Unbekanntes entdecken und sich selber treu bleiben
Tim Neuhaus ist einer der Drummer/Percussionisten
der Blue Man Group. Beachtung fand er mit seiner CD "ANTENA JEAN-Any port in a storm".
Nach einer Vorstellung der Blue Man Group war er bereit, sich den Fragen zu stellen,
obwohl er einen sehr anstrengenden Tag hatte. Danke auch dafür, dass er die Fragen
an seinen Kollegen in der Blue Man Group weitergeleitet hat.
DF: Wann ging es los mit dem Schlagzeug?
TN: Meinen ersten Unterricht hatte ich mit 12 und meine ersten Bands mit
13. Erst war Klavier mit 6 an der Reihe, das wurde aber dann nach
Jahren von der Gitarre ersetzt. Mein erstes Set-up war eine Snare und
ein Crash Becken. Wenn ich jetzt darüber nachdenken, könnte ich mich
totlachen. Das war der erste Schritt, den meine Eltern machten, um mir
mit dem "Schlagzeug" eine Freude zu machen...mit 14 hatte ich dann mein
erstes eigenes komplettes Set, was ich heute noch spiele.
DF: Warum gerade dieses Instrument?
TN: Soweit ich mich erinnern kann, war das für mich immer das aufregendste
Instrument, bei dem ich vor Faszination ins Schwitzen kam, ohne das ich
wusste, warum. Da passierte einfach immer was mit mir. Die
Ausdrucksform, die körperliche Bewegung. Das war für mich als
zehnjähriger einfach intensiver, als Klaviervorspiele im
Musikkonservatorium zu absolvieren.
DF: Seit wann professionell?
TN: Meine ersten Bandkonzerte begannen kurz nachdem ich angefangen habe zu
spielen, aber professionell mit Beginn meines Studiums mit 18/19.
DF: Was magst du an deinem Job und was nicht?
TN: Ich liebe die Musik. Es ist nicht nur mein Beruf, sondern auch noch ein
Hobby geblieben. Ich liebe es, weil man immer wieder wie ein Kind an
Musik herangehen kann und weil es Musiken gibt, wo man immer wieder
feststellen kann, das man noch Kind ist und einfach null erfahren ist.
Eigentlich gibt es wenig, was ich nicht mag, ausser Menschen, die
behaupten, das es nur DAS EINE EINZIG WAHRE gibt. Aber ich denke eh,
das dieser Zustand nie von Dauer ist. Und Mobbing hasse ich. Menschen,
die nicht reden können und ihre Bandmitglieder hinterrücks vergraulen.
DF: Wie siehst du die Funktion / Rolle des Drummers innerhalb einer Band/ eines Projektes?
TN: Immer mal anders. In meinem eigenen Projekt habe ich natürlich eine
ganz andere Funktion als wenn ich irgendwo aushelfe oder wenn ich bei
Blue Man Groupspiele. Wie bei Schauspielern! Manchmal richtet man sich nach
dem Regisseur, manchmal improvisiert man (Improvisationstheater) und
manchmal ist man Schauspieler und Regiesseur und Drehbuchautor
zusammen. Alles hat seine Verantwortungen.
DF: Welche Qualifkation muss ein Drummer/Percussionist für die Blue Man Group haben?
TN: Ich denke, man sollte leidenschaftlicher Musiker sein, Rockmusik
lieben, ein netter Typ/Typin sein und und und.... mal sehen, was meine
Kollegen dazu sagen.
DF: Wie wichtig ist die zwischenmenschliche Kommunikation
und sollte ein Schlagzeuger einen ausgleichenden Charakter haben?
TN: Ich lach mich tot! Lustige Frage...also, ich schaffe es nicht,
immer der ausgeglichenste Typ von nebenan zu sein. Ich bin doch eher
sehr emotional und in meinen eigenen Bands konnte ich gott sei dank
immer gut über die Dinge reden, die mich bewegen. Meine Bandmitglieder
sind Freunde, mit denen ich alles teilen möchte. Dann Musik zu machen,
zu wissen, man kann sich offenbaren, ist eine notwendige Erfahrung für
mich. Natürlich anders, wenn ich einen Job mache, wo ich aushelfe, wie
z.B. letztens bei den Apokalyptischen Reitern. Natürlich gehe ich in
diesem Fall cool daran, will einen guten Job machen und mich gut in die
Gruppe einfinden. In solchen Situation bin ich immer gerne; man lernt
neue Menschen kennen und da bin ich meistens immer sehr ausgeglichen.
Auf der Bühne richtet man sich ja nach mir und ich will dafür sorgen,
das die Jungs Vertrauen haben.
Ich finde, wenn man in der Band, in der man spielt menschliche
Gegenpole hat, Freunde mit ganz anderen menschlischen Stärken, dann
sind die verschiedensten Kombinationen möglich. In einer Band, wo nicht
richtig kommuniziert wird oder gar nicht, da tickt ne Bombe.
DF: Wie siehst du die Zukunft der Musikindustrie und was bedeutet dabei
das Medium Internet?
TN: Ich denke, das Internet ist ultrawichtig, obwohl ich auch der Meinung
bin, das viele Dinge (wie Newcomerchart-wettbewerb-actions bla bla)
unnütz und überreizt sind und einen nicht wirklich weiterbringen. Man
kann sich im Internet "verlaufen", glaube ich! Der persönliche Kontakt
zu Menschen ist immer das wichtigste.
Jedoch sollte man das Internet für sich selber gut und clever nutzen.
Das hilft ungemein. Ansonsten THEMA MUSIKINDUSTRIE....tja, ich bin
froh, das ich Musiker bin und nicht Manager oder ähnliches (ausser mein
eigener natürlich) mit dem ich meine Kohle verdienen muss. Ich kann mir
vorstellen, das ich eine Menge Energie verschwenden würde, die ich
nicht wiederkriegen würde. Ich denke, die Industrie findet schon ihren
Weg, aber ich denke nicht, das dadurch weniger Klingeltonwerbung im
Fernsehen zu sehen ist.
DF: Den Tipp für das DF?
TN: Seid authentisch und Euch selber treu!
DF: Wie ist deine aktuelle CD entstanden?
TN: Meine neue CD "ANTENA JEAN-Any port in a storm" ist zusammen mit meinem
Freund Malte Strang entstanden. Sie ist eine Songcollection aus den
letzten 5 Jahren, die in unseren Homestudios entanden ist. Wir spielen
alle Instrumente dort selbst ein und singen auch. In der STICKS wurde
sie zur CD DES MONATS gekürt und die Leute geben ein tolles Feedback.
Ein Stück wird ja auch auf dem neuen DRUMMERFORUM-SAMPLER gefeatured.
Ist mir eine grosse Freude.
Erst dachte ich ja, das ich nach meinem ersten Soloalbum (wo nur
Drumsolos drauf sind) noch eine zweite DrummerCD oder sogar DVD
entsteht, aber dann wurden einfach so viel neue Stücke geschrieben, das
auch jetzt gerade schon ein neues ANTENA JEAN Album in der Mache ist
und Vorrang hat.
Bei Interesse kann auf http://www.antenajean.de oder http://www.tim-neuhaus.de in
unser/mein Schaffen reingehört und auch bestellt werden.