Covern, aber wie?

  • Ich grabe diesen Thread mal wieder aus, denn genau über dieses Thema habe ich mir die letzte Zeit ein paar Gedanken gemacht, auch wegen eines andere Threads hier im Forum zu Spielarten und Verkrampfen am Set.


    Mein gedanklicher 08/15-Matsch dazu ist folgender:


    Covern gibt es zweierlei, einmal das 1:1 Cover, dann das interpretierte Cover. Das erstere ist ein starres Konstrukt, wie es von vielen, vielen Bands immer wieder durchgezogen wird. Ich kenne ehrlich gesagt mehr Bands die 1:1 covern, bzw. dies versuchen, denn etwas eigenes aus dem Cover zu entwickeln. 1:1 covern kann einfach und langweilig sein, aber auch sehr anstrengend. Ich denke, gerade für Drummer wird es insofern anstrengend, dass sie auf ihrem - auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Set - das nachspielen müssen, was viele andere Drummer in den Originalversionen auf einem zumeist ganz anderem Set spielen.


    Das bedeutet in der Konsequenz, dass man viele verschiedene Schlagzeugertypen "kopieren", deren individuelle Spielweise beherrschen muss und auf das eigene Set ohne "Wertverlust" adaptieren, damit es wirklich (!) gut bzw. original klingt (sonst wird man zerrissen vom Publikum). Das bedeutet aber auch, dass eine eigene Note, ein eigener musikalischer Stil beständig unterdrückt wird. Selbstentfaltung gibt es da im Grunde nicht. Das kann langfristig sicher zu Frustrationen führen, es sei denn, man will sich als Musiker gar nicht wirklich - auch nicht mal im Ansatz - selbstverwirklichen. Ich glaube auch, dass dieses ewige 1:1-covern inklusive dem sich daraus entwickelnden Hang zum Perfektionismus zu einem zu hohen Erwartungsdruck beim Drummer, "musikalischer Deformation" und damit auch Verspannungen/Verkrampfungen beim Drummer führen kann (Die Probleme wurden ja schon woanders thematisiert).


    Für die Gesundheit und die Seele ist diese Art des Musizierens nach meinem Dafürbefinden daher evtl. nicht gerade förderlich, für's Portemonnaie vielleicht schon, weil 1:1 Coverbands - warum auch immer - beständig nachgefragt werden bei allen möglichen Feiern.


    Dann gibt es das bereits angesprochene interpretierte Cover. Das finde ich für mich als Drummer und generell für Drummer und auch alle anderen Musiker viel spannender. Ich muss nicht 1:1 krampfhaft versuchen, so zu klingen wie Porcaro oder Collins oder Rudd oder sonstwer, sondern kann einem Lied meinen eigenen Stempel aufdrücken. Ich kann das Tempo meinem Musikverständnis anpassen, kann Fills weglassen, wenn sie mich technisch überfordern oder einfach nur nerven, ich kann alles komplett anders machen, den Rhythmus ändern, eien Shuffle einbauen, alles nur mit Besen spielen oder 'nen Hip-Hop Groove dem Rockstück aufdrücken. Es wird etwas neues geschaffen, ein schöner kreativer Prozess, an dem man nicht gemessen werden kann wie an einem 1:1 Cover.


    Entweder mag der Zuhörer die Interpretation des Stücks oder nicht - und das in Gänze. Dass man aber zerrissen wird, weil der Fill in Takt acht nicht 100% so klang wie bei Dave Weckl, der Rest der Truppe aber super war, ist nicht zu erwarten. Das führt auch bei mir zumindest dazu, das ich das covern oder besser interpretieren viel entspannter, zugleich aber fordernd-kreativ-positiv wahrnehme. Ganz Ikea-mäßig heißt es dann "Entdecke die Möglichkeiten" und ja, einige Möglichkeiten, die sich einem auftun, sind so gut, dass man sich fragt: Wieso ist Band XYZ damals nicht von selbst drauf gekommen, es klingt ja viel stimmiger, besser.


