Veränderung der Popmusik

  • Vielleicht sollte man bevor man das Ganze mit dem handgemacht und elektronisch (was ich ebenfalls völlig unerheblich finde so lange die Umsetzungsweise der Idee entspricht und das Ergebnis gut ist) diskutiert erst mal klären was überhaupt "Popmusik" ist .... denn letztlich ist "Pop" ja kein Genre, sondern eher ein Überbegriff, unter den (vielleicht ist meine Sicht da etwas radikal) sowohl Britney Spears als auch Korn oder SOAD passen (Nur als Beispiele, weil die Namen hier schonmal gefallen sind, gilt auch für alles andere).



    Eine der Grossen Veränderungen ist in letzter Zeit meiner Meinung nämlich auch, das die Genre-Unterscheidungen (die eh grössententeils aus Marketinggründen geboren wurden, siehe "Emo", "Grunge" oder "Alternative" , "Melodycore", whatever) prinzipiell nur noch durch den SOUND definiert sind.


    Prinzipiell kann man viele "Pop"-Songs nur durch eine Änderung des Sounds zu Metalsongs umarrangieren oder Rocksongs zu R'n'B ("Fell in love with a girl" von den White Stripes oder die neuerlich kursierende Soul-version von "Nothing else Matters sind da gute Beispiele), das eigentliche musikalische Material (Melodien, etc.), unterscheidet sich immer weniger.


    Edit: Rächtschraibunk

    Schlechte Lehrer haben mich zum Autodidakten ausgebildet. - Mauricio Kagel

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  • Da wird ja wieder mal ein mords Faß aufgemacht.


    Vorweg:
    Mit Popmusik meine ich im folgenden alles von Folk bis Thrash.
    „Gut“ & „schlecht“ sind subjektive Bewertungen. Laßt uns bitte hier nicht über Begriffe oder Geschmack streiten, es geht um was anderes.



    Wahr ist: Gute und schlechte Popmusik gibt’s seit dem es Popmusik gibt.
    Wahr ist auch: Früher ist mehr gute Popmusik bekannt geworden als heute.


    Das liegt vor allem daran, daß das Geschäft mit Pop professionalisiert wurde. In der kreativen Blütezeit der 70er sind Titel in die Top Ten gekommen, für die Dich heute ein Majorlabel die Treppe runterkicken würde. Die spinnerten Musikliebhaber der frühen Jahre sind unter den Entscheidern des Musikbusiness immer rarer geworden. An ihre Stelle sind Manager getreten, die im Zuge der Umstrukturierung der Branche das tun, was von den Unternehmensbesitzern (meist Aktionäre) verlangt wird: Umsatzwachstum, Marktanteile erobern, Gewinn erzielen. Musik und das was dran hängt (Lifestyle, Merch…) ist zu einem x-beliebigen Produkt geworden und wird dementsprechend behandelt. Für viele Menschen ist das auch o.k., soweit sie durchschnittliche Musikkonsumenten sind (das meine ich gar nicht abwertend). Sie hören Radio, sehen fern – und zwar das, was ihnen dort kredenzt wird: Altbewährtes wie Cocker, Collins & Co. und die neueste Sau, die gerade durchs Dorf getrieben wird. Daß die Qualität dabei oft auf der Strecke bleibt ist uns bekannt. Schade ist, daß der durchschnittliche Konsument nicht das kriegt, was er bekommen könnte: Nämlich gute Musik. Entgegen vieler Zeitgenossen bin ich der Auffassung, daß Lieschen Müller auch Gefallen an Musik findet, die nicht zwangsläufig dürftig tönen muß. Wie sonst sind solche „Unfälle“ wie z. B. Norah Jones und Jack Johnson* zu erklären? Wenn man etwas länger drüber nachdenkt, wird man eine ganze Reihe solcher Beispiele finden. Das Problem ist, daß die Musikindustrie der breiten Masse den Geschmack abspricht und in Folge dessen das bescheidene Mahl serviert, von dem sie sich volle Taschen verspricht. Diese Einstellung ist unglaublich überheblich – eigentlich zynisch. Was macht Lieschen Müller? Sie hört das, was sie btw mitkriegt und ihr das Musik-Marketing reindrückt. Sie kauft noch ein paar CDs und zwar genau die, die ihr vorgebetet wurden. Das System bestätigt sich selbst und der Kreislauf geht genau so weiter.


    Für den Musikliebhaber liegt die Sache anders. Er informiert sich über die verschiedensten Quellen und kann aus einem unglaublichen Angebot auswählen, wenn er sich nur die Mühe macht. Wenn einer erzählt, es gäbe nichts Gutes, hat er entweder exorbitante Ansprüche oder ist unfähig zu suchen. Hier sind wir schnell durch.


