Die Stütze einiger großartiger Schlagzeuger
Rossi Roßberg ist einer der angesagtesten Drumtechs Deutschlands. Unter anderem für Christoph Schneider von Rammstein sorgt er für ein reibungslos funktionierendes Set und guten Sound. Während des Interviews gab er Einblicke in seinen Job, der ja auch eine Möglichkeit ist, als Drummer sein Geld zu verdienen. Ohne DF-Mitglied Sven wäre der Kontakt zu ihm nicht zustande gekommen. Danke!
DF: Spielst du selber Schlagzeug? Falls ja, seit wann und warum
gerade dieses Instrument?
RR: Ja, ich spiele auch selbst seit etwa 1979 Schlagzeug. Hauptsächlich hat
mich die Rhythmik und die ganzkörperliche Bewegung sehr angemacht.
Außerdem war ich immer schon vom Gepose irgendwelcher Gitaristen genervt.
Viel interessanter fand ich die Idee etwas unauffälliger im Hintergrund
die entscheidenden Fäden ziehen zu können.
DF: Was sind die Vorteile und die Nachteile des "Jobs" eines
Drumtechs?
RR: Schwer zu sagen. Ich liebe meinen Beruf sehr und bin mit großer
Leidenschaft dabei. Oft werde ich gefragt: "Würdest du nicht lieber selbst
spielen?", oder: "Kommst du dir eigentlich nicht blöde vor, nur für andere
das Set hinzustellen?"...Alles Blödsinn. Ich stehe großartigen Künstlern
zur Seite und bin auf Bühnen unterwegs, die man selbst als Musiker eher
selten und nur mit außerordentlich viel Glück betritt. Ich erlebe die
Spannung und die Energie genau an der Schnittstelle zwischen Artist und
Publikum und bin genauso aufgeregt als würd´ ich selbst spielen. Darüber
hinaus wird mein Ego mit dem zufriedenen Schmunzeln eines Superdrummers,
der sich über den Sound und den Zustand seines Instrumentes beim Gig
freut, mehr als gut genährt...
DF: Wie bist du Drumtech geworden, welche Voraussetzungen sollte man
mitbringen?
RR: Das war eher zufällig. In meiner ehemaligen Heimatstadt Göttingen war
ich ziehmlich umtriebig in Sachen Schlagzeugspielen und es hatte sich
herumgesprochen, dass ich wohl ganz gut tunen kann. Ich selbst war
eigentlich überrascht bezüglich des offensichtlichen Defizites vieler
Trommler in diesem Bereich. Also wurde ich immer öfter gebeten die
Trommeln von Freunden und Kollegen vor Auftritten oder Studio-Sessions mal
durchzustimmen. So kam dann eins zum anderen...
Grundvoraussetzung sollte sein, ein gutes Gefühl zum Instrument zu haben.
Selbst spielen zu können ist sehr hilfreich, aber nicht unbedingt
erforderlich. Es kommt sehr häufig nicht nur darauf an, das Instrument im
Griff zu haben, sehr wichtig ist es auch herauszufinden wie der Künstler
"tickt". Was ist erforderlich damit er od. sie sich gut fühlen auf der
Bühne. Der psychologische Aspekt ist hierbei äußerst wichtig. Man sollte
also in vielen Bereichen ein gutes Fingerspitzengefühl mitbringen.
DF: Welche Aufgaben hast du als Drumtech und wie gehst du dabei vor?
RR: Es gibt für mich zwei hauptsächliche Arbeitsbereiche. Live auf der Bühne
und als zweites den Studiobereich. Im Live-Bereich kommt es zunächst
darauf an das Instrument immer wieder exakt gleich und sicher aufzubauen
und alle Einzelteile genau so platzieren, wie es dem Künstler am
bequemsten ist. Darüber hinaus stimme ich das Schlagzeug sehr genau, damit
der Tonmann vorne einen guten Sound mischen kann. Dafür ist es zum Teil
erforderlich häufig die Felle zu wechseln, je nach dem, wie kraftvoll
jemand drauf haut. Bei einigen meiner Künstler montiere ich bei jeder Show
neue Felle. Dabei ist es sehr wichtig, daß die Trommel danach immer gleich
klingt, unabhängig von den äußeren Umständen wie Größe des Saales, der
Arena, ob drinnen oder draußen, ob irre heiß oder ganz kalt.
Während der Show beobachte ich dann das Instrument und springe
gegebenenfalls schnell mal zur Trommel und korrigiere Mikrophonpositionen,
umgefallene Beckenständer etc.