    Nicht dass ich jetzt irgendeine Art von Selbstbeweihräucherung betreiben will, aber wenn meine Band mit Sachen von Cream kommt, denke ich oft, ich müsste mich ja nun erstmal mit Drogen vollballern, um 1:1 so kacke zu spielen, wie Baker. Was der in seiner Karriere teils an krudem Zeug zusammengetrommelt hat, ist schon beeindruckend. Klar, es gab auch viel gutes, beeindruckendes, aber sein Grundansatz bei Cream, alle drei Instrumente gleichberechtigt in der Band zu haben, also drei Solisten (bzw. Egomanen) zu haben, die alle auf ihrem Instrument 1. Geige spielen wollen und damit mehr gegeneinander denn miteinander spielen, hat vielen Liedern nach meinem Dafürbefinden nicht gut getan.


    Dann kommt in der Gruppe der Vorschlag, Crossroads und Sunshine of your love zu spielen. Bei Baker ist das alles hektisch. Viel zu hektisch. Die Kompositionen sind eigentlich so geradeaus, dass man sehen MUSS, dass die Musik fließen muss, nicht in einem wilden Tom-Stakkato zerschreddert werden darf. Also einfach mal das ganze Gefrickel über Bord werfen, alles simpler machen, straighter beat. Weniger ist mehr. Alles einmal eingespielt und siehe da, die Kollegen nicken anerkennend. Die Stücke hatten plötzlich viel mehr Substanz und gingen in die Beine. Da hatte sich, so der generelle Tenor, es grundsätzlich gelohnt, das Rhythmusschema über Bord zu werfen und etwas neues zu schaffen.


    Und dann, ein paar Tage später schau ich auf Youtube, sehe eine Crossroads-Version live mit Erich Klapperton an der Klampfe und Steve Gadd an den Drums. Und was macht Gadd? Genau das, was ich auch gemacht habe: Weniger. Alles entschlackt. Und es klingt so viiiel besser als in der Original Cream-Version. Alleine dieses Video hat mich nochmals darin bestärkt, was ich schon seit etlichen Jahren denke, was manche hitzigen Diskussionen unter Freunden aber schon entfacht hat, nämlich dass Covern manchen Liedern einfach nur gut tut und sie verbessert. Aber einige Mucke-Polizisten wollen das nicht wahrhaben, für sie gibt es nur das Original - naja und wohl die 1:1 Cover/Tribute/Revival Band.


    So, das war mein Wort zum Sonn... äh... Dienstag.

    "You don't have to show off" - Peter Erskine

  • Ganz schön viel Text für eine eigentlich selbstverständliche Sache - wäre doch erstaunlich, wenn immer genau die ursprüngliche Originalversion die beste wäre. Jedes Stück muss aus der Grundidee entwickelt werden, und manchmal braucht das mehr Zeit, Kreativität oder Weitsicht, als die ursprünglichen Komponisten damals hatten.


    Ausserdem muss man die Urfassung jedes Stücks auch im Kontext des allgemeinen Musikgeschmacks seiner Zeit sehen. Damals, in den 60ern zu Zeiten von Cream und dergleichen, wurden viele Stücke durch eher hektisches Trommeln zerhackt, da lassen sich einige Beispiele finden. Das war damals eben Mode, und diese Mode hat sich (glücklicherweise) als nicht dauerhaft erwiesen. Wie Du die Stücke heute lieber hören willst, und dann auch spielst, entspricht eher dem heutigen Geschmackskonsens.

  • wäre doch erstaunlich, wenn immer genau die ursprüngliche Originalversion die beste wäre


    Doch genau dies vertreten ja so manche Leute. Sonst gäbe es ja nicht diese Kopie-Bands, die sich identisch anziehen, schminken, bewegen, singen, tanzen, musizieren...


    Zitat

    Wie Du die Stücke heute lieber hören willst, und dann auch spielst, entspricht eher dem heutigen Geschmackskonsens.