    Die Diskussion handgemacht vs. Retortensounds ist müßig. Entscheidend ist, was raus kommt, soll heißen, welche musikalische Wirkung erzielt wird. Mit welchen Mitteln ist mir vollkommen gleich. Oft ist es so, daß Retortenmucke bei mir den Kürzeren zieht, aber nicht, weil sie aus der Kiste kommt, sondern weil in bestimmten Situationen Menschen bestimmte Sachen besser können. Das kann sich ändern, weil die technischen Möglichkeiten immer besser werden. Die Entwicklung der Technik hat aber schon immer die Musik beeinflußt und natürlich auch die Musiker. Ohne Computer wäre das Thema Timing, Click etcpp nicht so weit in den Vordergrund gerückt. Und in Folge dessen wurden die Schlagzeuger in diesen Punkten „besser“, weil sie auf einmal mit Drumcomputern konkurrieren mußten. Der Bogen wurde natürlich überspannt, so daß die Drumcomputer wieder mit „human feel“ ausgestattet wurden usw usf. Im Moment gibt’s noch Grenzen, an denen Computer scheitern: Der spielerische Umgang mit Zeit, wie er z. B. von Könnern wie Elvin Jones, Jack deJohnette, Bill Stewart und Brian Blade zelebriert wird, ist bisher unerreicht. Technik und Musik gehen schon sehr lange einher und unterm Strich hat die Musik dabei gewonnen. Noch ein paar Beispiele? Die temperierte Stimmung (nein, ich spinne nicht): Das war ein sehr technischer, intellektueller Vorgang, der der Musik neue Tore geöffnet hat. Oder z. B. mechanische Musikinstrumente: Conlon Nancarrow hat Stücke für mechanisches Klavier komponiert, weil seine Ideen von Pianisten nicht umsetzbar waren. Das ist doch ein absolut legitimer Ansatz, hier steht das Ergebnis im Vordergrund und das ist im Prinzip nichts anderes wie der Gebrauch von Computern heute**. Man kann damit prima Musik machen. Aber es ist wie mit allem: Man muß es können. Und genau das macht den Musiker aus. Ob ich das mit Soundkarte und Software oder Schlagzeug und Stimme bewerkstellige ist dabei nebensächlich.


    Das mußte halt mal gesagt werden.


    Keep On Groovin’
    fwdrums



    * Nein, ich will jetzt nicht über die beiden diskutieren!
    ** Witzigerweise gibt es eine CD vom Ensemble Modern, auf der sie „mechanische Kompositionen“ von Nancarrow spielen.


    Edith sacht: Wenn schon so komische Namen, dann aber richtich...

    nontoxic: kurze lange CD-Pause

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  • Ob nun Frau Lavigne einen Trend zur mehr "handgemachte" Musik ausgelöst hat oder gar die von mir geschätzten SOAD möchte ich bezweifeln. Schön finde ich aber, dass es neben der Computermusik (ich klicke gerne ab und zu am PC, obwohl, da gibt es Leute, die können das wesentlich besser als ich) auch noch Platz für Bands mit einem "richtigen" Drummer gibt. Inwieweit dieser dann aber mit Click, Protools, etc. "maschinell" wird, ist ein anderes Thema. Obwohl Herr Eigner beim Nachrichtenmdous ausschliesslich zum Cklick trommelt, wie in der neuesten Sticks nach zu lesen ist, schafft er es doch, den ganzen Beats und Grooves etwas Menschliches zu geben. So etwas mag ich.
    Hinter der ganzen Entwicklung zu mehr "live" steckt vielleicht der Wunsch, neben dem Abhängen vorm PC in einer virtuellen Welt z.B. namens Drummerforum etwas real und sozial erleben zu wollen. Dazu dient dann ein Live-Konzert, egal, in welcher Größenordnung. Das kann uns Musiker nur recht sein.
    Trotzdem, viele fahren auf DJs und Musik aus der Konserve auf Parties, Feiern, Hochzeiten, etc. ab, das finde ich nicht so toll. Dann doch lieber eine Coverband, die "Smoke on the water" nicht so genau hinbekommt. Da kann man dann wenigtens drüber ablästern...


    Ach, ja, wenn Bands wie Tokio Hotel zur Folge haben, dass junge Menschen ein Instrument lernen, dann finde ich das gut!

  • Zitat

    Die temperierte Stimmung (nein, ich spinne nicht): Das war ein sehr technischer, intellektueller Vorgang, der der Musik neue Tore geöffnet hat.


    In den 60igern und 70igern war das kein "technischer, intellektueller Vorgang" sondern war oft auf die Einnahme von Drogen zurückzuführen. :D


    Klasse Statement Fwdrums!


    Pop Musik ist ein Produkt welches zu vermarkten ist, ob sie gut oder schlecht ist, ist erstmal nebensächlich, Hauptsache sie verkauft sich gut.


    Nur gut das sich durch das Internet eine Art Sub-Kultur entwickelt hat,
    das Diktat der Pop Industrie ist durch das Netz gebrochen worden.


    Seit Jahren wird mit den herkömmlichen Tonträgern immer weniger verdient.


    Dadurch wird von der Industrie leider immer mehr auf Nummer sicher gegangen, d.h. "andere" Musik als der gemeine Mainstream hat es heute wesentlich schwerer als früher einen Majordeal zu ergattern.


    Neue Trends kommen mittlerweile aus dem Netz, siehe diese durchgeknallte Türken Combo Grup Turkan.

