Schlag und Trittschall - Schallschutzpodeste für E-Drums (FAQ)

  • Moin allerseits,


    mit großer Begeisterung hatte ich vor`nem halben Jahr in diesem thread tolle Infos zu Trittschall, Entkoppelung etc. gelesen. Überzeugt hat mich die Sylomer-Variante.
    Kurz&bündig: In meiner Altbauwohnung, 2. Stock, hohe Wände, Dielenfußboden, steht seit drei Monaten mein Alesis crimson mesh Kit und wird nahezu täglich mindestens eine Stunde gespielt.


    Mein System baut auf den Beschreibungen hier im thread auf:
    Ich habe auf den Holzboden einen Ikea-"Orientteppich" ca. 200x140 cm gelegt, darauf meine kleinen gelben Sylomerquadrate platziert; unter Berücksichtigung der Stellen, wo Fußmaschine und Rackständer später ihren Schwerpunkt entwickeln. Das Sylomer hatte ich vorher genau ausgerechnet, nachdem ich das Gesamtgewicht von allem Zeugs ermittelt hatte.
    Darauf habe ich zwei MDF-Platten 22mm gelegt, die ich vorher an der Längsseite miteinander verschraubt habe. Darauf wiederum habe ich eine Moosgummimatte (schaumstofflager.de), noch einen preiswerten Teppich und als Oberfläche noch so eien schicken Ikea-"Orientteppich", fertig.


    Dazu kommen noch drei Absorber-Schaumstoffplatten (schaumstofflager.de), die ich als eine Art "abgehängte Decke" ca. 2 m über dem Podest installiert habe, um den Raumschall nach oben einzufangen.


    Und was soll ich sagen?!?
    Es gab bislang noch keinerlei Beschwerden von Nachbarn. Über mir wurde noch gar nix angemerkt und mit den neuen Mietern unter mir gibt es auch keine Probleme. Ich habe sie im Vorfeld aktiv angesprochen und mein Projekt erläutert. Außerdem war ich neugierig zu erfahren, wie laut mein Doublebassgeklöppel unten ankommt. Unter meinem Drumset befindet sich deren Schlafzimmer. Ein Freund spielte also als alles fertig war und ich hörte mit Nachbarin in deren Schlafzimmer. Es war nur ein leises Klopfen von der Fußmaschine zu vernehmen; in etwa, wie mit einem Fingerknöchel an die Wand pochen. Das war für sie zum Glück überhaupt kein Problem, außerdem "wir gehen eh erst um Zehn ins Bett". Sonst war nix zu hören. Suuuper! Ich hab ihr meinen kleinen "Proberaum" natürlich vorgeführt und sie fand es sehr interessant.


    Seitdem spiele ich jeden Tag ab Feierabend bis 20 Uhr. Am Wochenende von 10-12 und 15-20 Uhr (natürlich nicht jeden Tag gleich), halte also diszipliniert die vorgeschriebenen Ruhezeiten ein. Nur einmal kam eine sms gegen Mitternacht, daß sie doch jetzt gern schlafen würden und ob ich nicht morgen weiterspielen wolle. Und ich war fest überzeugt, die sind verreist. Sie habens mit Humor genommen.


    Ich bin so happy mit dieser Situation. Ich kann aus dem Bett klettern und mich sofort ans Set setzen, so geil.


    Vielen Dank an die Forist*innen weiter vorn in diesem thread für die Inspiration und die Entdeckung des Sylomer!


    Gruß inXen


  • Hallo,


    ich war in diesem Thread bisher nur stiller Mitleser, weil ich mir ebenfalls ein Sylomer-Podest bauen möchte.
    In meinem Fall für mein Akustikset (70kg) und nicht für ein E-Drum.


