Musik, die einfach Spaß macht
Kaiserslautern
Zu den bekanntesten deutschen Drummer im Jazz ist sicherlich Wolfgang Haffner zu zählen. Nicht zuletzt wegen seiner Fähigkeit, sich dem Bandkontext unterzuordnen und sich nicht permament in den Vordergrund spielen zu wollen, ist er ein Schlagzeuger mit Vorbildcharakter. Im Rahmen seiner aktuellen "Zooming"-Tour bot sich Forumsmitglied Sebomaniac die Gelegenheit vor einem Konzert im Kammgarn in Kaiserslautern Wolfgang Haffner ein paar Fragen zu stellen. Ausserdem konnte Sebomaniac noch ein paar Bilder schießen.
DF: Du bist ja gerade mit Deiner Band auf Tour um das neue Album vorzustellen, wie läuft die Tour denn bis jetzt, wie ist die Resonanz auf Tour und Album?
WH: Also bis jetzt extrem gut. Die Platte kommt auch sehr, sehr gut an draußen, was wiederum hilft, dass die Tour auch ein Erfolg wird, weil entsprechend mehr Leute auf die Konzerte kommen. Die Reaktionen seitens des Publikums sind sehr positiv. Es ist eine komplett neue Band und ich bin sehr glücklich, wie wir zusammen spielen. Wir haben extrem viel Spaß auf der ZOOMING Tour!
DF: Was erwartet denn die Zuhörer, wenn sie zu einem Gig von Euch kommen?
WH: Erstens mal alle Stücke vom Album „Zooming“, zusätzlich spielen wir noch ein paar von den älteren Songs, aber im Prinzip ist es ja die Vorstellung der Platte in Live-Version.
Musikalisch einzuordnen ist es schwer. Es sind rockige Elemente drin sowie Ambient Sounds, Loungeartige Sounds, teilweise hypnotische Grooves, loop-artig gespielt, die sich auch im Prinzip nicht großartig verändern. Das ganze ist mit Improvisation obendrüber versehen.
DF: Für die, die Deine Vita noch nicht kennen, wann und wie ging´s los mit dem Schlagzeug?
WH: Ich hab angefangen als ich 6 war. Mein Vater war Kirchenmusikdirektor und hatte ein Schlagzeug für die Gemeinde angeschafft, das stand dann bei uns in der Wohnung. Dann war´s natürlich klar, dass ich mir von allen Instrumenten, die bei uns in der Wohnung rumstanden, mir das Schlagzeug ausgesucht habe, nicht die Posaune meiner Schwester oder die Trompete meiner Mutter. Dann hab ich einfach jahrelang vor mich hingedengelt. Die erste Band, auf die ich stand, war The Sweet, ´ne Teenie Band aus den Siebzigern. Der Schlagzeuger hat mich sehr beeindruckt da er ein großes Ludwig Schlagzeug mit 2 Bassdrums spielte. Ich hab so vor mich hingetrommelt bis ich zwölf war, dann hatte ich ´nen Lehrer in Nürnberg für drei Jahre und dann noch einen anderen, den auch so für drei Jahre. Das war’s.
DF: Wann ging´s denn los Richtung „Profi-Musiker“ ?
WH: Das ging eigentlich los am letzten Schultag, als die Abschlussprüfungen geschrieben waren hat der Tourbus mich original vor der Schule abgeholt. Bin dann mit der damaligen Band auf Tour gegangen und seither sehr viel auf Tournee. Der erste richtig professionelle Gig allerdings war dann ein Jahr später mit Albert Mangelsdorff. Da ging’s dann richtig zur Sache. Mit Mangelsdorff spiele ich seit ´84, danach hab ich viel mit amerikanischen Jazzmusikern gespielt,. Ende der 80er wurde ich Drummer bei Doldinger´s Passport, Herbolzheimer Big Band, Chaka Khan Band, Konstantin Wecker Band... Im Laufe der Zeit hab ich im Jazzbereich in jeder maßgeblichen Band in Deutschland gespielt.
DF: Mit den eigenen Stücken, der eigenen Musik, kam das aus eigenem Antrieb oder hat jemand von außen gesagt „mach doch mal....“ ?
