Reisetipps by JB sollten dabei hifreich sein.


    Danke für die Tipps, jedoch hatte ich die schon mehrmals studiert. ;)
    Anscheinend werde ich wohl nicht drumherum kommen, mal eine Fahrt nach Maintal, Kelsterbach, Köln usw. zu unternehmen.


    Btw, im Drumcenter Köln steht ein Bonham Replicant aus der neuen Accent-Serie von Ludwig - auch wenn es nicht ganz meiner Auffassung entspricht, interessiert es mich doch schon sehr.


    Ludwig Accent Zep Set


    Ich hatte bereits im Forum gelesen, dass die Accent-Reihe einen guten Sound liefern kann. Jedoch sind die Kessel dieses Sets aus philippinischen Mahagony; die anderen meines Wissens aus Birke.
    Gibt es jemanden, der dieses Set dort mal angepsielt hat?


    MfG
    Siju

    Einmal editiert, zuletzt von Siju ()

  • In Berlin gibts Just Music, früher Sound und Drumland. Die Jungs haben imho ein Bonham Ludwig Vista am Start, zumindest stand das früher im Ladenlokal in der Kulturbrauerei. Weiß net obs noch da ist.


    Diese Accent Custom Linie ist eben keine Oberklasse. Und den Sound der original Classic Maple-Sets wirst du damit sicher nicht bekommen. Ich kenne dieses Bonzo-Gedächtnisset nicht. Aber ein Gretsch Catalina Club Rock kenne ich. Hat die gleichen Größen und ist sicher in der selben Liga einzuordnen, ist jedoch paar Cent preiswerter. Klingt schon passabel, ist aber nicht das Original. Das ist es auch, was ich in meinem Beitrag meinte: Die Musikläden haben diese auf oldschool getrimmten Mittelklassesets da, die mit ihren Vorbildern von vor 30 oder mehr Jahren eigentlich nur die Kesselgrößen gemein haben. "Richtige" Nachbauten wie das Ringo- oder Bonham-Ludwig sind dann schon wieder teuer.


    Solltest du sich wirklich für eine richtige Vintage-Bude interessieren, dann musst du nach den Originalen schauen, die wie gesagt meist teuer sind. Wenn es dir nur um die Größen geht, ist das egal. In diesem Fall funktioniert sicher auch ein Gretsch Catalina Club Rock oder ein Mapex M oder ein anderes modernes Set.

  • Zitat

    Original von drummertarzan
    Wenn man eine gewisse Popularitaet erreicht hatte, dann ging da anscheinend schon was.


    Was man sowieso nur durch Linientreue schaffte. Und für solche Genossen ging immer viel mehr, als für nicht priveligierte. Und die Bereitstellung von gutem Equipment hatte durchaus auch einen politischen Hintergrund. Dem VEB deutsche Schallplatten war durchaus dran gelegen hochwertige Produktionen aufzulegen. Zum einen aus Klassenkampfgründen und zum anderen zur Devisenbeschaffung im westlichen Ausland.

    "I'd rather eat my own shit than do a duet with James Blunt" (Paul Weller)

  • Zitat

    Original von renttuk
    Dann haben die schon eher ein Takton von Trowa. Diese alten, in der DDR gefertigten Sets


    Interessant, zufälligerweise hab ich heute in meiner Musikschule (Berlin-Lichtenberg) eine alte Takton-Snare gesehen in Gold Sparkle... richtig schön Vintage, soll aber laut meinem Leher eher nicht gut geklungen haben...


    Viel Glück bei der Suche @ Threadstarter:)


    MfG Jan

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