    Mein Problem sind auch nicht die Nachbarn (wir haben gerade ein freistehendes Haus gekauft), sondern die Betondecken in meinem kleinen 12qm Proberaum im Keller.
    Ich habe den Raum mit Teppich ausgelegt, die Wände mit Pyramidenschaumstoff bekleidet und die Decke wurde mit schwerem Bühnenmolton abgehängt. Dennoch hallt der Raum noch stark und wenn man mit den Füßen auf den Boden tritt, dann spürt und hört man eine deutliche Trittschallübertragung. Aus diesem Grund möchte ich mein Set vom Boden entkoppeln.


    Das Sylomer würde ich wie viele hier von RGG beziehen, die haben mir auch schon die entsprechende Menge berechnet.


    Meine Frage bezieht sich auf das Holz. Hier wird ja viel erwähnt, von Multiplex, MDF oder OSB - jeweils mit Vor- und Nachteilen.


    Nun habe ich zu Hause zufällig gerade ein paar Massiv-Mahagonitüren rumliegen, die wir eigentlich entsorgen wollten.
    Meine Idee: Ich schneide mir 4 Türen so zurecht, dass ich aus jeweils zwei Platten eine 200x180cm Platte bauen kann. Eine davon kommt auf den Teppich, darauf das Sylomer, dann wieder eine 200x180 Mahagoniplatte.
    Ich denke das Podest wird dann recht schwer, aber sehr stabil. Schwer ist nicht schlimm, soll ja bleiben wo es ist. Und das Sylomer würde ich dann natürlich nochmal genau berechnen lassen...


    Was sagt ihr zu dieser Idee? Spricht etwas dagegen?


    Danke & Gruß
    Stefan

  • Hallo Stefan,


    ich habe noch ein paar Verständnisfragen.


    Dennoch hallt der Raum noch stark und wenn man mit den Füßen auf den Boden tritt, dann spürt und hört man eine deutliche Trittschallübertragung.

    Wen stört das: Dich selbst oder Deine Familie/Mitbewohner im freistehenden Haus?


    sondern die Betondecken in meinem kleinen 12qm Proberaum im Keller. (...) Dennoch hallt der Raum noch stark und wenn man mit den Füßen auf den Boden tritt, dann spürt und hört man eine deutliche Trittschallübertragung.

    Hm, der Raum ist im Keller, der Boden dürfte das Fundament sein ... und das schwingt bei einem Tritt? Im Raum darüber wäre das normal. Im Keller verwundert mich das: Das sollte deutlich weniger ausgeprägt sein. Was fehlt mir da zum Verständnis?


    Danke und Gruß, Michael

    "Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie." (Wird Kurt Lewin zugeschrieben) // Was schlechte Theorien unbrauchbar macht ... //

  • Hallo Michael,


    vielen Dank für Deine Reaktion.

    Wen stört das: Dich selbst oder Deine Familie/Mitbewohner im freistehenden Haus?

    Also in erster Linie stört mich das selbst, aber ich möchte halt auch die Schallübertragung in restliche Gebäudeteile minimieren. Geht mir auch ums Prinzip, das bestmögliche aus einem Raum herauszuholen. Und in diesem Raum ist def. noch potenzial.

    Hm, der Raum ist im Keller, der Boden dürfte das Fundament sein ... und das schwingt bei einem Tritt? Im Raum darüber wäre das normal. Im Keller verwundert mich das: Das sollte deutlich weniger ausgeprägt sein. Was fehlt mir da zum Verständnis?

    Ja, aber schwierig zu erklären. Ich denke aber auch mal der Boden ist schwimmender Estrich, die Wände gemauert und die Decken halt Beton. Wie und warum da jetzt beim "stampfen" ein Hall entsteht, kann ich gar nicht mal sagen. GGf. ist das Podest auch nicht der richtige/beste Weg!?


    Da hoffe ich jetzt einfach mal auf ähnliche Erfahrungen...


    VLG

  • Hallo Stefan,


    erst 'mal vielen Dank für Deine Ergänzungen. Ich denke ja, Lösungen sollten sich nach den Ursachen richten. Daher solltest Du noch folgende 2 einfache Versuche durchführen, um auch Dir selbst mehr Klarheit zu verschaffen.


