Oli Rubow - Als Künstler eine Vision haben

  • Meister der Elektronikbeats
    Oli Rubow ist ein engagierter Drummer in Sachen Ästhetik und Sounds von Elektronikbeats, egal, ob diese auf einem akustischen oder elektronischen Set erzeugt werden.
    So arbeitete er Live und im Studio mit den unterschiedlichsten
    "elektronischen Künstlern" und DJs zusammen (u.a. Hattler,
    Turntablerocker, Dublex Inc., De Phazz, F4).
    Am Pfingstsonntag konnten einige DFler in Astheim sich von seinen kreativen Qualitäten während eines von den Teilnehmern hochgelobten Workshops überzeugen. Seine Methoden bei der Klangveränderung zeugen von seiner Phantasie und seiner Suche nach dem Neuen, Ungewöhnlichen.
    Er ist ein interessanter Profi, der sich im Umgang als ganz normaler und sympathischer Drummer-Kollege erwies. Ein Interview war folglich ein Muss.


    Oli bei seinen beiden drummerforum-Workshops im Mai und Juni ain Astheim:


    DF: Wann ging es los mit dem Schlagzeug? Ab wann professionell?


    OR: Den Erstkontakt mit einem Schlagzeug hatte ich als Sechsjähriger, als ich
    mit meinen Eltern auf einer Demo gegen das Kernkraftwerk Neckarwestheim
    mitgelaufen bin. Nachmittags gab es auf der Bühne eine
    Gitarren/Gesangs-Darbietung und plötzlich saß der kleine Oli hinter den
    (sonnengelben!) Drums und hat mitgejammt...
    Konkret angefangen habe ich dann mit zehn Jahren, und zwar auf einem Remo
    Übungs-Kit, sprich auf vier nicht klingenden Tellern, ohne Becken oder
    Fussmaschinen. Aber: ich fand mein Set grandios!
    Ein Jahr später habe ich ein „echtes“ Schlagzeug mit Hihat und Ride
    bekommen, natürlich ein Unterschied wie Tag und Nacht, und ein
    begeisternder Lift aufs nächste Level.
    Bis 15 konnte ich mich nicht so richtig entscheiden, ob ich lieber
    Profi-Fussballer oder Trommler werden will...
    In meiner Heimatstadt Schorndorf (in der Nähe von Stuttgart...) gab es
    zwei Schlagzeuger, die mich beeindruckt und motiviert haben, einmal den
    Kai Richter und dann meinen Lehrer Peter Kumpf. Und da beide
    unglaublich von ihrer Teilnahme am Popkurs in Hamburg geschwärmt haben,
    war mein nächstes Ziel ziemlich klar gesteckt.
    Als ich 1993 dann wieder zurück nach Stuttgart kam, geriet der
    Kontakte-Schneeball ins Rollen, na ja und seitdem lebe ich als
    Schlagzeuger, zunächst im Jazz-Kontext, dann zunehmend in elektronischen Gefilden.


    DF: Warum gerade dieses Instrument, was bedeutet es für dich?


    OR: Als Kind hat mich das Schlagzeug einfach magisch angezogen.
    Aus heutiger Sicht verkörpert das Trommeln für mich etwas sehr
    Ursprüngliches, Klares und Direktes:
    Du sitzt hinterm Set und spielst, der Rhythmus fliesst, du spürst ihn
    prompt körperlich, die Energie überträgt sich in den Raum und plötzlich
    „bewegst“ du deine Zuhörer, lässt sie tanzen oder berührst sie
    emotional...




    Zudem komme ich durch das Trommeln an die/meine verschiedensten
    Grenzen: von filigraner, sensibler Interaktion, über risikofreudiges
    Improvisieren, und heftig-aggressives Power-Play, hinein in zeitlose
    Gefilde und neue Welten, in Trance-artige Zustände...


    DF: Was sind die Vorteile und die Nachteile des "Jobs"?