    Da bin ich mir in meinem Fall gar nicht mal so sicher, denn mit dem heutigen Musikgeschmack bin ich in sehr weiten Teilen eher auf dem Kriegsfuß. :D

    "You don't have to show off" - Peter Erskine

  • Da bin ich mir in meinem Fall gar nicht mal so sicher, denn mit dem heutigen Musikgeschmack bin ich in sehr weiten Teilen eher auf dem Kriegsfuß. :D


    Ich meine ja auch nicht den heutigen Musikgeschmack, sondern eher etwas übergeordnetes, daher schrieb ich auch "Geschmackskonsens". Damit meine ich sowas wie ein allgemeines Empfinden davon, was heute als zeitgemässe musikalische Auffassung verstanden wird. Darin spiegeln sich die in den letzten Jahren und Jahrzehnten etablierten Spielweisen, Sounds und auch Musikstile. Seit es zB. den Hiphop gibt, hat dieser Stil viele andere Stile deutlich beeinflusst, und damit meine ich nicht, dass jetzt gerne mal eine Strophe "gerappt" wird. Es ist eher die musikalische Form, der Sound, das Feel, etc. Dieser übergeordnete Konsens ist ein Teil der popularmusikgeschichtlichen Entwicklung und bestimmt massgeblich, was man heute als "angemessen", oder wie in Deinem Beisplel als hektisch oder überladen empfindet.

  • Zitat

    Doch genau dies vertreten ja so manche Leute. Sonst gäbe es ja nicht diese Kopie-Bands, die sich identisch anziehen, schminken, bewegen, singen, tanzen, musizieren...


    Also ich sag mal, ne gewisse Berechtigung möchte ich den 1:1 - Covers schon einräumen... aber natürlich mehr aus Sicht der Zuhörer... Wenn Du ne Band hast die sich z.B. auf eine Band spezialisiert, also ACDC - Coverbands und Co., ist doch 1:1 covern doch net so verkehrt. Die Leute freuen sich doch, wenn sie diese oder jene Band auch mal für paar Teuros wengier hören können, bzw. deren Musiker entsprechend dargeboten wird... und man, wenn man arg auf eine solcher Bands steht, diese Bands auch öfter mal hören kann als die Originale...


    Direkt zum Thema würd ich aber auch sagen, bzw. ich biete meine Idee beim Covern an: Eigentlich normal unspektakulär: Ich nehme den Song, behalte das trommeltechnische, was ich gut finde, und gestalte halt Sachen, die ich anders besser finde, um... was eh eigentlich immer nur Details sind. Den Grundcharakter komplett zu ändern, das hab ich nie gemacht... aber: Ich spielte nie in eienr reinen Coverband, daher war das Thema bei mir nie so gross... Wir hatten aber z.B. auch mal die Idee, vielleicht mal wirklich nen Song aus nem anderen Genre zu nehmen und den in "unserer Farbe" anzubieten... Bisher nie gemacht, aber ne spannende Idee, find ich... vielleicht kommt das ja noch mal...

    Wer beim Üben gut klingt, wird nicht besser. - Sinngemäß nach Jojo Mayer



    Meine Spielsachen

  • Eines vorweg, ich erarbeite und spiele Covers sehr gerne, egal ob 1:1 oder eigene Interpretationen. Erstens macht es mir Spaß weil mir der Großteil der Nummern, an denen ich mich versuche, selbst sehr gut gefällt. Zweitens lerne ich beim Erarbeiten der Covers unglaublich viel, auch wenn es nur die Erkenntnis ist, dass der Originaltrommeler "an rechten Schmarr'n" zusammengezimmert hat.


    weil 1:1 Coverbands - warum auch immer - beständig nachgefragt werden bei allen möglichen Feiern



    Die Antwort darauf ist für mich relativ einfach zu finden. Die 1:1-Cover-Mucke-Band spielt meist vor Publikum die Musik hören will, darauf tanzen will oder sich einfach nur gut unterhalten lassen will. Der Normalo-Besucher (ich behaupte fast ausnahmslos Nichtmusiker) dieser Parties (Konzert verwende ich für diese Aufführungen bewusst nicht) will das dann meistens von Takt 1 weg. Dass kann er nur wenn er das Lied sofort erkennt. In diesem Fall ist die Band nix weiter als ein DJ-Ersatz.


    Kleiner Ausflug in meine spärliche Tätigkeit als DJ… Ich habe mir als Musiker immer mal wieder erlaubt Live-Versionen (die ich meist sehr viel besser finde als die Studioaufnahmen) von bekannten Titeln zu spielen. Als krasses Beispiel fällt mir da "Ain't Nobody" ein. Spiele dieses Lied auf einer Party, Hochzeitsfeier oder einem sonstigen Anlass. Du wirst in den meisten Fällen die Tanzfläche voll haben. Ich habe mir erlaubt diese Nummer von der 2008'er Live Scheibe aufzulegen (stehe ich total drauf). Es dauerte nicht mal bis zum Ende der 1. Strophe, bis die ersten kamen und gesagt haben ich sollte doch bitte das Original von Chaka Khan auflegen und nicht die billige Coverversion. Zweimal leere Tanzfläche und Du bist geheilt von solchen Experimenten.