    ZUERST postierts Du ein oder mehrere Personen in wichtigen Räumen, z.B. im Raum darüber, im Wohnzimmer, Schlafzimmer usw.
    DANN simulierst Du die Effekte von Tritt- und Raumschall getrennt voneinander.
    TAGESZEIT dafür sollten eher die Abend- oder Nachtstunden sein, wenn Umweltgeräusche deutlich abgenommen haben.


    1. TRITT: Lasse etwas Schweres schadensfrei auf den Boden etwa in der Raummitte oder an Deinem angedachten Standort für das Schlagzeug fallen. Das könnte ein Gummihammer sein, oder eine Hantel auf Handtuch o.Ä. Einige Handbreit Fallhöhe sollten reichen. Es geht um den Rumms, den man im Haus hören kann, nicht um Krater im Boden ^^ (Damit simmulierst Du im Wesentlichen Deinen Bassfuss.)


    2. RAUM: Stelle eine Stereoanlage etwa in Raummitte auf, am besten auf einem Tischen oder so. Wähle etwa Partylautstärke. (Damit simulierst Du den Krach, der nicht durch Trittschall entstehen wird)



    ABSCHLIESSEND setzt Ihr Euch zusammen und ermittelt, was überwiegt: Trittschall, Raumschall oder beides in etwa gleich? Danach richten sich dann Massnahmen. Jedenfalls würde ich das so machen.


    Also in erster Linie stört mich das selbst, aber ich möchte halt auch die Schallübertragung in restliche Gebäudeteile minimieren. Geht mir auch ums Prinzip, das bestmögliche aus einem Raum herauszuholen. Und in diesem Raum ist def. noch potenzial.

    Deine Gebäudeverhältnisse werden nach diesen Versuchen klarer sein.


    Ja, aber schwierig zu erklären. Ich denke aber auch mal der Boden ist schwimmender Estrich, die Wände gemauert und die Decken halt Beton. Wie und warum da jetzt beim "stampfen" ein Hall entsteht, kann ich gar nicht mal sagen. GGf. ist das Podest auch nicht der richtige/beste Weg!?

    Also, der Kellerboden schwingt spürbar? // Hall entsteht natürlich auch, weil Dein Fuß oder so auf den Boden "patscht" ... das nimmt der Raum dann dankend an ^^ (Impulsantwort)


    Hall ist nach meiner Einschätzung ein eher kleines Problem. Denke an den Unterschied zwischen Rohbau und eingerichteter Wohnung. Je mehr Sachen im Raum stehen, desto mehr verteilt sich der Schall auf die unterschiedlichsten Weisen im Raum ... und das empfinden wir als "Dämpfung" oder "weniger Hall". Also, vollstellen reicht in der Regel. "Dämpfen" im Sinnne von Energieverlust durch Umwandlung in Wärme ist da eher ein sehr, sehr kleiner Effekt - entgegen häufiger Vermutung.


    Grüße, viel Erfolg, Michael


    P.S.: Deine Versuchsergebnisse interessieren mich natürlich ^^

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  • Hi,


    1000 Dank für Deine ausführlichen Tipps.
    Also eins vorweg: Nein, der Boden schwingt nicht spürbar mit! Da habe ich mich falsch ausgedrückt.


    Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass Deine Theorie mit der Impulsantwort stimmt...


    Melde mich! :)


    Viele Grüße
    Stefan Schäfer

  • 1000 Dank für Deine ausführlichen Tipps.

    Gerne.


    Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass Deine Theorie mit der Impulsantwort stimmt...

    Das ist nun ausnahmsweise ein non-fake Fakt :D , etwa aus der Nachrichtentechnik 8| 8|

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  • Hallo nochmal,


    ich melde mich nun mit neuen Erkenntnissen zurück.