    OR: Zunächst einmal hast du alle Freiheiten der Welt, du machst dein Hobby
    zum Beruf und entwickelst dich und deinen Stil nach deiner
    Interessenslage weiter. Natürlich musst du dir selbst auch Ziele
    stecken, eine Vision haben, wo du hin möchtest und auch dafür arbeiten,
    d.h. üben, interessiert und offen sein.
    Auf der anderen Seite gibt es aber auch wirtschaftliche und
    gesellschaftliche Zwänge.
    Sprich, du willst ja, und musst, mit dem Schlagzeugspielen dein Geld
    verdienen.
    Du merkst schnell, dass oft Kompromisse und auch Abstriche gemacht
    werden müssen, dass der Weg zu deinen selbstgesteckten Zielen nicht
    unbedingt einfach und schon gar nicht kerzengerade und hindernislos
    verlaufen wird.
    Es ist ein spannender Job, mit vielen Herausfordeungen, Unbekannten und
    Überraschungen...
    Aber zum Glück wird das Risiko belohnt ;)


    DF: : Wie siehst du die Funktion / Rolle des Drummers innerhalb einer
    Band/ eines Projektes?


    OR: Zunächst einmal sehe ich den Trommler als Musiker und Teamplayer.
    Erst im speziellen Kontext bekommt er eine „Rolle“ und muss eine
    bestimmte Aufgabe erfüllen: z.B. das Song-Tempo etablieren, die Band
    zusammen halten, strukturelle Impulse geben, Dynamik verwalten,
    songdienlich begleiten, oder solistisch in den Vordergrund treten...


    Für mich persönlich ist letzlich am wichtigsten, dass es unterm Strich
    groovt, und dass wir, meine Mitmusiker und ich, uns wohl fühlen!


    DF: Wie wichtig ist die zwischenmenschliche Kommunikation und sollte
    ein Schlagzeuger einen ausgleichenden Charakter haben?


    OR: Für mich ist es schwer vorstellbar, nur auf rein handwerklicher Basis,
    inspirierte Musik zu machen. Das Zwischenmenschliche ermöglicht es
    erst, gemeinsam auf ein neues Niveau zu klettern.
    Dialog und Auseinandersetzung sind nötig, gepaart mit den Parametern:
    Ehrlichkeit und Kompromissbereitschaft.


    DF: Wie siehst du die Zukunft der Musikindustrie und was bedeutet
    dabei das Medium Internet?


    OR: Das Internet bietet jedem Musikschaffenden eine super-zugängliche
    Plattform: mit relativ geringem Aufwand bündelst Du aktuelle
    Informationen, Hörbeispiele, einen Shop und einen Download-Store deines
    Projektes.
    Gepaart mit fleissigem Live-Spielen bzw. mit Promotion, kann sich da
    eine funktionierende und unabhängige Alternative zum herkömmlichen
    Plattenfirma-Schema entwickeln. Insofern, und weil ich nicht zum
    erlesenen Kreis der Tonträger-Spitzenverdiener gehöre, interessiert
    mich das ganze Branchen-Gejammer eigentlich nicht.


    Ansonsten schätze ich das WWW als Informations-Pool, Motivations-Börse
    und Kommunikations-Tool.
    In vieler Hinsicht werden Distanzen verkleinert...



    DF: Den Tipp für das DF?


    OR: ...mit offenen Augen und Ohren durch die Musikwelt ziehen:
    sich von unterschiedlichen Seiten aus motivieren lassen, Ideen und
    Konzepte abgucken, Beats klauen, imitieren, nachempfinden und
    schliesslich zu etwas neuem und EIGENEM
    zusammensetzen/weiterentwickeln, sprich zu DEINEM persönlichen Stil.


    Und nie vergessen: es geht um MUSIK ;)



    Das DF finde ich toll, und wünsche ihm ein langes, von der Industrie
    unabhängiges, Bestehen.
    Und zu guter Letzt gibt’s noch ein dickes Lob an die Säulen des DF, an
    die Betreiber und an alle Ehrenamtliche Mitarbeiter!!!
    Hut ab!


    Danke im Namen des DF für das Lob!!!

    2 Mal editiert, zuletzt von ipo ()

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