Absoluter Luxus als Profi arbeiten zu können
Herb(ert) Jösch kenne viele durch Stefan Raab. doch schon vor seinem Engagement bei den "Heavytones" lebte Herb von der Trommelei
Kollege Drumnatic hatte die Gelegenheit Herb nach einem Besuch bei "TV Total" zu interviewen. Vielen Dank an Herb und natürlich Drumatic (rechts im Bild) für das Interview. Die Bilder stammen auch von Drumatic.
DF: Wann ging es los mit dem Schlagzeug?
Herb: Ich glaube 1974 müsste das gewesen sein. Es liefen damals die Beatles Filme im Fernsehen (Help, Yeah Yeah Yeah). Das hatte mich total
fasziniert. Dann hab ich mit ein paar Gleichaltrigen angefangen Musik
zu machen. Damals waren dann die Instrumente recht schnell verteilt.
Ich kam als letzter dazu und keiner wollte zu diesem Zeitpunkt
Schlagzeug spielen. Ich selber wollte eigentlich Gitarre spielen, ich
hatte auch eine Gitarre zu Hause, aber es ist dann das Schlagzeug
daraus geworden und das Instrument hat mich dann auch direkt
fasziniert.
DF: Damit ist im Prinzip auch schon die zweite Frage beantwortet:
Warum gerade dieses Instrument ?
Herb: Das hatte vielleicht auch den Hintergrund: Ich hatte eine Tante, die
Schlagzeugerin war, die nach dem Krieg für den Deutschlandfunk zusammen
mit meinem Onkel, der Akkordeonist war, gespielt hat. Die Tante lebte
in Duisburg und ich fand es immer ganz spannend, wenn ich als 11/12
jähriger zu Ihr kam, sie hatte über der Eingangstür auf einem Brett ihr
Schlagzeug geparkt.
DF: Was bedeutet das Instrument für dich?
Herb: Über die Jahre hinweg wird das Instrument Teil der eigenen Identität.
Ein Leben ohne Schlagzeugspielen ist für mich undenkbar und ich wäre
auch nicht der, der ich bin, wenn ich nicht Schlagzeug gespielt hätte.
Es gab immer mal wieder Phasen in meinem Leben, wo das nicht unbedingt
das Vordergründigste war, was ich gemacht habe, aber mit dem Instrument
hat mich seit über 30 Jahren immer irgendetwas verbunden.
DF: Ab wann professionell?
Herb: Ziemlich früh - Mit 12 Jahren hab ich angefangen zu spielen, mit 14
Jahren hab ich mir mein 1. Instrument von meinem ersparten selber
kaufen können (altes Tromsa für 200 DM).
Mit 18 Jahren hab ich dann schon davon gelebt. (unfreiwilliger Weise
zunächst einmal). Bis zum 25. Lebenjahr hatte ich das ganze
professionell betrieben und dann gab es 14 Jahre in denen ich das ganze
nur semi-professionell betrieben habe.
DF: Was sind die Vorteile und die Nachteile des "Jobs"?
Herb: Es gibt wie in allen anderen Berufszweigen Vor- und Nachteile. Als
Musiker oder freischaffender Künstler hast du unter Umständen immer den
Nachteil, dass du unter Umständen nie weißt, wie du in der nächsten
Zeit über die Runden kommst.
Es gab immer mal Phasen, wo mein Einkommen nicht ausschließlich nur von
der Musik abzudecken war. Es ist ein absoluter Luxus, ein Privileg und
eine Gnade, dass man sein Geld mit so etwas verdienen kann.
DF: Was möchtest du noch erreichen, wovon träumst du?
Herb: Wenn man satt ist, dann kann man sich gerade in den Sarg legen. Satt,
im Sinne von keine Ziele mehr haben. Es gibt noch viele Ziele, sowohl
musikalischer als auch privater Natur. Viele Wegstrecken liegen noch
vor mir, die ich erreichen möchte.
DF: Wie siehst du die Funktion / Rolle des Drummers innerhalb einer
Band / eines Projektes?
Herb: Es kommt immer auf die Musikart an: In einem klassischen Orchester, wo
du die Triangel spielst, hast du natürlich nicht so eine tragende
Funktion wie in einer Band. Da spielst du als Schlagzeuger eine absolut
zentrale Figur.
Bei uns (TvTotal Band „Heavytones“) ist das hier nicht anders:
Wir haben einen Musical Director (Wolfgang Dalheimer, Keys), der die
ganzen Facetten der Musik bedient, der die Arrangement schreibt, die
Keyboards spielt, aber natürlich ist der Rhythmus ein tragendes
Element.
In der Show hier ist es auch noch so, dass hier alle Fäden zusammen
laufen, über Regieanweisungen, über Einzählen, über die Schlüsse,
über die Kicks von Stefan Raab usw. Hier hast du über die Funktion als
Trommler hinaus, noch viele andere Dinge zu tun.
Es gibt zwei entscheidende Sichtweisen: Einmal ob ich als Schlagzeuger
zur Musik spiele oder ob die Musik um das gestrickt wird, was ich als
Schlagzeuger mache.
Eigentlich sollte das letztere der Fall sein, als Schlagzeuger ist man
das zentrale Gerüst. Das kann man auch nur dann gut machen, wenn es
eine Interaktion ist, dass heißt, dass zwischen den anderen
Bandmitgliedern und dem Schlagzeug als Herz oder als der Puls der Band
in der Band ein gemeinsames Verständnis herrscht, wo die Musik hingeht,
was für Gefühle rüber kommen sollen.
DF: Wie wichtig ist die zwischenmenschliche Kommunikation und sollte
ein Schlagzeuger einen ausgleichenden Charakter haben?