    Also es handelt sich bei mir tatsächlich um Raumschall, den es zu eliminieren gilt.
    Ein befreundeter Tontechniker hat mir den Tipp gegeben, als "günstige" Lösung die Wände mit Teppich abzuhängen, so dass es keine kahlen Stellen an den Betonwänden mehr gibt.


    Sollte das schon die Lösung sein?


    LG, Stefan

  • Hallo Stefan,


    na, das ist doch eine wichtige Erkenntnis ^^


    Also es handelt sich bei mir tatsächlich um Raumschall, den es zu eliminieren gilt.
    Ein befreundeter Tontechniker hat mir den Tipp gegeben, als "günstige" Lösung die Wände mit Teppich abzuhängen, so dass es keine kahlen Stellen an den Betonwänden mehr gibt.

    Das kann man machen, allerdings bleiben dann noch Decke und Boden als Reflektor ... Also, mir persönlich wäre das zu aufwändig, denn wohnliches Einrichten, gerne auch mit Raumteilern /Regal quer) und halboffenen Hohlärumen (Fächer, Vasen, Kiste mit Loch = Hemholtzabsorber), hat einen vergleichbaren Effekt:

    Denke an den Unterschied zwischen Rohbau und eingerichteter Wohnung. Je mehr Sachen im Raum stehen, desto mehr verteilt sich der Schall auf die unterschiedlichsten Weisen im Raum ... und das empfinden wir als "Dämpfung" oder "weniger Hall". Also, vollstellen reicht in der Regel.


    Als Tontechniker habe ich für Aufnahmen möglicherweise auch andere Ansprüche an Raum(sc)hall.


    Hier das extreme Ende, als Foto:
    .
    Hast Du einmal in so einer Absorberkammer gestanden? Die Pyramiden sollen dafür sorgen, dass sich Radiowellen totlaufen, die Kammer in Messungen als unendlich ausgedehnt erscheint. Das funktioniert auch für Schall ... und ergibt ein sehr beklemmendes Gefühl. Be-drückend, To-ten-still. Umgekehrt, brauchen wir es auch, dass der Raum ein wenig "lebt", also hallt. Als angebliche ehemalige Höhlenbewohner wäre das jedenfalls verständlich :rolleyes:


    Gehe doch einmal auf Hörpirsch, drinnen, wie draußen, klatsche in die Hände. Versuche, die Schalleindrücke mit dem zusammenzubringen, was Du siehst: Kahle Wände oder Fassaden, Tunneldurchgänge, Bäume, Sträucher, zufällige Streukörper, Rasen usw. An welchen Orten fühlst Du Dich akustisch wohl oder unwohl? Warum, wie schafft die Umgebung das? Was davon kannst Du versuchsweise in den Proberaum "mitnehmen"?


    Grüße, Michael

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  • Hi,


    vielen Dank für die erneute Rückmeldung.
    Ich kann den Lösungsansatz nachvollziehen. Da wir derzeit ein Haus kernsanieren fällt uns immer wieder auf, wie sich der Raumschall verändert weil man zum Beispiel die Deckenpaneele entfernt oder die Tapete runterreißt.


    Ich würde meinen kleinen Proberaum gerne etwas wohnlicher einrichten (Sofa etc.) und dadurch dieses Problem im vorbeilaufen lösen, das geht aber leider nicht bedingt der Raumgröße - mir stehen nur ca. 10qm zur Verfügung.


    Die Decke ist übrigens mit schwerem (340g/m²) Bühnenmolton abgehängt, ebenso die Wand hinter dem Schlagzeug (dort fällt das Molton wie ein Vorhang von der Decke).
    Der Fußboden ist bereits Teppich. Die Tür gegenüber dem Schlagzeug habe ich komplett mit Pyramidenschaumstoff beklebt.


    Somit bleiben noch die beiden langen Wände rechts und links neben dem Schlagzeug, dort habe ich bisher nur ein paar 50er Platten Pyramidenschaumstoff verteilt (hatte ich noch aus meiner Proberaumauflösung). Hat aber subjektiv am Raumschall nicht viel geändert.