    Das gleiche gilt für die Coverband. Sie muss die Tanzfläche vollmachen, dass ist der Zweck für den sie vom Veranstalter oder Wirt gebucht wurde. Volle Tanzfläche = Umsatz, leere Tanzfläche = wenig bis keinen Umsatz = keinen Folgegig für die Band. Bestes Beispiel sind die Standfeste wie HonkyTonk und wie sie alle heissen. Ich kenne einige dieser Veranstalter und im Falle von Augsburg die meisten Wirte, die bei dieser Veranstaltung mit über 20 Locations mitmachen. Sind neue Bands dabei, die der Veranstalter bisher nicht kannte, fragt er den Wirt i.d.R. wie den die neue Band so war. Rate mal, was der Wirt damit meint, wenn er sagt "die Truppe war geil". Bestimmt nicht, "toll, wie die Band die Songs interpretiert hat, die haben eine total interessanten eigenen Sound entwickelt und der Übergang von der Bridge in den Schlußrefrain war sehr viel besser als es die Original Band gespielt hat". Nein, er wird sagen "Super, ich habe 10% mehr Umsatz als letztes Jahr gemacht, ich konnte meine 12 Bedienungen sogar innen kleinen Bonus bezahlen. Ich bin auf jeden Fall nächstes Jahr wieder dabei." Gut im Irish Pub mit 20 Plätzen kann das natürlich gut funktionieren, wenn das Akustiktrio ein Interpretation von Smoke On The Water im Irish Style wiedergibt. Aber wenn ich z.B. an meine 9-köpfige 10 To Eleven Coverband denke, die allein schon aufgrund der Bandgröße nur Locations bespielen kann, wo der Laden brummen muss, dass der Wirt auf seinen Schnitt kommt, funktioniert das nur bedingt.


    Die musikalische Herausforderung liegt, ich bleibe jetzt mal bei 10 To Eleven, für uns beim 1:1 Covern darin, wie wir (wir sind alles keine Profis und arbeiten mit musikalisch sehr beschränkten Fähigkeiten und Möglichkeiten) bestimmte Nummer so umsetzen, dass es auch möglichst Original klingt. Das fängt bei uns mit der Sängerin an, die schon mal "Männer"-Nummern wie Sledgehammer singen muss, geht weiter beim Keyboarder, der halt keine Equipmentwände zur Verfügung hat, und setzt sich fort bis zu mir als Drummer der nicht den rechten Fuss von J.R., das Feeling von Manu Katché hat oder eine Groovemaschine wie Jab'o Starks ist. Die Kunst hier liegt in einer cleveren Reduktion. Die noch größere Kunst ist m.E. dann auch die Einsicht gewinnen zu können, dass halt manche Lieder nicht gehen und sie nach diversen Proben und dem Aufwand das Material rauszuhören wieder aus dem Programm zu schmeissen.


    Interpretationen von Liedern zu machen ist auch geil und habe ich auch schon oft gemacht. Das funktioniert aber halt meist nur bei Bands, die Ihr eigenes Programm mit solchen Covers auffüllen. Hier erwartet das Publikum erstens keine Coverstücke bzw. ist was die Akzeptanz solcher Stücke angeht, wesentlich offener. Das dabei teilweise Lieder rauskommen, die weitaus "besser" sind als das Original (z.B. Sympathy for the Devil - Motörhead) ist dann zusätzlich noch ein wundervoller Aspekt. Solche Unterfangen können aber auch voll nach hinten losgehen (meine ich musikalisch, nicht kommerziell, wie z.B. die letzte populäre House -Ain't Nobody-Version)


    Das war mein Wort zum Mittwoch…


    Der obige Text spiegelt einzig und allein die Meinung und Erfahrung der Verfassers wieder :)


    Edit: jetzt habe ich solange geschrieben dass die Kollegen schneller waren.