WH: Neee, das kam schon aus eigenem Antrieb. Ich hab früh angefangen Klavier zu spielen, auch als ich 6 war, parallel zum Schlagzeug. Ich hatte einen Deal mit meinen Eltern, ich durfte Schlagzeug spielen, allerdings musste ich auch Klavier lernen. Dafür bin ich heute sehr dankbar, denn durch das Klavierspielen kam ich auch zum Komponieren.
DF: Zu den schlagzeugspezifischen Themen. Was bedeutet für Dich das Instrument ?
WH: Früher dachte ich, das der Sound eines Trommlers allein vom Instrument kommt. Aber: Das Instrument ist lediglich dazu da, meinen Sound, den ich in mir habe, zu transportieren. Da hilft natürlich gutes Equipment. Schlagzeug, Becken und Felle sind die Verbindung zwischen Schlagzeuger und Publikum. Ich hab sehr viele Beispiele gehört, bei denen irgendwelche Trommler auf ihrem eigenen Instrument gespielt haben und dann zum Beispiel auf Festivals auf komplett anderem Equipment. Die klangen trotzdem genau so wie immer. Es ist, im ersten Moment eigentlich egal, welche Becken oder welches Schlagzeug man spielt. Der eigene Sound ist wichtig. Es interessiert auch niemanden, ob Du nun ein weißes Ambassador oder ein clear oder Pinstripe oder was auch immer spielst. Natürlich kriegst Du mit einem weißen Ambassador gewisse Sounds raus, aber wenn Du nicht weißt, wie Du draufhauen sollst, wenn Du keine Vorstellung hast vom Sound, dann wird es auch nie klingen, egal was Du da drauf schraubst. Ich seh´ das immer als Kette. Am Anfang ist der Musiker, dann geht es weiter mit den Stöcken, Schlagzeug, Becken etc.... Wenn diese Kette optimal ist, dann klingt es natürlich auch optimal. Also von daher hat das Instrumentarium natürlich Wichtigkeit, aber im Zweifelsfall ist der Mensch wichtiger als das Instrumentarium. Zum ersten mal richtig aufgefallen ist mir das auf einer Tournee nach Afrika. Da war ich 14, bin mit dem Gospel-Posaunen Chor nach Afrika gefahren. Wir haben im Busch ein Konzert in einer Kirche gespielt und dann kamen so ein paar örtliche Musiker und haben da getrommelt. Die haben sich die Trommeln selber aus irgendwelchen Hölzern geschnitzt. Das Klang mördermässig. Wir hatten halt auch so ein paar Congas und Bongos dabei, wo halt von uns jemand leidlich drauf rumgetrommelt hat. Dann hat sich einer von den Musikern eine von den Congas gekrallt und das klang genau wie mit seiner eigenen Trommel. Ich hab´ das dann wieder aus den Augen verloren, da ich in dieser Zeit dem Werbewahnsinn der Industrie verfallen war. Sobald ich mal wieder 50 Mark gespart hatte, habe ich wieder ein billiges Becken gekauft und so weiter. Ich hatte dann irgendwann 20 Becken ´rumliegen, die konnt´ ich eh nicht alle spielen, in sofern war´s eigentlich völliger Blödsinn. Ich habe die Fachmagazine gelesen, da hieß es „das Neueste, das musst Du haben , dann bist Du cool“ und blablabla. Aber das hat sich dann im Laufe der Zeit gelegt. Die Trommler sollten sich mit Equipment nicht verrückt machen, allerdings sollten sie natürlich Yamaha, Paiste, Remo und Vic Firth spielen (*lacht). Ich bin in der glücklichen Lage, dass ich genau die Instrumente bekomme, die ich spielen will. Ich habe bei diesen Firmen genau das gefunden, was meinen Sound unterstützt. Deswegen spiele ich diese Firmen... ABER es kann natürlich jemand auch auf anderen Instrumenten gut klingen, das ist klar.
DF: Was macht Dir denn am meisten Spaß, große Besetzung wie WDR Big Band, wo ich letztens z.B. das Konzert mit Wolfgang Niedecken gesehen hab, oder Combo Besetzung?