    Also wie gesagt, ich brauche eigentlich eine Lösung ohne großen Platzbedarf...
    Wobei, einen FATBOY Sitzsack wollte ich mir vielleicht noch reinwerfen. ;)


    Gruß
    Stefan



    PS: In so einem Raum war ich schon einmal, ich kenne das Gefühl. Man hört plötzlich die eigenen Pulsschläge, sehr komisches Gefühl...

  • Hallo Stefan,


    ja, es gäbe eine Reihe von Möglichkeiten mit einfachen Mitteln. Um dabei richtige Entscheidungen zu treffen, solltest Du Dich aber mit Welleneffekten (Beugung usw.) auskennen. Womit für den darin Bewanderten schon Alles gesagt wäre, denn die Möglichkeiten liegen dann fast auf der Hand ... Wie gut kennst Du Dich damit aus?


    Grüße, Michael

    "Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie." (Wird Kurt Lewin zugeschrieben) // Was schlechte Theorien unbrauchbar macht ... //

  • Hallo Stefan,


    ja, es gäbe eine Reihe von Möglichkeiten mit einfachen Mitteln. Um dabei richtige Entscheidungen zu treffen, solltest Du Dich aber mit Welleneffekten (Beugung usw.) auskennen. Womit für den darin Bewanderten schon Alles gesagt wäre, denn die Möglichkeiten liegen dann fast auf der Hand ... Wie gut kennst Du Dich damit aus?


    Grüße, Michael

    Moin,


    ich befürchte ich kenne mich gar nicht damit aus... ?(


    LG, Stefan

  • Moin Stefan,


    ich befürchte ich kenne mich gar nicht damit aus... ?(

    Keine Sorge, das mit den Wellen kriegen wir schon hin. Vorab noch einige Frage, bezogen auf:

    Dennoch hallt der Raum noch stark (...)

    Bei welchen Schlagflächen ist das so, oder besonders störend ausgeprägt: Bassdrum, Snare, Toms, HiHat, Becken? (Bitte sage nicht "Alle". Wenn Du es für eine, höchstens zwei dieser Gerätschaften lösen könntest, dann wäre das welche?) Kannst Du eine Richtung verorten, etwa links-rechts, vorne-hinten, oben-unten? Wie ändert sich das, wenn Du den Hauptstörer versuchsweise an anderen Stellen im Raum betreibst oder bespielst?


    Damit grenzt Du für mich Frequenzen und relevante Eigenschaften Deines Raums weiter ein. Und da Frequenz und Wellenlänge Hand in Hand gehen, und das dramatisch andere Maßnahmen bedeuten, nun ja ^^


    Grüße, Michael

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  • Moin,


    ohne erst einmal auf das Trommeln an sich einzugehen: Der ganze Raum hallt noch, beim laufen, sprechen und jeder anderen Tätigkeit.
    Bedeutet, selbst wenn ich den Raum nicht als Proberaum nutzen würde, wäre der Hall noch zu stark...


    LG
    Stefan

  • Ok, Stefan, dann mache ich einmal schrittweise weiter, bis wir die Wellen umschifft oder liebgewonnen haben ^^


    Also, der wohnlich eingerichtete Raum hallt nicht mehr wahrnehmbar, weil dort genügend Gegenstände herumstehen, die den Schall praktisch in alle Richtungen mit möglichst vielen Weglängen (=Hallzeiten) verteilen. Das wollen wir uns zunutze machen, und das "wie" führt über Wellen. Dazu später mehr.


    Was ich mit Dir zusammen erreichen möchte, ist, Dir zu vermitteln, worauf Du achten kannst (oder musst), um der Reihe nach (einigermaßen) richtig beim praktischen Gestalten zu entscheiden. Denn Du hast reichlich Gestaltungsmittel, wenn erst einmal bewusst ist, worum es geht - und wo Grenzen sind. Gehst Du da mit? Falls "Ja", schreibe ich mehr zum Thema.