    Eines noch: Ich verstehe mich als Cover-Mucker nicht als Künstler sondern als Dienstleister! Das Wort mag vielleicht dem geneigten Musiker nicht gefallen, trifft aber den Kern. Das gleiche gilt für meine berufliche Tätigkeit als Fotograf. Natürlich würde ich gerne ausnahmslos künstlerisch Arbeiten was auch in einigen Fällen durch Kunden die mir freie Hand lassen passiert. Aber im gross ist es halt das technisch sauber ausfotografierte Geschäftsführerportrait oder eine Dokumentation der Firma für eine Portrait, dass in Fachzeitschriften oder auf der Firmen-Website erscheint…

  • Hallo,


    ich sehe das auch so.
    Es gibt für alles eine Berechtigung, die Antwort ist nicht pauschal,
    sondern beginnt mit der Gegenfrage, für wen spiele ich und was
    kann ich tatsächlich.
    Danach muss man sich richten, wenn es etwas werden soll.


    Bei meinen bisherigen Coverbands war die künstlerische Interpretations-
    fähigkeit ohnehin eher eingeschränkt. Bei mir heißt das: entweder das
    Original nachklöppeln, soweit das geht und sinnvoll ist oder eben das
    Beste daraus machen, aber immer noch im Rahmen der Veranstaltung.
    Bei manchen Originaltrommlern fehlt mir immer noch der nötige Respekt
    für deren Wirken, die Zahl derer, dessen Wirken ich inzwischen aber
    so gut erachte, dass ich froh bin, auch nur halb so gut klingen zu können
    (vielleicht auch nur viertel, achtel, sechzehntel ...), Interpretation heißt
    dann oft Kürzung auf das Spielbare, weil man dem Original dann doch nicht
    den Wassertropfen spenden kann.


    Grüße
    Jürgen

  • gedanklicher 08/15-Matsch


    Ja, so geht es mir auch oft, wenn ich etwas zu erklären versuche, was keiner Klärung bedarf... :D


    Ich denke, man muss unterscheiden zwischen "covern" und "interpretieren" und dabei bedenken, dass es a) gute und b) schlechte Coverbands gibt.


    Meine Erfahrung bei sog. Coverbands ist durchaus geteilt:
    Musiker, die ihr Handwerk (sprich: Instrument) im Griff haben, nageln Coverversionen aus dem Stand auf den Punkt, egal, ob 1:1 oder interpretiert.
    Mit dem Dirigenten unserer Bigband habe ich schon vor über 30 Jahren gespielt und wenn man dem irgendein beliebiges Stichwort gibt, perlen ihm treffsicher musikalische Zitate aus den Fingern, so dass man sich unversehens in ein bestimmtes Jahr/Jahrzehnt/Zeitalter gebeamt fühlt.


    Es gibt aber eben auch Leute, die das nicht können, seit ihrer Jugend den immer gleichen Scheiß covern (wollen) und dabei regelmäßig wichtige Schlüsselstellen eines Stückes versemmeln. Die kriegen dann nicht einmal den Anfang von "Smoke on the water" fehlerfrei hin.
    Das nennt man dann - glaube ich - auch nicht covern, sondern "große Künstler beleidigen" 8)


    Na ja, und eine Interpretation von Gadd ist natürlich noch mal eine Aufwertung und Ehrung für den Originalkünstler.


    .

    Schöne Grüße - Rainer K. aus B. an der W.

    Einmal editiert, zuletzt von HOHK ()

  • Grundsätzlich geht es beim Covern für mich, den Song und seine Atmosphäre zu erfassen und das Wesentliche zu reproduzieren, damit die Leute ihn wieder erkennen. Da halte ich mich in meiner Cure-Coverband sehr ans Original. Wobei das nicht immer einfach ist, denn live spielte und spielt die Cure die Songs auch mal mit Variationen, als Beispiel sei hier 'A Forrest' genannt. Den halten wir bei 'Picrures of you' gerade auch zum Ende hin eher offen. Aber, Akkorde, Text und Rythmus bleiben gleich, denn alles andere würde den Song zerstören.
    Bei 'Quosh' , meiner anderen Band, haben wir neben eigenen Material ja auch Cover. Zum Einen halte ich es da wie bei 'Pictures' , zum Anderen spielen wir 'Mensch' von Grönemyer alles andere wie das Original. Letztendlich geht es darum, wie schon andere geschrieben haben, dass die Leute die Songs wieder erkennen und positiv unterhalten werden.