WH: Mich interessiert einfach nur gute Musik. Das Niedecken-Projekt war super. Ich hab viel Filmmusik getrommelt, das hat Spaß gemacht. Mit meiner eigenen Band macht es natürlich extrem viel Spaß, mit Till Brönner und Nils Landgren ist es ebenfalls super. Ich habe über die Jahre sehr viel Bigband gespielt, auch das gefällt mir sehr gut. Worauf ich keine Lust habe ist im klassischen Orchester zu sitzen und Pauken spielen. Ich hab das früher ab und zu gemacht, mein Vater hat Orchesterkonzerte in der Kirche organisiert, Weihnachtsoratorium und so.... Aber ich könnt mir das nie vorstellen im Orchester meinen Dienst zu schieben...furchtbar...
Gute Musik ist für mich Musik der irgendeine Art von Groove zugrunde liegt. Und ich mag harmonische Musik, weil ich mit Johann Sebastian Bach aufgewachsen bin, das hat, glaube ich, stark abgefärbt.
DF: Wie siehst Du die Funktion eines Drummers in einer Band?
WH: Zunächst mal einen Groove so legen, das jeder gut draufspielen kann.... Ansonsten musikalisch gestalten. Dynamisch gestalten kann der Trommler mehr als jeder andere, also sollte er es auch tun. Ich find alle Schlagzeuger langweilig, die sich nur hinsetzen und nur irgendwelche Technik runterspielen, die sie jahrelang geübt haben. Bei allem Respekt vor jemandem der das jahrelang gemacht hat. Ich hab auch eine zeitlang sieben, acht Stunden am Tag geübt. Da gibt´s ja welche, die betreiben das viel extremer, die dann zehn, zwölf, vierzehn Stunden üben. Aber leider ist bei den meisten dieser Herren die Musik nicht sehr ausgeprägt. Ich hab mich, Gott sei dank, relativ früh davon befreit. Ich übe heute kaum Technik, ab und zu spiele ich als Warm-Up ein bisschen Paradiddle. Alleine üben finde ich grausam langweilig. Am Liebsten übe ich mit einer Band und mache Musik.
DF: Also lieber ne Jamsession als 2 Stunden im Proberaum.... ?
WH: Genau, Muss man aber vorsichtig sein, wenn man so was in der Öffentlichkeit verbreitet, weil, Du brauchst natürlich einen gewissen Grundstock um überhaupt draußen antreten zu können, das ist auch klar. Das technische Niveau ist heute wesentlich höher als vor 20 Jahren.... Aber die Musik ist nicht wesentlich besser, das sollte einem zu denken geben.
DF: Gibt´s Drummer aus dem deutschsprachigen Raum, deren Spiel Dir besonders gefällt?
WH: Es gibt ein paar, die ich extrem gut finde. Flo Dauner spielt hammermäßig, Oli Rubow, macht sehr interessante Soundgeschichten am Schlagzeug, Bertram Engel, Ralf Gustke, u.v.a.
Es gibt wirklich viele gute Trommler bei uns! Mit Ralf war ich letztes Jahr bei Yamaha in Japan, wir haben Signature-Snares bekommen, die zur Messe vorgestellt werden.
In Amerika gibt´s natürlich unfassbar gute Trommler, aber Tatsache ist auch, dass bei uns Typen rumlaufen, die ebenbürtig sind. In Amiland hab ich unglaublich viel gelernt, mit einigen der großen Musiker getourt und aufgenommen, das war natürlich ne gute Schule. Die letzten Jahre hab ich viel in Skandinavien verbracht, mit Nils Landgren gespielt. Ist natürlich auch klasse, aber man darf auch nich vergessen, was man selbst eigentlich machen will. Es laufen halt immer noch sehr viele Klons rum, früher war die Weckl–Zeit, da klang dann jeder zweite wie Weckl, unter anderem ich, ich war auch so ein verrückter Weckl-Anhänger, das war so Mitte der 80er, als der auftauchte. Ich habe das vielleicht nie so perfektioniert wie andere, aber ich war auf dem gleichen Trip. Einfach üben, üben, üben und akkurat, und schnell, das hat mir auch was gebracht. Dann war Weckl auch wieder mal ein bisschen mehr out, ich weiß jetzt nicht, wer aktuell der Typ ist, dem alle nacheifern....interessiert mich auch nicht. Es ist ja auch wichtig von den andern zu lernen, aber, wenn Du mal Interviews liest oder mit den Jungs sprichst, zum Beispiel mit Weckl oder irgendwelchen anderen, die eben auch über den amerikanischen Tellerrand rausschauen....da fallen da schon Namen wie Thomas Lang. Ok, der ist jetzt aus Österreich, ist ja auch egal, ich zähl´ den jetzt mal als einen von uns, Marco Minnemann sowieso, mein Name taucht da auch mal ab und zu auf und einige andere. Die kriegen das also sehr wohl mit, das es hier auch gute Typen gibt.