    Das Grundprinzip, zufällig zu verteilen, kann ich Dir gleich einmal aus dem Hallraum des FhG Bauphysik (pdf) zeigen. So einen Hallraum verwenden die, um etwa das Dämpfungsverhalten eines Vorhangs zu messen. Das geht indirekt über Hallzeiten. Drei Dinge: a ) der Raum ist riesig, b ) er ist nicht-rechtwinklig, c ) er verwendet Reflektoren (siehe pdf).


    Die Raumgröße brauchen sie, um eindeutige Messbedingungen auch für tiefe Frequenzen zu schaffen. Kaum ein praktischer Raum im Heimbereich ist auch nur annähernd so groß, annähernd so idealisiert. Schiefe Wände (siehe Grundriss) sorgen für Reflektion, also im Effekt für "Schallverdünnung". Das Messobjekt, etwa ein Vorhang, liegt auf dem Boden. Die in Größe, Abstand, Ausrichtung und Form quasi zufälligen Reflektoren darüber dienen auch der Schallverteilung für die Messung.


    Was dann dabei herauskommt, ist ein Frequenzgang wie der auf S. 2 eines Herstellers für Akustikvorhänge (pdf). Das soll uns nicht schrecken, denn in einem realen Raum kriegt man das nie wieder so hin. Das Entscheidende ist, dass über ca. 600 Hz (tiefe Tom) die Absorption (Lautstärkeminderung) mehr oder weniger bei (unzureichenden) 45 % liegt, UND darunter sehr schnell nicht mehr wirkt (BassDrum). (Auch dieses Frequenzverhalten folgt aus Welleneigenschaften der Luft, des Stoffes und der Bausubstanz bei akustischen Frequenzen. Die ganzen Details herzuleiten, wird anspruchsvoll ... es genügt aber, die Basisdinge zu verstehen.)



    Falls "Nein", oder als Ergänzung, findest Du hier etwa in der Seitenmitte einen Schätzer für Deinen Raum. Dort kannst Du Raumgrößen, Wand- und Deckenausstattungen angeben und so für 6 Frequenzen (BD bis Becken/Stimme) Nachhallzeiten schätzen. Was dort allerdings nicht eingeht, ist der "wohnliche Raum mit wenig Hall", siehe oben. Wie um alles in der Welt "schafft" der wohnlich eingerichtet Raum das Wunder? Tja, Wellen ...



    Stefan, bist Du bereit, eine Handvoll Wesentliches über Wellen aufzunehmen? Oder reicht's erst einmal?


    Grüße, Michael

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  • Hallo Stefan,


    wenn Du Dich fragst, was Du gegen den Raumhall tun must, dann lautet die Antwort: "Überführe den nackten Übungsraum in einen wirklich wohnlich eingerichteten Raum".


    Warum?



    Aus dem Vergleich Rohbau mit dem wohnlich eingerichteten Raum wissen wir: Er hallt dann deutlich weniger. WAS das ausmacht, können wir durch Beobachten und Vergleichen herausbekommen. Das führt uns zu Handlungsergebnissen (tue dies, lasse das). WARUM diese Handlungen etwas bewirken, könnten wir über Welleneigenschaften verstehen - wenn das noch nötig ist.


    Beobachten wir also und vergleichen.



    Ich war einmal in mehr oder weniger langen Fluren. Die haben praktisch nur nackte Wände und Böden, es steht so gut wie nichts herum. Vielleicht dort eine Garderobe, vielleicht hier ein Schränkchen, vielleicht ein wenig Teppich oder Fußmättchen. Meistens kein Schrank oder Schränkchen. Es gibt Türen, selten Fenster. Es hallt vernehmbar, mit oder ohne Fenster.



    Ebenso hallen Räume im Rohbau unterschiedlicher Größe: Das Wohnzimmer, das kleine Zimmer, die Küche. Und sie hallen nicht mehr oder nur noch wenig, sobald sie eingerichtet sind. Was steht da also herum?