Herb: Ein ausgleichendes Element sollte jeder Musiker in der Band sein,
schließlich macht man ja nicht gegeneinander irgendetwas, sondern
miteinander. Eine gewisse Offenheit für das, was der andere musikalisch
und verbal von sich gibt, ist eine absolute Notwendigkeit.
Insbesondere in unserem Fall: Wir arbeiten sehr eng miteinander. Ich
sehe meine Arbeitskollegen/Bandkollegen mehr als meine Familie. Es gibt
zwar andere Arbeitstellen auf der Welt, wo man nicht diesen intensiven
Kontakt hat, aber dadurch, dass wir zusammen Musik machen, was ja auch
eine Sache des Gefühlsausdrucks ist, musst du dich austauschen. Da kann
auch keiner immer nur nachgeben oder immer nur im Vordergrund sein, das
führt über kurz oder lang zu einem Missverhältnis bzw. einer
Verzerrung.
Der Anspruch ein ausgleichendes Element zu sein, gilt somit für jeden,
nicht nur für Schlagzeuger.
DF: Wie siehst du die Zukunft der Musikindustrie und was bedeutet
dabei das Medium Internet?
Herb: Zu der Musikindustrie zählt ja die Instrumentenherstellung, die
Plattenindustrie, sowie die Musikclubs, wie auch die ganzen
Musikvereine (Blasmusik etc.), die Volksmusik usw.
Es gibt verschiedene Strömungen. Wir stellen fest, dass im Moment eine
gewisse Rezession eintritt.
In den 80er bis 90er Jahren war ich sehr aktiv in diversen Coverbands.
In dieser Zeit sind überall Musikclubs entstanden. Das beste Beispiel
dafür ist das Cafe Hahn (http://www.cafehahn.de), dass sich in dieser Zeit
überregional entwickelt hat. Es gab auch direkt Trittbrettfahrer,
gerade in der Nähe von Koblenz, der Hof Aspich in Lahnstein.
Es gab also mehrere Leute, die damals auf diese Live-Schiene
aufgesprungen sind, was sehr gut war, die Leute sind abends raus
gegangen, haben ihr Bier getrunken, Musik gehört und haben sich gute
Bands angehört.
Das ist wiederum so aufgebläht worden, dass die Leute, vielleicht auch
durch Einführung des Euros und der Tatsache, dass die Leute jetzt
höhere Lebenskosten haben, nicht mehr so oft weggehen. Entsprechend
weniger Bands werden gebucht.
Du kannst heute mit einer Truppe, wie wir, von 8-10 Leuten, nirgendwo
mehr auftreten, dass kann keiner bezahlen.
D.h. dort ist in der Musikindustrie ein gewisser Rückschritt.
Ein Segment, das sehr gut läuft sind kleine Combos (4-5 Leute maximal)
im speziellen auch deutschsprachige Bands („Silbermond“, „Juni“,
und „Wir sind Helden“), die sich den Arsch wund spielen.
Die CD-Verkäufe sind natürlich auch zurückgegangen, seit dem das
Runterladen im Internet und Brennen möglich geworden ist.
Ich weiß noch, meine erste goldene Schallplatte war mit dem Lied „Wadde
Hadde Dude Da“. Damals musste man 500.000 Einheiten verkaufen. Die
zweite war „Wir kiffen“, nur ein knappes Jahr später, da waren es nur
noch 300.000. Die dritte war dann mit Max Mutzke „Can’t wait until
tonight“, das waren dann nur noch 150.000 CD’s. Darüber klagt ja auch
die ganze Plattenindustrie.
Dann hab ich durch meine Zeit bei Drums Only noch einen latenten
Einblick in den Musikinstrumenten-Wiederverkauf. Ich weiß, dass das aus
verschiedensten Gründen auch krebst. Es gibt ein paar ganz Große die
überleben, wie Musik Produktiv oder der Musicstore Köln. Diese Läden
haben soviel Kaufkraft, dass sie direkt bei den Herstellern in Fernost
komplette Serien bauen lassen und zu einem konkurrenzlos günstigen
Preis anbieten. Da spielt das Internet auch eine große Rolle, dort
bieten Leute zu Dumping-Preisen Instrumente an, die sie nicht
bevorraten müssen.
Das Internet spielt auch eine maßgeblich Rolle in der Verbreitung. Mehr
und Mehr wird sich die Download Basis durchsetzen. Du kannst dir am
Südpol die neusten Hits runterladen, du musst nicht mehr in den
Plattenladen gehen.
Wenn ich mich heut zu Tage nach einer Band oder einem Künstler
erkundige, dann google ich den an und weiß 3 Sekunden später, wo der
spielt, was der macht, was der gemacht hat, ich kann mir den angucken
auf einem Foto usw. Das Internet ist, wie aus anderem Lebensbereichen
auch, nicht mehr wegzudenken.
DF: Den Tipp für das DF bzw. junge Schlagzeuger?
Herb: Da hat sich Gott sei Dank nichts geändert. Das ist immer noch das
gleiche: Ohren auf, Augen auf, spielen, spielen, spielen, üben macht
mit Sicherheit auch Sinn, die technischen Fähigkeiten updaten usw. Aber
gerade, weil Schlagzeuger auch in dieser Mittelpunkt-Funktion sind,
spielt die persönliche Reife eine sehr große Rolle.
Ich hab leider oft festgestellt, dass Leute, die sich nur auf eine
Sache konzentriert haben, letztenendes an den zwischenmenschlichen
Kommunikationsbeziehung gescheitert sind.
Solange es Spass macht, spielen.....