    Wer leichter glaubt, wird schwerer klug!

  • Also grundsätzlich bin ich auch kein Freund von 1:1 covern, aber es kommt da immer auf die Situation an.


    Als erstes sollte man sich fragen, was man mit seiner Band machen will. Also nicht unbedingt welche Musikrichtung, sondern was ist mein Publikum, für das ich spielen will. Habe ich eine Gala- oder Schützenfestzelt Top40 Band, kommt es wirklich darauf an, Songs 1:1 nachzuspielen. Dann muss ich als Drummer überlegen, wie ich dem Sound der Platte möglichst nahe komme (Trigger, samples, Drumcomputer, Backingtracks, Sound des A-Sets möglichst bei jedem Song anpassen etc.). Das ist wahrscheinlich alles in allem weniger Drumming und eigene Technik als Vorbereitung und Technik (im Sinne elektronischer Unterstützung durch Mischer, Samples etc.)) an sich. Da ist man wirklich als Band DJ-Ersatz, wie schon jemand gerade geschrieben hat. Man verdient dabei anscheinend viel Kohle, aber Spaß würde mir das auch nicht machen. In so einer Situation wäre Mucken für mich ein "Job". Genau wie 8 Stunden im Büro sitzen und warten dass es 5 wird, macht man das halt abends hinterm Set und wartet, dass es 2 oder 3 wird. so würde es mir zumindest gehen


    Will ich abends in Clubs/Kneipen spielen, vor eher kleinerem Publikum, die eher nur etwas Livemusik hören wollen, kann man das Thema so angehen, dass man nicht jeden Song 1:1 vortragen muss. Da ist es meiner Meinung eher wichtiger, den Spaß an der Musik zu transportieren, als 100% genau korrekt alles nach zu spielen und den Leuten, die im Publikum sind einen netten Abend zu bereiten. Da kann man auch gut Songs den eigenen Stempel aufdrücken. Denn das ist der eigentliche Grund, warum man auf der Bühne steht: Die Leute unterhalten. Und genau DEN Job muss man gut machen, dann wird man auch wieder gebucht. Auch wenn man selbst kein zweiter Porcaro oder Gadd ist oder der Gitarrist oder der Sänger mal ein paar blaue auf der Bühne dazwischen haut.

    "The first rule of drumming: If you make a mistake, turn around and look angrily at the bass player" - Nick Mason

  • Da [1:1 Coverband] ist man wirklich als Band DJ-Ersatz, wie schon jemand gerade geschrieben hat. [...]


    Da [interpretierte Coverversion] ist es meiner Meinung eher wichtiger, den Spaß an der Musik zu transportieren, als 100% genau korrekt alles nach zu spielen und den Leuten, die im Publikum sind einen netten Abend zu bereiten.


    Ich denke, das bringt es gut auf den Punkt.

    "You don't have to show off" - Peter Erskine

  • Na ja, und eine Interpretation von Gadd ist natürlich noch mal eine Aufwertung und Ehrung für den Originalkünstler.


    Oder 'ne Watschn vom Herrn Professor an den "dummen Studenten". Weil Gadd zeigt, wie man es eigentlich hätte machen müssen. Kommt immer ganz auf die Betrachtungsweise drauf an. :D

    "You don't have to show off" - Peter Erskine

  • Hi,
    sehr schönes Thema und wie ich finde und sehr positiv zu sehen, dass es doch möglich ist, den eigenen Standpunkt zu vertreten, ohne diesen anderen aufzwingen zu wollen. :thumbup: :thumbup: :thumbup:
    Prinzipiell kann ich meinen Vorrednern nur beipflichten, dass jede noch so unterschiedliche Herangehensweise an ein Cover für eine bestimmte Situation passen wird.
    Was die Möglichkeiten der unterschiedlichen Interpretationen eines Songs angeht, fällt mir spontan Dancing in the Dark ein.
    Die Version von Springsteen hat ordentlich Dampf, die kennt jeder.
    Von Pete Yorn gibts ein Cover, was sich dem Song auf eine andere Weise nährt.
    Gerade bei der Textzeile: "You can`t start a fire without a spark"
    Da denke ich immer, beim Boss steht schon alles in Flammen und beim armen Pete ging grad das letzte Streichholz aus ;( ...
    Manchmal kommen selbst die Texte, mit neuer musikalischer Interpretation, anders bei mir an. ;)


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    Gruß
    Bruzzi

    Der höchste Lohn für unsere Bemühungen ist nicht das, was wir dafür bekommen, sondern das, was wir dadurch werden.