Steve Smith hat mich neulich mal als seinen Sub für eine Tour mit Randy Brecker/Bill Evans All-star Band angerufen. Der wusste, dass es da jemanden gibt, der das sehr wohl spielen kann.
Das hat hier keiner mitgekriegt, weil wir in Deutschland nicht gespielt haben.
Ich kann nur appellieren, dass sich die Trommler aus diesem Land auch mal mit ein bisschen Selbstwertgefühl hinstellen und sagen „hey, wir haben auch was zu sagen“ und nicht immer nur kopieren, was alle anderen sowieso letztendlich besser machen. Wenn Du was kopierst wirst Du nie so gut wie das Original, logischer Weise. Also bis zu einem gewissen Grad inspirieren lassen und kopieren um zu lernen ist ja klasse, aber dann mit Deinem eigenen Kopf und Herz was eigenes machen, dann kann auch wieder was Neues entstehen. Das möchte ich euern Lesern noch ans Herz legen.
DF: Thema Equipment. Wie sieht das typische Wolfgang Haffner Setup aus?
WH: 22er Bassdrum, 10“ oder 12“ Toms, 14“ oder 15“ als Floor. Meistens spiele ich neben meiner 13“ Snare Drum eine kleine zweite Snare. Dieses Set, welches ich auf der Zooming Tour dabei habe, hat Yamaha speziell für mich gebaut. Das ist eigentlich das Standard Set für mich.
Becken spiele ich die Traditionals von Paiste, Light Ride, 20“ oder 22“. Dann hab ich noch ein altes Flat Ride, Sound Creation, coole Serie. 15“ Medium Light Hihats aus der Traditional Serie. Thin Crash aus der Traditional Serie 18“ und 19“. Stöcke bin ich bei der Tour wieder bei SD4 Combo von Vic Firth gelandet. Ich wechsele hin und wieder, hängt auch von der Musik ab....bei dem Rockpalast-Konzert mit Niedecken habe ich 5A gespielt. Bei meiner Band ist das schon eher mal filigran, da spiel ich dann lieber dünnere Stöcke.
Felle spiele ich die weißen Ambassador, nachdem ich auch alle möglichen durchhatte im Laufe der Jahre, Pin Stripe ganz früher, dann viele Jahre Emperors, dann war ich bei den clear Ambassador und jetzt seit zwei, drei Jahren die weißen. Die find ich sehr schön, weil die ´nen besonderen Oberton erzeugen. Ich dämpfe die Toms auch nich´ mehr so wie früher. Bisschen Moongel teilweise oder ganz offen. Mikrophone benutze ich von Beyerdynamic, die klingen super und sind praktisch.
DF: Zum Abschluss: Gibt es DEN Tip von Wolfgang Haffner für die Trommelgemeinde?
WH: Musikalisches üben. Ich hatte nie ein richtiges Übungsprogramm, aber wenn ich so was jetzt machen würde: Wenn man zum Beispiel 4 Stunden Zeit zum üben hat, dann zum Beispiel eine Stunde Technik und 3 Stunden mit Musik. Play-Along oder einfach zu Platten und CDs spielen. Beim Üben immer aufnehmen und anhören! Wir sind Gott sein dank Menschen und keine Computer, deshalb sollte man nicht alles bis ins Kleinste zerpflücken. Natürlich muss man mit Click oder Sequenzer spielen können, aber die musikalische Aussage ist wichtiger als dass jeder Schlag 150% exakt is. Das kann Logic oder Pro Tools sowieso besser.
Wolfgang Haffner am Set
Wolfgang Haffner in Aktion
Die Wolfgang Haffner Band
Setup
Vielen Dank an Sebomaniac und Wolfgang Haffner für das Interview.