    Typisches Wohnzimmer: kein Akustikvorhang, Teppich (teil- oder ganzflächig), Stühle und Tische, Couch und Tisch, Gardinen, Fenster, Tür und: Schränke oder (Bücher-) Regale mit 6 bzw. 5 voll umschlossenen Flächen (große Quader, halt).


    Typisches kleines Zimmer: kein Akustikvorhang, Teppich, Schreibtisch und Stuhl, Fenster, Tür und: Schrank oder Regal.


    Typische Küche: kein Akustikvorhang, Herd, Spüle, Arbeitsfläche, Fenster, Tür und: viele Schränke.



    Was also auf jeden Fall gemeinsam ist, sind: Schränke und/oder Regale. Die sind offenbar akustisch gesehen wichtig.


    Und: Sie sind praktisch einseitig aufgebaut. Will heißen: Läuft ein Schrank entlang einer Wand, dann gibt es auf der gegenüberliegenden nur selten, praktisch nie, auch einen Schrank oder ein Regal (Es baut ja Niemand einen 2 Meter Schrank vor das Fenster). Asymmetrie.


    Und: Gemessen am Raumvolumen und Grundfläche nehmen diese Dinge meist nur sehr wenig in Anspruch (Bewegungsfreiheit). Aber sie wirken akustisch, irgendwie.



    Das Besondere an diesen Schränken oder Regalen ist: Sie sind keine Kellerregale, die nur aus Böden und Streben bestehen. Im Gegenteil, sie haben einen massiven Korpus (finden Frauen oft schöner). Ein richtiger Schrank hat Türen aus Holz oder Glas (das ist egal). Ein richtiges Regal hat Inhalte, wie etwa Bücherfronten oder wenigstens Sammelkisten.


    Was ist diesen gemeinsam? Sie bilden eine hintere Front (Schrank- oder Regalrücken) und eine vordere Front (Tür oder Bücherrücken oder Kistenflächen), mit einer Tiefe von etwa einer Elle (der Rauminhalt ist dann wieder nebensächlich: die Doppelfront zählt). Was den Wellenkenner dahinschmelzen lässt, und den Praktiker verwundert. Aber was soll's: Beobachtung ist Beobachtung.



    Wie auch immer, mit dieser Ausstattung wird Dein Raumschall immer weiter abnehmen:
    * mehrere großflächige Schränke und Regale mit 5 oder 6 massiven (Seiten-) Wänden (also: nicht-offen)
    * aufstellen entlang einer Wand könnte reichen, entlang mehrerer Wände wird nicht schaden
    * Teppisch (hast Du ja schon)
    * Tisch(e) und Sitzgelegenheit(en) (muss nicht wuchtig sein, wie im Bild unten: zierlicher genügt)


    * Schlagzeug usw.
    * möglichst viele Kleinteile (Lampen, Schalen, Nippes, Blumen, aber auch musisches Handwerkszeug)
    * die Decken- und Wandbehänge sind ja schon da: nenne wir sie "Gardine".


    Den Pyramidenschaumstoff würde ich nach ästehtischen Gesichtpunkten behandeln. Akustisch wirken wird er so gut wie nicht, akustisch schaden auch nicht. Am besten dekorativ wie "Nippes" handhaben.



    Und damit hast Du dem Schall reichlich räumliche, frequenzabhängige und zeitliche Möglichkeiten geschaffen, sich in alle Richtungen zu zerstreuen und zu verteilen - im Unterschied zum nackten Rohbau (man beachte auch die kugelförmigen Reflektoren für hohe Schallfrequenzen in der Bildmitte; die Gardinen wären nach den Beobachtungen optional; Couch und Tischelemente wirken wie Schränke, mit Doppelfronten). Was unser Ohr liebreizende vermerken wird :)



    Grüße, Michael

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  • Wird Musik oft als Lärm empfunden, da sie stets mit Geräusch verbunden ?