  • @ Hebbe: Vielen Dank, dann muss ich nix mehr schreiben. Exakt dieser Meinung und Ansicht bin ich auch.
    Die Herangehensweise habe ich mit meiner ehemaligen Band 15 Jahre recht erfolgreich durchgezogen.

    Grüße,


    De' Maddin Set
    ________________________________


    Dängdäng-Dängdäng-Dängdäng
    Bababababaaa-baba - Brack........Meet you all the way....dadadab...usw.

  • Hi Hebbe,


    prima Beitrag, auch wenn ich nicht in allem ganz Deiner Meinung bin.

    Zweitens lerne ich beim Erarbeiten der Covers unglaublich viel, auch wenn es nur die Erkenntnis ist, dass der Originaltrommeler "an rechten Schmarr'n" zusammengezimmert hat.

    Ich hab diese Erleuchtung bisher *äußerst* selten gehabt! Ein, zwei Mal, dass ich mir dachte: "Das hätte ich sparsamer oder anders gespielt." Ein paar Mal, dass ich tatsächlich einen Spielfehler entdeckt hab (so z. B. beim guten JR Robinson auf einer meiner Lieblingsscheiben von Chaka "Stompin' At The Savoy". Ein winziger Patzer, der mir aber zeigt, dass ich es mit einem lebendigen Wesen zu tun habe. :)

    Ich habe mir erlaubt diese Nummer von der 2008'er Live Scheibe aufzulegen (stehe ich total drauf).

    Oh, was ist das für eine Scheibe? (Chaka? Die hat doch 2008 nix rausgebracht, dachte ich.)

    Eines noch: Ich verstehe mich als Cover-Mucker nicht als Künstler sondern als Dienstleister! Das Wort mag vielleicht dem geneigten Musiker nicht gefallen, trifft aber den Kern.

    Fragt sich halt, welchen Kern. Covern geschieht ja (ist ja auch bereits hier im Thread ausgeführt worden) in einem weiten Feld zwischen Dienstleistung und Kunst. Ich covere sehr gerne und habe mich dabei immer vom reinen Dienstleisten ferngehalten. Zum Beispiel, weil ich niemals in die Lage kommen wollte, Songs zu spielen, die ich nicht mag. Und schon gar nicht, ein auch noch klanglich passender DJ-Ersatz sein zu müssen.


    Meine Haltung auch als Party-Besucher/Musikhörer/Tänzer: Ich möchte eine Band live erleben, wie sie ein Stück, das ich mag, aufführt und interpretiert und sie als lebendige Musiker erleben. Das Stück kann gerne was eigenes sein, kann ein perfektes 1:1 Cover sein (wenn's wirklich gut gemacht ist) oder eben auch sehr gerne eine eigene Cover-Version. Mich reizt dabei die Einmaligkeit des Augenblicks. Das Dabeisein, wenn Musik live von Menschen gemacht wird. Die Authentizität. Die Chance, einen ganz besonderen Moment mit zu bekommen.


    Mit meiner Band covern wir zu 100%. Da es R&B/Soul ist, sind's meistens eher ältere Songs. Ich nehme an, das ist der Grund, warum 1:1 als Kriterium nicht so wichtig ist. Am Ende kommt eine Mischung aus Dienstleistung und Kunst heraus: Die Leute sollen gut unterhalten sein und Spaß haben, wir möchten neben dem Spaß auch das Gefühl haben, ersthaft zu musizieren. Das heißt: Der Song, das Arrangement, die jeweilige Performance wird nicht nur abgespult, sondern bedeutet jedem etwas. Der Tag, an dem ich einen Abend lang Musik spiele, die mich nicht berührt, wäre der Tag, an dem ich die Sticks an die Wand nagele.

