Nevermore - This Godless Endeavor CD Review

  • So, nun ist's mal wieder an der Zeit, ein neu gekauftes Album auf den Prüfstand zu nehmen.


    Vorweg, das Album war seit ca. 3 Wochen in meinem Besitz, allerdings als Promorip. So konnte ich mir in dieser relativ langen Zeit einen Langzeiteindruck verschaffen. Warum dies wichtig ist, später.


    Nun zum Album: Man nehme das Feeling vom "The Politics of Ecstacy" Album, den Sound von "Dead Heart in a Dead World" und die Komplexität von "Enemies of Reality", man bekommt "This Godless Endeavor".
    Der Opener "Born" knüppelt Widerstand gnadenlos nieder, man vermutet Slayer auf dem Drehteller, nur irgendwie besser und durchdachter. Warrel Dane zeigt, das Grunzen sich auch von ihm gut anhört. Das alles lässt in einem kongenialen und wohltuend melodischen Chorus münden. Klasse.
    Die nächsten beiden Nummern "Final Product" und "My Acid Words" gehören verglichen mit dem Rest mehr in die Fast Food Ecke, trotzdem sehr gut anzuhören, da die Riffwiese offenbar lange nicht abgegrast ist und Herr Loomis es dadurch nicht nötig hat, bei anderen zu klauen.
    "Bittersweet Feast" lässt erahnen, dass Nevermore es auch gern mal proggen lassen, und das vor allem in melodischer Hinsicht. Sperrige Nummer, erschließt sich garantiert nicht beim ersten Mal.
    "Sentient 6" ist der ruhigste Song mit den definitiv dichtesten Atmosphäre. Da passt einfach alles zusammen, ein Musterbeispiel an Kompositionskunst.
    "Medicated Nation" kommt ebenfalls etwas sperrig daher, eher midtempohart (Tempobezeichnungen kann man sich eigentlich sparen, selbiges wird auf diesem Album pro Song im Schnitt 6mal gewechselt ;)), sehr interessantes Gitarrensolo.
    "The Holocaust of Thought": Allein schon der Titel ist nur genial, dieses kurze Instrumental ist ruhig und beklemmend, mit Gastsolo von James Murphy.
    "Sell My Heart for Stones" ist ein eher ruhigeres Lied, wieder wird hier Atmosphäre groß geschrieben. Geht allerdings etwas unter.
    Für die Gitarristen unter den Fans wurde wohl "The Psalm of Lydia" geschrieben. Symth und Loomis hauen sich die Soli um die Ohren, dass selbst Schlagzeugern auffallen sollte, dass hier Weltklasse gespielt wird. Auch das Rammsteinähnliche Grundriff kommt gut daher. Das viele Stop & Go Riffing finde ich allerdings etwas nervig.
    "A Future Uncertain" ist der heimliche Titelsong des Albums. Mit einem choralen, an Kirchenmusik erinnerndem Intro von Gesang und Gitarre fegt der Song alles weg, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist. Genial, aber auch hier sind mehrere Durchläufe nötig.
    "This Godless Endeavor" ist ähnlich wie sein Vorgänger, legt in Sachen Komplexität, Intensität und Dichte noch eine Schippe (zuviel?) obendrauf. Vielleicht hab ich es auch nur noch nicht oft genug gehört...


    Eins ist definitiv klar: "This Godless Endeavor" ist kein Aufguss eines schon eingespielten Albums von Nevermore, noch ist es der krampfhafte Versuch, auf Teufel komm raus was anderes zu machen. Es ist ein natürlicher Schritt in der Nevermore Discographie. Und da sie sich von Album zu Album steigerten, ist dies auch hier beibehalten worden.


    Das Songwriting vom nun dauerhaft verpflichteten Zweitgitarristen Steve Smyth bringt einigen frischen Wind ins Geschehen. Jeff Loomis ist und bleibt mein derzeitiger Lieblingsmetalgitarrist, was dieser Mann leistet, ist unvorstellbar. Glaubt man schon, Warrel Dane hat mit seiner Stimme schon alles gemacht, so belehrt er hier einen des Besseren. Egal, welches Gefühl, welche Stimmung er rüberbringen will, er schafft es. Van Williams trommelt präzise wie ein Urwerk und anspruchsvoll, jongliert mit Takt- und Metrenwechseln und das mit einer Souveränität, dass einem schwindelig wird.


    Erwähnenswert ist auch das lyrische Konzept, was hinter den Texten steht. Ich will jetzt nicht in Einzelheiten gehen, dafür kann man sich auch die Rockhard kaufen. Es sei nur soviel gesagt, dass Herrn Danes Texte problemlos zum Musterbeispiel an gut und anspruchsvoll klingenden und gehaltvollen Lyrics erklärt werden könnten. Der Beweis, dass songdienliches Texten nicht immer zu Lasten der Lyrik gehen muss.


    Der Sound ist ähnlich wie beim Remix von "Enemies of Reality" oder "Dead Heart in a Dead World", sprich, Andy Sneap war hinter den Reglern. Und das verdammt gut. Man hört jede Nuance, außer vielleicht den Bass, perfekt heraus. Vor allem die deutlich präsenter gewordene Gitarrenarbeit hat er prächtig in Szene gesetzt. Kein Wunder, ist er doch selbst Gitarrist. Soundtechnisch gibt es absolut nichts zu bemängeln.


    Nun komme ich (endlich) zum Schluss. Nevermore Fans, die "The Politics of Ecstacy" gut fanden, können blind zuschlagen. Fans, die "Dead Heart in a Dead World" gut fanden, müssen sich darauf einstellen, dass weniger Songs wie "Inside Four Walls", "The Heart Collector" oder "Believe in Nothing" vorhanden sind, sondern eher das Kaliber "The River Dragon has come" oder "Narcosynthesis", meist noch vertrackter. Nevermore sind deutlich progressiver geworden. Nicht im Sinne a la Dream Theater, sondern vielmehr in melodischer Hinsicht. Hier werden die Konventionen, die aus den Hörgewohnheiten der Menschen hervorgehen, auffällig oft über den Haufen geworfen.
    Eins gilt definitiv: Die wahre Klasse kommt erst nach einiger Zeit des Hörens rüber. Dann wird man das Album vergöttern. Versprochen.


    Übrigens: Am 6.10. treten Nevermore in der Markthalle in Hamburg auf. Ich freu mich schon.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!