Ich grabe diesen Thread mal wieder aus, denn genau über dieses Thema habe ich mir die letzte Zeit ein paar Gedanken gemacht, auch wegen eines andere Threads hier im Forum zu Spielarten und Verkrampfen am Set.
Mein gedanklicher 08/15-Matsch dazu ist folgender:
Covern gibt es zweierlei, einmal das 1:1 Cover, dann das interpretierte Cover. Das erstere ist ein starres Konstrukt, wie es von vielen, vielen Bands immer wieder durchgezogen wird. Ich kenne ehrlich gesagt mehr Bands die 1:1 covern, bzw. dies versuchen, denn etwas eigenes aus dem Cover zu entwickeln. 1:1 covern kann einfach und langweilig sein, aber auch sehr anstrengend. Ich denke, gerade für Drummer wird es insofern anstrengend, dass sie auf ihrem - auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Set - das nachspielen müssen, was viele andere Drummer in den Originalversionen auf einem zumeist ganz anderem Set spielen.
Das bedeutet in der Konsequenz, dass man viele verschiedene Schlagzeugertypen "kopieren", deren individuelle Spielweise beherrschen muss und auf das eigene Set ohne "Wertverlust" adaptieren, damit es wirklich (!) gut bzw. original klingt (sonst wird man zerrissen vom Publikum). Das bedeutet aber auch, dass eine eigene Note, ein eigener musikalischer Stil beständig unterdrückt wird. Selbstentfaltung gibt es da im Grunde nicht. Das kann langfristig sicher zu Frustrationen führen, es sei denn, man will sich als Musiker gar nicht wirklich - auch nicht mal im Ansatz - selbstverwirklichen. Ich glaube auch, dass dieses ewige 1:1-covern inklusive dem sich daraus entwickelnden Hang zum Perfektionismus zu einem zu hohen Erwartungsdruck beim Drummer, "musikalischer Deformation" und damit auch Verspannungen/Verkrampfungen beim Drummer führen kann (Die Probleme wurden ja schon woanders thematisiert).
Für die Gesundheit und die Seele ist diese Art des Musizierens nach meinem Dafürbefinden daher evtl. nicht gerade förderlich, für's Portemonnaie vielleicht schon, weil 1:1 Coverbands - warum auch immer - beständig nachgefragt werden bei allen möglichen Feiern.
Dann gibt es das bereits angesprochene interpretierte Cover. Das finde ich für mich als Drummer und generell für Drummer und auch alle anderen Musiker viel spannender. Ich muss nicht 1:1 krampfhaft versuchen, so zu klingen wie Porcaro oder Collins oder Rudd oder sonstwer, sondern kann einem Lied meinen eigenen Stempel aufdrücken. Ich kann das Tempo meinem Musikverständnis anpassen, kann Fills weglassen, wenn sie mich technisch überfordern oder einfach nur nerven, ich kann alles komplett anders machen, den Rhythmus ändern, eien Shuffle einbauen, alles nur mit Besen spielen oder 'nen Hip-Hop Groove dem Rockstück aufdrücken. Es wird etwas neues geschaffen, ein schöner kreativer Prozess, an dem man nicht gemessen werden kann wie an einem 1:1 Cover.
Entweder mag der Zuhörer die Interpretation des Stücks oder nicht - und das in Gänze. Dass man aber zerrissen wird, weil der Fill in Takt acht nicht 100% so klang wie bei Dave Weckl, der Rest der Truppe aber super war, ist nicht zu erwarten. Das führt auch bei mir zumindest dazu, das ich das covern oder besser interpretieren viel entspannter, zugleich aber fordernd-kreativ-positiv wahrnehme. Ganz Ikea-mäßig heißt es dann "Entdecke die Möglichkeiten" und ja, einige Möglichkeiten, die sich einem auftun, sind so gut, dass man sich fragt: Wieso ist Band XYZ damals nicht von selbst drauf gekommen, es klingt ja viel stimmiger, besser.
Nicht dass ich jetzt irgendeine Art von Selbstbeweihräucherung betreiben will, aber wenn meine Band mit Sachen von Cream kommt, denke ich oft, ich müsste mich ja nun erstmal mit Drogen vollballern, um 1:1 so kacke zu spielen, wie Baker. Was der in seiner Karriere teils an krudem Zeug zusammengetrommelt hat, ist schon beeindruckend. Klar, es gab auch viel gutes, beeindruckendes, aber sein Grundansatz bei Cream, alle drei Instrumente gleichberechtigt in der Band zu haben, also drei Solisten (bzw. Egomanen) zu haben, die alle auf ihrem Instrument 1. Geige spielen wollen und damit mehr gegeneinander denn miteinander spielen, hat vielen Liedern nach meinem Dafürbefinden nicht gut getan.
Dann kommt in der Gruppe der Vorschlag, Crossroads und Sunshine of your love zu spielen. Bei Baker ist das alles hektisch. Viel zu hektisch. Die Kompositionen sind eigentlich so geradeaus, dass man sehen MUSS, dass die Musik fließen muss, nicht in einem wilden Tom-Stakkato zerschreddert werden darf. Also einfach mal das ganze Gefrickel über Bord werfen, alles simpler machen, straighter beat. Weniger ist mehr. Alles einmal eingespielt und siehe da, die Kollegen nicken anerkennend. Die Stücke hatten plötzlich viel mehr Substanz und gingen in die Beine. Da hatte sich, so der generelle Tenor, es grundsätzlich gelohnt, das Rhythmusschema über Bord zu werfen und etwas neues zu schaffen.
Und dann, ein paar Tage später schau ich auf Youtube, sehe eine Crossroads-Version live mit Erich Klapperton an der Klampfe und Steve Gadd an den Drums. Und was macht Gadd? Genau das, was ich auch gemacht habe: Weniger. Alles entschlackt. Und es klingt so viiiel besser als in der Original Cream-Version. Alleine dieses Video hat mich nochmals darin bestärkt, was ich schon seit etlichen Jahren denke, was manche hitzigen Diskussionen unter Freunden aber schon entfacht hat, nämlich dass Covern manchen Liedern einfach nur gut tut und sie verbessert. Aber einige Mucke-Polizisten wollen das nicht wahrhaben, für sie gibt es nur das Original - naja und wohl die 1:1 Cover/Tribute/Revival Band.
So, das war mein Wort zum Sonn... äh... Dienstag.