    Das alles geht selbstverständlich nur, wenn man nicht von der Musik leben muss.

    Gruß
    Hajo K

  • Hallo,


    eins vorweg: Ich mag ein richtig gutes Cover. Auch ein Lied, wenn es gut nachgespielt ist und nicht auch eines ist, an dem sich schon 293 andere vorher versucht haben. Aber ein bisschen muss es mich schon kitzeln.


    Just erst vor zwei, drei Wochen hatte ich auf einer dieser "Parties", wie es Hebbe schreibt, mich auch darüber mit meiner Frau unterhalten. Naja, ich hab mehr gesprochen und sie zugehört. :) Da spielte eine dieser Coverbands. Spitzen Sänger, totale Rampensau, guter Basser. Schlagzeuger solide, aber nicht mehr. Nicht, dass ich das besser kann, aber mir ist doch etwas aufgefallen nach so einigen Songs. Kein Wunder, dass die Typen 40 Songs und mehr "drauf haben", denn einfach den 4/4 Backbeat mittrommeln, ist nicht so schwer und nicht so viel zu merken. Bewusst fällt das dem Zuhörer nicht auf, aber irgendetwas will nicht passen. Es groovt nicht. Urteil würde ausfallen, es hat mich nicht so richtig in Stimmung gebracht, die Band war langweilig. Auch covern/nachspielen will gelernt sein.

    Es gibt aber eben auch Leute, die das nicht können, seit ihrer Jugend den immer gleichen Scheiß covern (wollen) und dabei regelmäßig wichtige Schlüsselstellen eines Stückes versemmeln. Die kriegen dann nicht einmal den Anfang von "Smoke on the water" fehlerfrei hin.
    Das nennt man dann - glaube ich - auch nicht covern, sondern "große Künstler beleidigen"


    Mein damaliger Lehrer hat mich darauf gebracht: So viele Leute covern Summer of '69, aber den einen Fill im Refrain, DEN richtig zum grooven bringen nicht viele dieser Cover-Mucker. Das ist so ein Beispiel für viele dieser Bands/Songs. Die markanten Teile eines Liedes sollen passen. Ich höre mir bedingt gerne solche Bands an, was nicht an den Bands selbst liegt. Sondern an der Musik-Auswahl. Diese ständigen Wiederholungsschleifen. Hunderte male Westerland, Summer of 96, It's my life.. und dann die Onkelz-Runde. Ich weiß, hier sind einige Leute, die in derlei bands spielen. Nicht persönlich nehmen. Aber in dem Fall ist man tatsächlich "Dienstleister", der das Publikum zum tanzen bringt/bringen muss. Für mich (als Zuhörer) ist es halt einfach langweilig. So lange es funktioniert und die Leute tanzen passt das. Für mich sind es halt einfach andere "Hits" bei denen ich feiere, auch wenn ich sie schon 943 mal gehöhrt hab. ;)


    Das Original ist nicht zwangsweise besser. Da hat natürlich jeder seine eigenen Vorlieben und man könnte sich wunderbar lang darüber streiten, das führte aber zu nichts. Es gab mal eine Band "The Bates", die in den 90ern recht bekannt waren. Ihre großen Hits waren größtenteils Covers. Das bekannteste von ihnen war Billy Jean von Jacko. Ich war damals 13 als ich die das erste mal gehört habe und sie zählen, vielleicht auch deswegen, zu meinen absoluten Lieblingsbands. Ob die Cover der Band jetzt "besser" sind oder nicht sei mal dahingestellt, ich denke die Mehrheit hier würde das bestreiten. Mir gefallen sie doch sehr gut, weil der Sänger so eine eingängige Stimme hatte, die den Songs eben was eigenes verliehen hat.


    Cover darf, ja muss erlaubt sein.


    Bruzzi: Interessante Version, verleiht dem ganzen was ganz anderes. Selten einen Satz gehört, der so gut auf einen Song passt:
    "Da denke ich immer, beim Boss steht schon alles in Flammen und beim armen Pete ging grad das letzte Streichholz aus ;( ..."

    Es gibt so viel gute Musik auf der Welt.. ..da muss ich doch nicht Musik hören, die "gar nicht so schlecht" ist. - Hennes M. aus C


    Ich

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