Marco Bussi - Jazz, Latin und mehr

  • Die menschliche Komponente muss stimmen
    Marco Bussi zeigte nicht nur auf dem Messe-Stand von Wahan in Frankfurt seine Qualitäten als Drummer. Seine originelle Homepage lohnt einen Besuch.
    Vielen Dank an den sympathischen Drummer-Kollegen, dass er sich Zeit genommen hat.



    DF: Seit wann spielst du Schlagzeug und warum gerade dieses Instrument?


    MB: Vielleicht sollte ich zunächst mal was über meine Eltern sagen, die sind klassische Musiker und spielen beide Geige. Sie stammen aus Uruguay und deswegen lernte ich schon als Kind auch andere Musik kennen – z.B. haben sie eine große Brazil-Jazz-Plattensammlung. Dazu kam, dass ich schon immer Schlagzeug spielen wollte. Warum? Kann ich nicht beantworten. Ich weiß nur, dass ich als kleines Kind ziemlich an Uhren interessiert war und sobald sich eine Gelegenheit bot hab ich getrommelt. Man kennt es - die obligatorischen Kochtöpfe und ähnliches. Die Entscheidung war klar, mir ging es immer um das Drumset, aber ich kam durch meine Eltern auch viel mit Perkussion in Berührung. Blockflöte und Geige, so merkten sie schnell, waren einfach nichts für mich. Mit sechs bekam ich immerhin den ersten Klavierunterricht, denn der Schlagzeugerlehrer aus dem Orchester, in dem meine Eltern spielten, sagte, dass ich zu klein bin. Das zog ich dann für vier Jahre durch.
    Mit neun Jahren ging es dann endlich los mit dem Schlagzeug. Den ersten Rhythmus, den ich drauf hatte, war natürlich ein Bossa. Jedoch startete die Ausbildung am Instrument klassisch - also erst einmal nur die Snare und das Übungspad, Agostini und Rich rauf und runter, Rudiments etc. Das ziehe ich bei meinen Schülern übrigens auch heutzutage noch durch. Dann ging es endlich ans komplette Set. Ungefähr sieben Jahre hatte ich bei ihm Unterricht. Dann kam eine Phase, in der ich mich erst Mal orientieren musste. Das war gut, denn ich musste mit dem, was ich gelernt hatte, zunächst mal etwas anfangen können. Ich habe mich dann darum gekümmert, mit Bands was auf die Beine zu stellen. Zu Anfang spielte ich nur in Musikvereinen, Akkordeonorchestern, Sinfonischen Orchestern, viel Blasmusik und so was.


    DF: Seit wann kannst du davon leben?


    MB: Der Übergang war eigentlich fließend. Mein erstes Geld verdiente ich mit 15 Jahren, da fing ich an, selbst Unterricht zu geben. Kurz nach dem Abi ging es dann verstärkt los. Man muss zusehen, dass man Aufmerksamkeit erregt. Während der Schulzeit spielte ich alles, was ich bekommen konnte. Ich konnte mit den Orchestern viel Erfahrung sammeln - das half mir, bekannter zu werden.



    DF: Was bedeutet das Instrument für dich?


    MB: Schlagzeug symbolisiert für mich Bewegung. Schlagzeug und Perkussion agieren im Gegensatz zu den anderen Instrumenten nicht im tonalen, sondern nur im perkussiven, rhythmischen Bereich, dafür aber umso markanter. Obwohl es Begleitinstrumente sind, heben sie sich hervor. Wenn das Schlagzeug spielt, fährt der Zug plötzlich.


    DF: Was macht für dich einen guten Drummer aus?


    MB: Ein guter Schlagzeuger repräsentiert die Time, beharrt aber nicht darauf, die Time absolut vorzugeben. Ich sehe die Time als etwas, was entweder da ist oder eben nicht. Mit dem Schlagzeug kann ich keine Time erzeugen sondern nur die wiedergeben, die in mir ist. In einer guten Band haben alle Musiker die gleiche Time. Und nur dann kann sich ein guter Drummer auch wirklich entfalten. Ein guter Drummer macht Musik und spielt songdienlich. Außerdem muss er seinen Kopf frei haben und sollte nicht auf seine Rolle fixiert sein. Das Schlagzeugspielen sollte eigentlich nur noch ein Reflex sein auf das, was man an Reizen von seinen Mitmusikern bekommt. Das ist aber ein Idealzustand und passiert selten.