Der zweite Bereich ist die Betreuung bei Aufnahmen im Studio. Hierbei wird
noch mehr auf gutes Tuning geachtet. Darüber hinaus kann man je nach Größe
der Produktion in Sachen Tönen viel herumexperimentieren. Das heisst,
verschiedene Charaktere und Sounds an der Trommel auszuprobieren. Welchen
Bass-Drum Sound bei welchem Song z. B. oder welche Snare setzen wir ein,
in welchem Bereich klingen die Kessel am besten, etc... Das setzt ein
großes Abstraktionsvermögen voraus, denn nach meiner Philosophie entsteht
der Ton vor dem Mikrophon und nicht dahinter. Alles was nach dem Mikro
passiert, ist "Produktion". Daher versuche ich mit den akustischen Tönen
vor dem Mikro so nah an das gewünschte Endergebnis wie möglich zu
gelangen.
Weiter Aufgaben sind: Materialbeschaffung, Ersatzteileversorgung,
Kommunikation mit Endorsern usw. Grob gesagt, alles organisieren damit der
Trommler sich ausschließlich mit dem Spielen zu beschäftigen braucht.
DF: Wie wichtig ist die zwischenmenschliche Kommunikation als Drumtech?
RR: Außerordentlich wichtig. Ein sehr großer Faktor ist der "Wohlfühleffekt".
Um den zu erreichen muß man sehr viel kommunizieren. Es müssen Absprachen
getroffen werden wie man sich auf der Bühne mit zum Teil sehr großen
Lautstärken überhaupt verständigen kann. Sehr häufig bin ich das
Sprachrohr des Trommlers zum Monitormann. Dabei muß ich aus irgendwelchen
kryptischen Zeichen versuchen zu lesen, was verändert werden soll. Sehr
lustig zum Teil...
DF: Wie siehst du die Zukunft der Musikindustrie und was bedeutet
dabei das Medium Internet?
RR: Die Zukunft der Musikindustrie...tja, das ist so ein Thema. Eine Zeit
lang hatte ich die Befürchtung, die Industrie castet sich zu Tode und die
Herren Bohlen und Konsorten überschwemmen den Markt weiterhin mit völlig
talentfreien, hochglanzpolierten Silikonprodukten als sog. "Superstars"
verkleideten Würstchen. Glücklicherweise haben viele Musikfans dieses
Blendwerk durchschaut und kehren zurück zu denen, die tatsächlich diese
Kunstform sehr ernst nehmen und denen nicht das Wichtigste ist,
hauptsächlich ihr eigenes Gesicht im so genannten Musikfernsehen zu
verbreiten. Es gibt so viele Musikerinnen und Musiker mit sehr viel Talent
und die auch tatsächlich etwas zu sagen haben. Leider bekommen diese viel
zu selten die Chance ihr Können zu zeigen, da die Industrie lieber
schnellen Profit mit Strahler-70-Lächeln, Untergewicht und mit
Plastiktitten unterfütterter Geistlosigkeit am Strand von Ibiza
herumhüpfenden Pudelfriseusen macht. Ich kann nur hoffen, daß bald ein
Umdenkungsprozess einsetzt, und daß die Plattenfirmen wieder etwas wagen
und langfristiger denken. Letztendlich kann ein "Produkt" auch dann
profitabel sein, wenn es langsam und stetig gefördert wird und dann dafür
länger als nur einen Sommer existiert. Die Musik ist ein wertvolles
Kulturgut, welches über unsere Grenzen hinaus auch als eine Art Spiegel der
Gesellschaft gesehen wird. Ich kann nur hoffen, dass bei der Beurteilung,
welchen Stellenwert und welche Qualität unsere Pop-Musik hat, diese
Auswüchse tumben Ballermanngedudels wenig Beachtung finden.
Leider hat das Internet auch einen nicht unerheblichen Anteil daran, dass
Plattenverkäufe im Allgemeinen stark zurückgegangen sind. Es entsteht der
Eindruck, man sei ein völliger Idiot wenn man heute seine CD´s selbst
kauft. Völlig ungeniert wird angegeben:“ Die neue soundso habe ich grade
beim Studienkollegen runtergeladen...“. Viele glauben damit den
Industriebossen ein Schnippchen zu schlagen. Wie sehr man damit jedoch den
Musikern und Bands vor´ s Schienbein tritt, gerät völlig ins Vergessen.
Andererseits kann das Internet natürlich auch ein großes Portal sein mit
dessen Hilfe sehr viele Menschen erreicht werden können. Es gibt vielen
Musikern die Möglichkeit sich zu präsentieren und für ihr Produkt zu
werben. Gegenseitiger Erfahrungsaustausch, Kontakte knüpfen und
dergleichen sind von großem Vorteil...
DF: Den Tipp für das Drummerforum?
RR: Seriös bleiben...