    Der TE inXen hat in seinem Betrag den meiner Meinung nach wichtigsten Aspekt des komplexen Verhältnisses: Emotionaler Zustand der Nachbarn, Trommler und Schallschutz Maßnahmen, besonders Trittschall, behandelt.


    Nicht warten, bis die Schießbude auf dem Podest steht, hat man doch all die vielfältig beschriebenen Schallschutzmaßnahmen getroffen. Dann mit einem liebevoll-stolzen Blick auf das Erschaffene freudig mit gutem Gewissen lostrommelt und sich dann wundert, wenn die Nachbarn mit grimmigen Gesicht vor der Tür stehen. Ein solches Verhältnis ist dann kaum noch zu reparieren, weil der "Tritt" im Schall als unerlaubter Eingriff in ihren persönlichen Intimbereich (hier: Wohnung) gewertet werden kann.


    Vorher zumindest mit den räumlich nächsten Nachbarn Kontakt aufnehmen, eigene Ängste betrachten, das Projekt besprechen und um ihre Mithilfe durch Lausch-Rückmeldung bitten.


    Meine Nachbarin unten war anfangs sehr skeptisch und dann (für mich erstaunlich, da sie ja schon über 60 war :) sehr offen. Hab verschiedene Bassdrum Trigger ausprobiert, wie das KD9 und das KD120 von Roland. 3 verschiedene Arten von Podesten gebaut und ausprobiert. Und ihr fest versprochen, daß ich mich auf die Sekunde an die vereinbarten Ruhezeiten halte. Manchmal auch meine Freundin mit Kuchen in der Hand nach unten geschickt zum Lauschen, die beiden haben sich inzwischen angefreundet.


    Seit einem haben Jahr freue ich mich jeden Tag über den vorher nur im Traum gekannten Luxus, innerhalb der vereinbarten Zeiten (das sind theoretisch 10h am Tag incl. WE) zu jeder Zeit zu trommeln, was mir gerade einfällt. Kleiner Nebeneffekt: Die zeitliche Auslastung meines Schlafzimmers wurde dadurch enorm gesteigert :)


    Also auch bei mir: Direkt vom Bett ans Set, manchmal auch unter Umgehung der Dusche ;) Also Home-Office ;)


    Für diesen Luxus bin ich sehr dankbar.

    Hätt' ich im Leben mehr geübt, könnt' ich jetzt mehr. :D

  • Hi Leute,
    habe diesen Mega-Thread mal etwas beackert, da auch meine Nachbarn leiden, obwohl ich im Neubau mit schwimmendem Estrich wohne. Das ist so weit ganz OK, aber wenn der Trittschall erstmal im Beton drin ist, verteilt er sich überall hin.


    Mein Bauvorschlag für´s Podest von oben nach unten (ähnlich wie schwimmender Estrich), das ganze verschraubt, vielleicht noch verleimt zwischen dem Holz:
    Teppich
    12mm MDF
    12mm OSB
    Betonplatten aus dem Baumarkt
    Sylomer-Pads


    So- glaube nämlich schon, dass viel Masse beim Podest helfen wird, es ruhig zu halten. Mehrere Teppichlagen sind Quatsch, damit kann man nichts tieffrequentes auffangen. Die MDF und OSB Platten werde ich versetzt aufeinander schrauben, so dass ich mir diese ollen Metallverbinder sparen kann.


    Nun meine Frage:
    Ich fand den Einwand von Henry (siehe diesen Post im Thread ganz oben) sehr einleuchtend, bzgl. der unterschiedlichen Belastung des Sylomers an unterschiedlichen Stellen unter dem Podest, insbesondere mehr in der Mitte und weniger am Rand.


    Hat jemand eine Idee, wie man so eine geometrische Berechnung simpel durchführen könnte? Statisches Problem, die Gesamtmasse auf wenige Punkte zu verteilen.. kenne leider keinen Architekten oder Bauingenieur.. Und- verschrauben oder verleimen?


    Danke!
    T

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