    DF: Wie wichtig ist dabei die Kommunikation innerhalb einer Band?


    MB: Die menschliche Komponente ist sehr wichtig. Als Drummer solltest du schon eher eine loyal, kollegiale Ader haben. Als Typ solltest du nett und sympathisch sein und die Menschen sollten sich gerne mit dir unterhalten wollen. Es ist wichtig, dass auf dich geachtet und auch gehört wird, musikalisch wie auch persönlich genauso wie man auch selbst die anderen achtet. Da geht es dann nicht mehr darum, wie viel Rudiments geübt wurden oder eben nicht. Das ist eine andere Sparte - Wenn ein Drummer als Person nicht in Ordnung ist, dann kannst du das mit dem Profi total vergessen, weil dich keiner buchen wird.
    Das stelle ich immer wieder im Business fest: Die menschliche Komponente ist neben den Grundfähigkeiten des Musizierens das Allererste, was stimmen muss. Es gibt da sicherlich Extrembeispiele in beide Richtungen – technisch super aber komischer Kauz bzw. super Kumpel aber nix drauf, jedoch ist insgesamt sehr auf die persönliche Ebene zu achten. Da ist dann noch der Punkt Charisma. Durch verschiedene Lehrer habe ich meine Stärken und Schwächen herausgefunden und das ist sehr wichtig, wenn es um Originalität geht, die du brauchst, um dich aus der Masse der Drummer hervorzuheben. Ich habe gelernt, dass Musik an sich nicht erübt, sondern nur erfahren werden kann. Erst bei dem Transport dergleichen nach Außen ist dann die Technik gefragt.


    DF: Wie siehst du die Entwicklung des Musikbusiness speziell in Hinblick auf das Internet?


    MB: Das Internet ist für mich ein starkes Medium für den Informationsaustausch. Über Email brauchen wir uns wohl nicht weiter zu unterhalten, das ist ja selbstverständlich geworden. Ich nutze das Internet sehr gerne, wenn ich etwas wissen will, also zur Recherche. Das Wissen im Internet ist dynamisch - es entwickelt sich konstant weiter. Auch als Vertriebsmöglichkeit wird das Internet immer wichtiger. Alle Labels, die sich dieser Entwicklung verschließen, werden nicht überleben, denn der traditionelle CD-Verkauf geht rapide nach unten, was ich selbst aber auch schade finde. Die CD ist für mich nach wie vor wichtig und ich kaufe mir gerne eine CD, wenn mir die Musik gefällt. Es ist einfach ein schönes Gefühl, das Produkt in der Hand halten zu können.


    DF: Dein Tipp für das Drummerforum?


    MB: Offen sein! Heutzutage ist es schwierig offen für alles zu sein, denn von den Medien werden bestimmte Stile propagiert. Coolness wird leider viel zu oft mit Ignoranz verwechselt. Sich nur auf eine Richtung festzulegen, schränkt einen Drummer gerade in der Entwicklung ein. Das Schlagzeug lebt von so vielen Einflüssen, egal von welcher Musikrichtung. Außerdem ist es wichtig, nicht nur den Medien zu glauben, sondern zu versuchen, sich ein eigenes Bild zu machen. Es ist meiner Meinung nach absolut falsch wenn ich die Zeitschrift XY nehme und die Welt, die da präsentiert wird, eins zu eins übernehme. Das ist nicht das wirkliche Leben. Auch ist es wichtig seine eigenen Erfahrungen zu machen, ihnen zu trauen und dazu zu stehen, wenn man etwas anders sieht als es in diversen Medien dargestellt wird.
    Zum Beispiel spiele ich ja viele Jazzkonzerte und konnte in letzter Zeit beobachten, dass auch jüngere Leute sich für solche Musik begeistern konnten, obwohl sie vorher überhaupt nicht wussten, was Jazz ist. So etwas freut mich sehr, denn vor zehn Jahren hieß es noch „Igitt, du spielst Jazz?“ Mittlerweile heißt es „Oh, Jazz – interessant…“ denn in den Medien findet Jazz ja eigentlich nicht mehr statt. Ich sehe es positiv – dadurch können Menschen wieder absolut unvoreingenommen an solche Musikrichtungen herantreten. Auch in der Popmusik spiegelt es sich in vielen Bereichen immer mehr wieder. Und so langsam ist vielleicht die Zeit gekommen, in der Qualität wieder an Wert gewinnt…


    Weitere Infos: http://www.marcobussi.de

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