  • Zitat

    Original von chesterhead
    Wir reden hier nicht von Hardcore/Gabba-Asis die mal eben den Song um 100 bpm schneller machen und ein Utzutz dahinter legen, sondern von Soundästheten.


    glaub mir, im hardcore techo bereich passiert im moment mehr als in praktisch allen anderen musikrichtungen. freunde ich mal mit dem begriff breakcore an. viel spass... ich hör das gerne.



    ich wüsste nicht, was an handgemachtem sound besser sein soll als an sound vom computer.



    das musikbusiness ist halt nur ein abklatsch davon, wie unsere welt funktioniert. schlussendlich gehts nur um die kohle. das ist halt überall so, und wird überall immer schlimmer.


    major labels = geld = möglichkeiten, pr zu machen = beeinflussung der masse.


    wenn die wollten, wäre in nem halben jahr eine top funkband auf platz 1 der charts.

  • Also ich stelle keine gravierende Veränderung in der Popmusik fest. Obwohl ich in meiner tiefsten Seele Rocker bin, ist mir eine gutgemachte (Elektro/Dance) Popmusikscheibe mittlerweile zehnmal lieber, als das abgelutschte Geleiere von z.B. Nickelback. Das sich mittlerweile 60% der sogenannten Rockbands so anhören, macht mich sogar richtig aggressiv. Wenn mein Jahrgang (1968) mal zurückblickt auf die 70er/80er Jahre und teilweise auch 90er, kann man schon mit Recht behaupten:


    Wow! Was eine Vielfahlt. Ich muss nicht aufzählen, was sich alleine im Rockmusikbereich für unterschiedliche Pappenheimer getümmelt haben.
    Die kannst du aber wenigstens noch alle unterscheiden bzw. heraushören.


    Ich sag nur...New Wave! War das nicht spannend, wenn Bands wie z.B. Simple Minds eine völlig neues Musikgefühl geschaffen haben? Gab es nicht auch genialen Punk Rock ala Killing Joke?


    Das nur als Beispiel :) Ich denke mal bei dem Zeitdruck und dieser Schnellebigkeit unseres Alltags (und da gibt es bei mir im Job durchaus Parallelen zur Musikbrache), kann man einfach nichts Bahnbrechendes hervorzaubern.


    Da spielt es keine Rolle ob elektronisch oder hausgemacht. Früher habe ich mich immer über Joe Jackson aufgeregt. Der Mann hat nun wirklich nicht wenige Alben gemacht. Heute muss ich sagen, wo gibts das noch, jemand der durch sämtliche musikalischen Ebenen und Stile gereist ist. Einfach Klasse :)


    Aber als musikalischen Gegensatz aus der "Massen oder Mainstream Ecke"muss ich immer wieder Michael Jackson heranziehen. Seiner Musik kann ich sogar manchmal etwas abgewinnen. Der Song "You Are Not Alone" hat eine unbeschreibliche Wirkung auf mich.


    Wie wird da produziert? Natürlich mit einem völlig anderen finanziellen Budget. Aber macht es das aus, oder hat er einfach nur kapiert:


    Moment mal! ich kann nicht jeden beliebigen Müll auf den Markt werfen, nur um in regelmäßigen Abständen auf der Bildfläche zu erscheinen und in den Charts präsent zu sein.


    Ich will jetzt nicht meinen musikalischen Geschmack einfließen lassen, aber es ist schon teilweise Ekel erregend was sich da zusammenbraut. Individualismus um jeden Preis kann auch schlimm sein, siehe Anette Louisian (oder wie auch immer) oder "mein Freund" Xavier Naidoo.


    In letzter Zeit ist es so, wenn mal wieder so eine DSDS Welle über unser Familienleben schwappt, verziehe ich mich in meinen Keller und lege mir ACDC auf die Ohren. Ist ungefähr so erfolgreich und effizient wie ASPIRIN, und das zuverlässig und seit Jahrzehnten :)


    Seid doch mal ehrlich...tut sich da heute was in der Popmusik?


    greetz


    roach


    EDIT: Habe zwar etwas am Thema vorbeigeschossen, aber das musste auch mal gesagt werden.

    Einmal editiert, zuletzt von roachford ()

  • ich sag nur "Generation Rock".

    In den 80ern war !Disco! der Renner... Da stand die breite Masse auf elektronischen Sound. Heute sind es halt die Rockbands die komerzialisiert werden. Die Gitarre als Kultobjekt, der coole "Rocker"... Die Masse mag sowas momentan. Sieht man ja an DSDS, der Typ is genauso ein Alibi-Rocker.

  • ich kümmer mich ehrlich gesagt kaum noch um das was aktuell im radio, mtv oder viva läuft.
    man findet heutzutage auf der anderen seite so manche cd, die vom spielerischen und sound/produktionstechnischem vieles in den schatten stellt. solche albem muss man nur finden. die laufen halt nicht oder nur höchst selten auf den großen sendern.
    wie hier schon erwähnt wurde. qualität spielt kaum eine rolle. man muss der masse irgendetwas nur oft genug vorspielen und ausreichend promoten - schon wird das gekauft.

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